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Volk und Wirtschaft

Unilever und sein Nachhaltigkeitsprogramm oder über die Schwierigkeit einem Ideal zu genügen

Thomas Wahl
Dr. Phil, Dipl. Ing.
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Thomas WahlMittwoch, 05.08.2020
Unilever ist ein 1888 gegründeter "altehrwürdiger" niederländisch-britischer Konzern. Heute weltweit einer der größten Hersteller von Nahrungsmitteln, Kosmetika, Körperpflege- sowie Haushalts- und Textilpflegeprodukten. Er liefert also alles, was wir so täglich konsumieren. Solche Unternehmen werden allerdings heute von vielen zu "den Bösen" gezählt - schuldig an Umweltverschmutzung und ungesunder Ernährung. Dazu kamen wirtschaftliche Probleme:
Trotz fortwährenden Umbaus – Verkauf schwächelnder Marken, Fabrikschließungen und Stellenabbau – war Unilever nicht wirklich vom Fleck gekommen. Die Innovationskraft schien erlahmt, die Floprate bei neuen Produkten war hoch, das Wachstum mager, die Margen waren unbefriedigend, etliche Marken wirkten angestaubt. Eine bleierne Zeit.
Und dann, nach vielen Jahren einer Abwärtsspirale kündigt ein neuer Vorstandsvorsitzender, Paul Polman, einen konsequenten Ökokurs an - mit dem „Sustainable Living Plan“ Umsatz verdoppeln sowie den ökologischen Fußabdruck halbieren! Das diese ehrgeizigen Ziele in der gesetzten Zeitspanne nicht erreicht würden zeigte sich schnell. Aber wie nähert man sich so einem Nachhaltigkeitsideal an? Geht das überhaupt? Zunächst:
Der Manager erwarb sich schnell den Ruf des Weltverbesserers der Großindustrie und heimste gleich mehrere Nachhaltigkeitspreise ein. Seine Interviews lasen sich mitunter wie Predigten: zu viel Plastik in den Meeren, zu zaghaft der Kampf gegen die Erderwärmung, gegen das Sterben der Korallenriffe, gegen die Ausbeutung von Arbeitern in den Sweatshops. Gegen ihn wirkten die anderen Konzernchefs auf einmal wie schnöde Kuponschneider.
Wie zu erwarten, ließen sich die alten Praktiken nicht schlagartig abschaffen oder auswechseln. Unilever agiert auf weitgehend gesättigten Märkten, steht in hartem Wettbewerb und die Kosten für die Umstrukturierungen lassen sich nicht so einfach an die Konsumenten weiterreichen. Es würde ja keinem helfen, wenn sich die Vorreiter eines ökologischen Kurses selbst vom Markt nehmen. Es geht also um komplexe Lernprozesse, Fehler inklusive:
Vor allem beim Thema Palmöl stand Unilever mehrfach blamiert da. Noch im Herbst 2019 belegte ein Greenpeace-Report, dass Unilever und andere Konsumgüterhersteller entgegen aller Beteuerungen Palmöl von Erzeugern beziehen, die zuvor Regenwald niedergebrannt haben, um Platz für Ölpalmen-Plantagen zu schaffen. 
Trotz der Kritiken von Greenpeace & Co., das Bemühen um Transparenz und Nachhaltigkeit brachte dem Konzern immer wieder gute Platzierungen in Nachhaltigkeitsbewertungen für Anleger (z.B. im Dow Jones Sustainability Index) oder auch Auszeichnungen wie den "Champions of Earth Award" für den CEO Polman. 

Die meisten Investoren hatten den Nachhaltigkeitskurs hingegen immer skeptisch gesehen. Umsatz, Gewinn und Aktienkurs wurden, im Vergleich mit Konkurrenten wie "The Kraft Heinz Company" oder Nestlé, als zu gering bewertet. Aus einer Position wirtschaftlicher Stärke versuchte dann der US-Konzern Kraft Heinz eine Übernahme und bot 143 Mrd. Dollar für Unilever. Diese Übernahme wurde abgewehrt, aber der Schock saß tief. Es folgten heftig umstrittene aktionärsfreundliche Maßnahmen und Umstrukturierungen. Der Witz des Ganzen:
Der Börsenkurs zog an, die Anleger goutierten Zukäufe, die ins Portfolio passten und veränderte Konsumgewohnheiten berücksichtigten. Während der Aktienkurs von Unilever seit dem Übernahmeversuch von 38 auf 44 Euro (Anfang Mai) zulegte, wurde Kraft Heinz unter anderem wegen vernachlässigter Markenpflege abgestraft und erlebte im gleichen Zeitraum, mit einem Absturz von 81 auf 27 Euro, ein Kursdebakel.
Es kann sich also letztendlich lohnen Nachhaltigkeit als Strategie zu fahren. Und so will man weitermachen:
„Ein Aufweichen des Nachhaltigkeitsziels ist nach dem Amtsantritt von Alan Jope zu keiner Zeit diskutiert worden“, sagt Deutschlandchef Peter Dekkers. „Die Nachhaltigkeit gehört längst zur Unilever-DNA. Das Ziel ist eindeutig definiert – und wir werden die Reise nicht abbrechen.“ 
Sogar noch beschleunigt - in fünf Jahren sollen sämtliche Verpackungen des Konzerns recyclingfähig sein. Und die Nachhaltigkeit wird erweitert auf Mitarbeiter und Zulieferer. In seinem Programm  „Future of Work“, verpflichtet Unilever sich diese fair zu behandeln.

Ich denke, man sollte mehr über solche realistischen und progressiven Beispiele berichten, um aus den Fehlern und aus den Erfolgen lernen.
Unilever und sein Nachhaltigkeitsprogramm oder über die Schwierigkeit einem Ideal zu genügen

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Kommentare 3
  1. Uwe Protsch
    Uwe Protsch · vor mehr als 3 Jahre

    Ich kann mir gut vorstellen, dass Unilever langfristig erfolgreicher sein wird als die Konkurrenz. Die KundInnen werden immer mehr auf Herkunft, Nachhaltigkeit und Fairness achten, gerade in den teureren und damit auch margenstärkeren Segmenten.

  2. Du Irrelevant
    Du Irrelevant · vor mehr als 3 Jahre

    Danke für den Piq!
    Mein 1. Gedanke: Greenwashing
    2. Gedanke: Die Realität ist komplexer...
    PS: Ich habe aufgehört Produkte zu kaufen, als ich erfahren habe, dass die Firmen von Unilever aufgekauft wurden und finde nach wie vor: small is beautiful 😉

    1. Uwe Protsch
      Uwe Protsch · vor mehr als 3 Jahre

      Wie small muss ein Unternehmen sein, um vor Dir Gnade zu finden? Marken zu kaufen, die nicht zu Nestle, Unilever und Co. gehören, kann manchmal schon eine sportliche Herausforderung sein. Gilt Alnatura für Dich noch als small? Für mich schon lange nicht mehr.

      Ich weise auch darauf hin, dass small auch ineffizient und damit weniger nachhaltig bedeuten kann. Von einem Produkt große Mengen herzustellen lastet die Produktionsanlagen besser aus, dadurch wird dieses Produkt kostengünstiger, und pro Einheit des Produktes werden weniger Ressourcen verbraucht.

      Klar, niemand mag Großkonzerne. Aber wir leben auch nicht im Auenland, wo jeder sein Bier selber braut. Und Du weißt vielleicht, dass das Auenland mal befreit werden musste, weil es zu selbstbezogen war ...

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