Irgendwie zerrt es gerade; und in den vergangenen Jahren zerrt es zunehmend mehr. Abgrenzen heißt es auf der einen Seite: gegenüber Erdogan oder Islamisten. Mehr Einbringen heißt es auf der anderen: mehr Integration, mehr Loyalität, mehr Deutschland. Wer türkischstämmig ist und in Deutschland lebt, der hängt zwischen den Stühlen. Und die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen der vergangenen Jahre haben diese Stühle weiter auseinander gerückt.

In den vergangenen Jahren wurde von Türkeistämmigen in Deutschland viel verlangt. Zum einen müssen sie sich zur Türkei verhalten: zwischen "Loyalität" oder "Landesverrat". Zum anderen leben sie in einem Land, in dem jeder eine Meinung zur Türkei und "den Türken" hat, und in dem oft diejenigen am lautesten ihre Meinung äußern, die am wenigsten Kontakt zu Türkeistämmigen haben.

In seinem ARD Radiofeature geht Sammy Khamis auf Spurensuche. Er trifft in Deutschland sozialisierte Akademiker, aus denen türkische Nationalisten wurden. Diskutiert mit türkischstämmigen Familien, bleibt nicht vor den Türen türkischer Kulturvereine stehen. Und er stellt viele Fragen: "Warum fühlen sich viele Deutschtürken nicht als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft? Warum wollen viele kein Teil dieser Gesellschaft werden und weshalb wird Türkeistämmigen bis heute genau das erschwert?" Das Feature besticht vor allem durch seine starken Protagonisten und der genauen Betrachtung des Autors. Schade, dass es an einigen Stellen Distanz schafft, wenn der Text nicht vom Autor selbst gesprochen wird. In den Situationen vor Ort ist Khamis nämlich selbst zu hören und wirkt viel nahbarer und aufrichtig interessiert. Trotzdem: "Türke in Deutschland" ist ein Hörtipp.