Kanäle
Jetzt personalisiertes
Audiomagazin abonnieren
Log-in registrieren
forum verwendet Cookies und andere Analysewerkzeuge um den Dienst bereitzustellen und um dein Website-Erlebnis zu verbessern.

handverlesenswert

Kluge Köpfe filtern für dich relevante Beiträge aus dem Netz.
Entdecke handverlesene Artikel, Videos und Audios zu deinen Themen.

Du befindest dich im Kanal:

Fundstücke

Nur die halbe Wahrheit über die DDR

Dennis Basaldella
Medien- und Filmwissenschaftler, Historiker
Zum picker-Profil
Dennis BasaldellaMittwoch, 10.05.2023

Wer in der DDR-Geschichte-Bubble auf Twitter unterwegs ist, dem ist vermutlich schon die Debatte um das neue Buch "Beyond the Wall" der Historikerin Katja Hoyer aufgefallen. Hoyer selbst ist in Ostdeutschland geboren und lebt seit Jahren in Großbritannien. Bekannt wurde sie, vor allem beim englischsprachigen Publikum, durch ihr sehr erfolgreiches Buch "Blood and Iron: The Rise and Fall of the German Empire 18711918" von 2021. Das Buch von 2021 wurde von der englischsprachigen Presse gefeiert und die Kritiken der Presse in ihrer britischen Heimat zum neuen Buch über die DDR sind nicht weniger euphorisch. Sie gehen sogar so weit, Hoyers Buch – das in Deutschland nun unter dem Namen "Diesseits der Mauer" bei Hoffmann und Kampe erscheint – als eine "bahnbrechende" neue Sichtweise auf den ehemaligen Arbeiter- und Bauernstaat zu feiern.

Vergessen werden darf dabei nicht, dass das Interesse an deutscher Geschichte in Großbritannien vor allem beim breiten Publikum – wie Hoyer selbst in einem ZEIT-Interview (Paywall) sagt – groß ist. Doch genau hier beginnt das Problem um Hoyers Buch, denn hier in Deutschland wird die Kritik darüber zunehmend lauter. Allen voran findet sich der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk, der mit Hoyer und ihrem Buch in der hier verlinkten Buchkritik "Sozialismus in Pastell: Katja Hoyers DDR-Geschichte" beim Berliner Tagesspiegel (und auch in seinen jüngsten Tweets) hart ins Gericht geht. Auch der Historiker Bert Hoppe kritisiert Hoyers Sichtweise im bereits erwähnten ZEIT-Interview in seinem Tweet vom 5. Mai 2023. Kern der Kritik ist neben ihrem durchaus problematischen Exkurs in die "Cancel Culture Debatte" (siehe Hoppe) auch ihre unkritische Sicht auf die Geschichte der DDR. So werden in dieser unkritischen Haltung und (folgt man der Kritik von Kowalczuk) teils auch beschönigende Sichtweise auf die Welt der DDR die autoritäre Rolle des SED-Staates und die Durchdringung des Alltags der Menschen durch ihre Machtapparate wie der Staatssicherheit fast völlig ausgeblendet.

Obwohl ich das Buch nicht gelesen habe und somit nicht nachvollziehen kann, ob dies im Buch wirklich so ist, sollte die Kritik von Kowalczuk durchaus ernst genommen werden – auch weil er einer der wichtigsten Historiker:innen zum Thema der Aufarbeitung der SED-Diktatur ist.
Stimmt die Kritik, folgt Hoyer mit ihrer Sichtweise gegenüber der DDR somit in gewisser Hinsicht dem allgemein bekannten Satz "Es war ja nicht alles schlecht". Das Problem bei diesem Satz ist, dass er durchaus richtig ist, denn auch in der DDR liebten und lebten Menschen, die sich zuweilen auch mit den Umständen arrangiert haben. Und sicherlich können und sollen, wie Hoyer auch betont, die Ostdeutschen auf ihre Geschichte stolz sein. Dennoch ist es schwierig, die DDR ganz ohne die politische Komponente zu sehen, denn wie in jeder Diktatur bestimmte die Politik fast jeden Aspekt des Lebens ihrer Bürger:innen. Völlig außer Acht gelassen wird dabei auch, dass die Stasi mit ihrem langen Arm nicht nur Vollstreckerin dieser Kontrolle war, sondern dabei auch das Leben zahlreichen Menschen im Land zerstört hat.
Ein Vergessen oder sogar Ignorieren dieser Aspekte ist jedoch problematisch für die immer noch nicht abgeschlossene und immer noch extrem wichtige Aufarbeitung der SED-Diktatur.

Nur die halbe Wahrheit über die DDR
KOSTENPFLICHTIGKOSTENPFLICHTIG

Möchtest du kommentieren? Dann werde jetzt kostenlos Mitglied!

Kommentare 2
  1. Caspar C. Mierau
    Caspar C. Mierau · vor 12 Monaten

    Eine etwas andere Einordnung des Themas findet sich in diesem Spiegel+ Artikel. https://www.spiegel.de...

    Zusammengefasst stellt er die negativen Kritiken in ihrer Stringenz in Frage und vergleicht das Buch mit den aktuellen Texten von Literaturwissenschaftler Dirk Oschmann. Dazu auch mehr hier:

    https://www.deutschlan...

    Ich fand diese Einordnung deutlich schlüssiger als die Verrisse, die mir doch sehr zugespitzt erschienen und eine Lücke verteidigen, die in der Betrachtung der DDR fehlt.

  2. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor 12 Monaten

    Was für ein Medienecho in wenigen Tagen.

    Nicht nur in der ZEIT gab es ein langes Interview, auch im SPIEGEL, was man ebenso über blendle lesen kann: https://blendle.com/i/...

    In der Süddeutschen gibt es einen frei zugänglichen Verriß:
    https://www.sueddeutsc...

    Und der Deutschlandfunk ist nicht eindeutig: https://www.deutschlan...

Bleib immer informiert! Hier gibt's den Kanal Fundstücke als Newsletter.

Abonnieren

Deine Hörempfehlungen
direkt aufs Handy!

Einfach die Hörempfehlungen unserer KuratorInnen als Feed in deinem Podcatcher abonnieren. Fertig ist das Ohrenglück!

Öffne deinen Podcast Feed in AntennaPod:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Öffne deinen Podcast Feed in Apple Podcasts:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Öffne deinen Podcast Feed in Downcast:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Öffne deinen Podcast Feed in Instacast:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Öffne deinen Podcast Feed in Apple Podcasts:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Öffne deinen Podcast Feed in Podgrasp:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Bitte kopiere die URL und füge sie in deine
Podcast- oder RSS-APP ein.

Wenn du fertig bist,
kannst du das Fenster schließen.

Link wurde in die Zwischenablage kopiert.

Öffne deinen Podcast Feed in gpodder.net:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.

Öffne deinen Podcast Feed in Pocket Casts:

Wenn alles geklappt hat,
kannst du das Fenster schließen.