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Volk und Wirtschaft

Wer bezahlt die Ente?

Jürgen Klute
Theologe, Publizist und Politiker
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Jürgen KluteDienstag, 01.12.2020

„Quem paga o pato?“ „Wer bezahl die Ente?“ Als Graffiti (hier oder hier) designed habe ich diese Frage vor einigen Jahren auf einer Mauer in Rio de Janeiro gesehen. „Wer bezahlt?“ – Diese Frage schwappte heute auch durch deutsche Medien. Allerdings ging es nicht um Enten, sondern um die Corona bedingten Schulden, die der Staat aufgenommen hat.

In der Süddeutschen Zeitung kamen die Bedenkenträgerinnen zur Sprache. "Finanziell kaum durchzuhalten" titelte die SZ und brachte die mahnenden Stimmen bezüglich der Höhe und der Breite der Coronahilfen von Marcel Fratzscher (DIW), Clemens Fuest (Ifo-Institut) und diversen CDU-Politikern zu Gehör.

Cerstin Gammelin legte in ihrem Kommentar „Corona-Hilfen:Die Rechnung, bitte“ noch nach und mahnte – was im Prinzip nicht falsch ist – die Einbindung der Zivilgesellschaft bei der Aushandlung der Lastenverteilung zum Abbau der Schulden an.

Die SZ trifft ohne Zweifel den Mainstream dieser Debatte. Gegen den Strich bürstet die taz mit ebenfalls zwei Beiträgen. Jens Südekum, Professor für internationale Volkswirtschaftslehre des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, erklärt in einem Interview mit der taz, das ich hier empfehle, dass die Aufregung um die Schulden nicht der Realität gerecht werde:

„Der Anstieg der Staatsverschuldung ist gar nicht so extrem. Er ist niedriger als nach der Finanzkrise. Nach aktuellen Projektionen geht die Schuldenquote von knapp unter 60 auf etwa 72 Prozent hoch. Ich halte die Staatsverschuldungsquote aber generell nicht für besonders aussagekräftig. Viel wichtiger ist die Frage: Wie hoch sind die Zinsausgaben, die der Staat tätigen muss, um diese Schulden zu bedienen? Und diese Kennziffer ist auf einem Tiefststand. In dieser Krise hat sich bei den Zinsen der Staatsanleihen überhaupt nichts getan. Sie sind sogar leicht gesunken. Das heißt, der Staat muss für die zusätzlichen Schulden gar nicht zahlen, sondern verdient sogar daran. In so einem Umfeld, das noch lange so bleiben wird, sind Staatsschulden nicht das größte Problem.“ So eines der Kernargumente von Südekum.

Folgen Leserinnen und Leser der Argumentation von Jens Südekum, dann entpuppt sich eher die Frage „Wer bezahlt?“ als „Ente“. Folgerichtig ist das Interview auch überschrieben mit „Schulden sind nicht das Problem“. Als Fortsetzung des Titels bietet sich folgender Satz an: „Das Problem liegt nicht in den Schulden, sondern in der Art, in der die öffentliche Debatte um die Schulden geführt wird, also in den Interessen, die sich in den Debattenbeiträgen spiegeln.“

Der zweite Beitrag zum Thema in der taz kommt aus der Feder von Ulrike Herrmann: „Corona-Hilfen für Lockdown-Betriebe: Lob der Gießkanne“. Sie trägt – im Gegensatz zu Marcel Fratzscher und Clemens Fuest – schlagkräftige wirtschaftsethische Argumente zugunsten einer Verteilung der Coronahilfen nach dem Gießkannenprinzip vor.

Gleich vier Artikel auf einmal zu empfehlen ist eigentlich nicht vorgesehen auf Piqd. In diesem Fall scheint mir das aber ausnahmsweise gerechtfertigt, weil es lohnt, diese Artikel im Zusammenhang zu lesen. Erst dann erschließt sich das Spannungsfeld, das die aktuelle Debatte über die Corona-Hilfen prägt, als Spannungsfeld divergierender politischer und ökonomischer Interessen. Dass ich mich entschieden habe, explizit das Interview mit Jens Südekum zu empfehlen, liegt zum einen daran, dass Südekum gegen den Mainstream in der BRD argumentiert und für mich zudem die gewichtigeren Argumente vorträgt.

Wer bezahlt die Ente?

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Kommentare 8
  1. Du Irrelevant
    Du Irrelevant · vor mehr als 3 Jahre

    Dazu nach wie vor aktuell:
    https://www.piqd.de/us...

    1. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor mehr als 3 Jahre

      Danke für die Ergänzung.

  2. Theresa Bäuerlein
    Theresa Bäuerlein · vor mehr als 3 Jahre

    Wahnsinnig guter Überblick, vielen Dank.

    1. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor mehr als 3 Jahre

      Merci.

  3. Daniela Becker
    Daniela Becker · vor mehr als 3 Jahre

    Ich habe alle empfohlenen Texte gelesen und nicht einer erwähnt bei Verteilungsgerechtigkeit, dass eigentlich kein Geld mehr bedingungslos in Richtung klimabelastende Unternehmen fließen darf. Hätte man z.B. nicht die Lufthansa so bedingungslos gefördert, hätte man schon wieder eine ganze Menge Geld zum verteilen. Und das ist übrigens, was sich große Teile der Bevölkerung wünscht: Rettungspakete für private Unternehmen sollen an Bedingungen geknüpft werden sollten, etwa an Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen. https://www.klimafakte...

    1. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor mehr als 3 Jahre

      Ich stimme dir vollkommen darin zu, dass die Vergabe von öffentlichen finanziellen Hilfen an Bedingungen geknüpft werden muss und auch darin, dass Umwelt- und Klimaschutz dabei eine zentrale Rolle spielen müssen. In den empfohlen Beiträgen ging es allerdings eher um die grundsätzliche Frage, ob und inwiefern die Corona bedingt aufgenommenen Schulden der öffentlichen Hand ein Problem sind. Dennoch: Es wäre richtig gewesen, den von dir angesprochenen Aspekt in die Debatte einzubeziehen.

  4. Michael Eisner
    Michael Eisner · vor mehr als 3 Jahre

    Ein globaler Schuldenerlass ist denkbar.

    1. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

      Schuldverhältnisse sind Machtverhältnisse. Ein Schuldenerlass bedeutet die Veränderung von Machtverhältnissen. Die Frage ist, wer setzt solche Veränderungen von Machtverhältnissen durch. Und in welche Richtung verschieben sich dann Machtverhältnisse.

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