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„Stadt, Land, Angst“ — warum fanden so viele Leser diesen piq irrelevant?

Tino Hanekamp
Autor

Tino Hanekamp war Journalist und Musikjournalist, hat in Hamburg zwei Musikclubs gegründet (Weltbühne, Uebel & Gefährlich), einen Roman geschrieben (‚So was von da‘) und unlängst ein Buch über Nick Cave ('... über Nick Cave'). Er lebt im Süden Mexikos.

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Tino HanekampSonntag, 26.07.2020

Gestern habe ich einen Text gepiqt, in dem die Autorin Kemi Fatoba darüber schreibt, wie schwierig es ist, als nichtweißer Mensch Erholung im Grünen zu suchen, weil viele People of Color im Ländlichen Diskriminierung befürchten. Der piq bekam für piqd-Verhältnisse sehr viele Stimmen, bis jetzt 17. Erstaunlicherweise haben aber eine Menge Leser den piq als irrelevant markiert — die Bewertung steht derzeit bei 7,9. (Zum Vergleich: Der vorletzte piq von Jan Kulbrodt steht bei 9,2 mit 10 Stimmen.) Ich weiß nicht, wie genau sich diese Bewertungen zusammensetzen, schätze aber mal, dass mindestens 7 der 17 Abstimmerinnen den „Stadt, Land, Angst“-Text irrelevant fanden. Also nicht einfach egal, sondern eher ärgerlich, denn die für die Leserschaft weniger interessanten piqs werden gemeinhin gar nicht gevotet. Normalerweise werden streitbare piqs und Themen auch kommentiert, aber hier: nichts. Und ich frage mich, warum? Warum die Downvotes? Lag es an meiner Anmoderation? An dem Wort „Bleichgesicht“ oder meiner vielleicht als neunmalklug oder gar übergriffig empfunden Bemerkung „schärft den Blick und hilft, die eigene, privilegierte Perspektive zu verlassen“? An Kemi Fatobas Text kann es ja nicht liegen, der ist sachlich, solide und verhandelt zudem ein sehr spezifisches und aktuelles Thema, das meines Wissens bisher eher selten verhandelt wurde. Ist es vielleicht das Thema an sich? Aber was daran wäre dann irrelevant bzw. ärgerlich? Die Piqd-Redaktion hat den piq mit in die ‚piqs der Woche‘ genommen, ihr erschien das Thema also nicht irrelevant, erstaunlich vielen Lesern aber schon. Warum?

„Stadt, Land, Angst“ — warum fanden so viele Leser diesen piq irrelevant?

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Kommentare 28
  1. Julia Schwam
    Julia Schwam · vor mehr als 3 Jahre

    Ich lebe in einer Kleinstadt, eher weiter von Berlin weg, in Brandenburg. Es ist definitiv keine Nazihochburg und wenn sich hier mal Nazis öffentlich versammeln, sind sie zahlenmäßig den Gegendemonstranten immer unterlegen. PoCs können hier Urlaub machen, ohne in besonderem Maße um ihre körperliche Unversehrtheit besorgt sein zu müssen. (Von manchen Dörfern im Umfeld würde ich das nicht behaupten.)

    Die reine Menge an rechtem Gelaber, das man hier so hört und auch die Selbstverständlichkeit, mit der bestimmte Teile der Bevölkerung, dieses in Diskurse tragen und davon ausgehen können, dass es auf Zuspruch stößt, ist dennoch nach wie vor sehr deprimierend. Ich glaube aber gerne, dass es auch anderswo so sein kann, zumal der Unterschied mir vor allem ein quantitativer zu sein scheint, kein qualitativer. Inhaltlich kann man das Gelaber überall in Deutschland hören, wenn man ein bisschen die Fühler ausstreckt. Auch mir missfällt generell, dass die ganze Problematik medial gerne allein und vornehmlich im Osten verortet wird, was angesichts dessen, was zum Beispiel in Hessen alles so an Extremismus abzugehen scheint, nicht angebracht ist.

    Trotzdem ist es für mich geradezu bizarr, wenn als Gegenzug geleugnet wird, dass in Brandenburg erschreckend viele Menschen ganz offene Rassisten sind.

    Ich fand den Artikel gut und es ist vollkommen richtig, dass eine PoC sich genau überlegt, wo sie hinreist. Allerdings gibt es auch PoCs, die hier leben. Nähme man von der Vorstellung Abstand, dass BerlinerInnen meistens die beste Quelle sind, um zu erurieren, wie man sich den ländlichen Raum vorstellen soll, könnte man da ein viel genaueres Bild erhalten. ;)

    Ich weiß zum Beispiel von einem Bekannten von mir, der groß und schwarz und auffällig ist, dass es für ihn eine ziemlich normale Sache ist, aus vorbeifahrenden Autos beschimpft oder mit Mittelfingergesten konfrontiert zu werden, wenn er mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt.

    1. Tino Hanekamp
      Tino Hanekamp · vor mehr als 3 Jahre

      Sehr interessant, vielen Dank!

  2. Josef König
    Josef König · vor mehr als 3 Jahre

    Hallo, ich fand den Text tatsächlich irrelevant. Hatte ihn schon vorher auf ZON gelesen und dachte, was soll das? Hier wird nur persönliches „Unbhagen“ larmoyant ausgebreitet, aber nicht eine konkrete Situation geschildert, die Rassismus beinhaltet. Kein konkreter Angriff, keine konkrete Beschimpfung, gar nichts - nur die Wiederholung von Unbehagen anderer, das sich sofort und so weiter fortsetzt und fortpflanzt. Allein die Tatsache, dass in Ostdeutschland vielleicht mehr AfD-/Nazi-Plakate gibt, erzeugte auch in mir Unbehagen, aber nicht aus rassistischen, sondern historischen und aktuellen Gründen.
    Außerdem: Wer als Dunkehäutige in einem zu mehr als 98%igen weißdominierten Land lebt, wird angeschaut, weil die Person „anders aussieht - das lässt sich auch mit „antropologischer Konstante“ erklären - und genauso erginge uns, wie wenn wir uns in Schwarzafrika bewegten. Ich bin in Kindheit und Jugend in Brasilien aufgewachsen, wo alle Farbschattierungen neben- und miteinander existieren, und ich reise noch immer gern regelmäßig dahin - da ist das normal und nicht mehr „bemerkenswert“!

    1. Tino Hanekamp
      Tino Hanekamp · vor mehr als 3 Jahre

      Ah, endlich mal jemand, der sich erklärt - vielen Dank!

  3. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

    Wahrscheinlich fanden viele das nicht irrelevant sondern als Angst machenden, Ängste verstärkenden Text. Das viele PoC etwas befürchten, ohne es wirklich zu kennen, ist traurig. Dann muß man wohl mit der Angst leben. Ich verbringe die wärmere Jahreszeit immer in Brandenburg in einer Erholungsanlage mit vielen Bungalows an einem wunderschönen See. Die Mitglieder sind organisiert in einem Verein und es sind alle Hautfarben vertreten. Es gibt, wie bei Menschen üblich die eine oder andere Streitfrage. Aber rassistische Bedrohungen kenne ich nicht. Es ist mit Sicherheit weit weniger gefährlich als jede Großstadt. Angst essen Seele auf .....

    1. Tino Hanekamp
      Tino Hanekamp · vor mehr als 3 Jahre

      Lieber Thomas Wahl, aber wer sagt denn, dass PoC da ‚etwas befürchten, ohne es wirklich zu kennen’? Wer sagt denn, dass hinter diesen Ängsten nicht auch Erfahrungen stecken? Fragen Sie doch mal die nichtweißen Mitglieder Ihres Vereins, was sie um die Erholungsanlage herum so erlebt haben, im Konsum im Nachbarort, an der Tankstelle etc. Ich bin sicher, das wird interessant. Und man darf nicht vergessen: Auch Blicke können bedrohlich sein. Auch Worte können Angst machen, viele AfD-Plakate, ein Pfiff aus einem vorbeifahrenden Auto. Und vielen Dank für Ihren Kommentar!

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 3 Jahre

      @Tino Hanekamp Wir reden miteinander. Das ist doch selbstverständlich, dass man sich über solche Erfahrungen austauscht. Die Antwort - positive Überraschung über die Problemlosigkeit des Alltags.

    3. Tino Hanekamp
      Tino Hanekamp · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

      @Thomas Wahl Na ja, so selbstverständlich ist das glaube ich nicht, aber toll, dass das bei Ihnen im Verein anders läuft! Ich wäre aber vorsichtig, aus den positiven Reaktionen Rückschlüsse aufs große Ganze zu ziehen, bzw.: Gerade um auch die andere Seite der Medallie zu sehen, sind ja Texte wie der gepiqte so wichtig. Und sie haben natürlich Recht, wenn Sie schreiben: "Dass viele PoC etwas befürchten, ohne es wirklich zu kennen, ist traurig." -- aber viele kennen es eben auch!

  4. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor mehr als 3 Jahre

    Da keine relevanten Zahl von Stimmen vorliegt, aber Ost-West-Klischees bedient werden:

    Laut Statistik gibt es die meisten rechtsextremistischen Angriffe im einst mauergeteilten Berlin, Platz 2 hat das westliche Niedersachsen und Platz 3 - schlimm genug - das östliche Brandenburg.

    Wer hier die Mauer wieder sieht, unterliegt einer Täuschung.

    Zu keinem Zeitpunkt waren Ausländer in Berlin "eingesperrt".

    Nicht alle rechtsradikale Übergriffe galten Ausländern, sondern viele auch Linken. Deshalb sprechen Rechtsextreme auch davon, "Zecken und Neger klatschen" zu gehen.

    1. Tino Hanekamp
      Tino Hanekamp · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

      Ich glaube, das Problem gibt es überall, und man kann sagen: je ländlicher, desto rassistischer. Also weltweit. Ist ja auch nicht wirklich überraschend. Überraschend ist, dass das hier Leute zu überraschen scheint, als gäbe es in Deutschland keinen Rassismus - ausgerechnet Deutschland! Und jetzt spricht man den Betroffenen auch noch ihre Erfahrungen und Ängste ab, weil es sich mit den eigenen nicht deckt (wie auch) oder unbequem ist, das alles wahrzuhaben.

    2. Tino Hanekamp
      Tino Hanekamp · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

      Vielleicht fällt es mir auch leichter, diese Ängste ernst zu nehmen, weil ich als Teenager von Faschos durch die ostdeutsche Provinz gejagt wurde und als langhaariger Lokalreporter von Schützenfesten und Dorffesten berichtet habe. Ausländer gab’s da ja keine, also war ich der Ausländer. Aber schon damals fand ich es nur natürlich, dass der Hass auf ‘das Andere’ im Ländlichen besser gedeiht. Warum wundert das denn jemanden?

    3. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 3 Jahre

      @Tino Hanekamp Das kenne ich auch aus den 1990er Jahren.

      Aber in dem Teil der ostdeutschen Provinz, wo ich recherchierte, gab es schon einige Ausländer. Die Amadeu-Antonio-Stiftung ist nach einem in Eberswalde ermordeten Vertragsarbeiter benannt. An der damaligen EU-Außengrenze im Randow, wo meine Halbschwester mit anderen einen Bauernhof ausbaute, kamen ständig Menschen über die Grenze.

      Niemand, ober überlas ich etwas (?), behauptete, dass es keinen Rassismus gibt.

      Ängste sollte man ernst nehmen, aber auch versuchen, sie einzuordnen.

      Das ich die Zahlen vorhin parat hatte, hängt damit zusammen, dass ich gerade über Flucht und Migration in und nach Europa ein Buch beende.

      Selbstverständlich sprach und spreche ich dadurch mit recht vielen.

    4. Tino Hanekamp
      Tino Hanekamp · vor mehr als 3 Jahre

      @Achim Engelberg Da, wo ich herkomme, gab es damals, vor 22+ Jahren, so gut wie keine Ausländer, aber natürlich ne Menge Fremdenfeindlichkeit, wie überall, wo es kaum Fremde oder fremd wirkende Menschen gibt. Kennt man ja.
      Die Menschen in Deutschland, die Rassismus erleben, müssen mehr gehört werden. Sie hatten bisher kein Podium und konnten oder wollten aus vielerlei Gründen über ihre Erfahrungen nicht sprechen, und auch deswegen erscheint es nicht verwunderlich, dass viele Nicht-Betroffene nichts davon wissen. Aber dass sie es nicht wissen wollen? Wen oder was wollen sie denn schützen? Was bewahren? Eine Illusion? Ignorance is bliss?
      Zum Glück wird sich das alles ändern. Die junge Generation, die Generation Z, wie man so sagt, macht den Quatsch nicht mehr mit. Und wir, die Boomer, dürfen uns selbst hinterfragen und entwickeln und sollten, so wir können, dabei helfen, dass diese Stimmen gehört werden.
      Bin gespannt auf Ihr Buch!

    5. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 3 Jahre

      @Tino Hanekamp Vor mehr als 30 Jahren wurde man In den Ostdeutschen Provinzen manchmal als "scheiß Berliner", Fischkopf oder Sachse angemacht oder gar verprügelt. Aber man war halt nicht so "woke" und hat das nicht ständig als individuelle Betroffenheit oder gar Rassismus (den es natürlich auch gab und gibt) gesehen. Das Denken in "Wir"-Gruppen vs. die anderen ist letztendlich unausrottbar. Die ganzen Identitätsdiskurse lassen dieses Denken nur noch explodieren. Dort wo es kriminell wird, gehört es verfolgt und bestraft. Aber eine Friede, Freude, Eierkuchen- Gesellschaft, in der sich alle lieb haben, es keine auch dummen Konflikte gibt, das halte ich für unerreichbar. Auch nicht mit der jungen Generation. Schon gar nicht, wenn ich die teilweise hass- und vorurteilsgeladenen Diskussionen sehe.

      Ich finde dieses Interview sehr interessant, das eben nicht in diesen Betroffenheitsdiskurs einstimmt:
      https://www.zeit.de/20...

      Und die Fremdenfeindlichkeit ist nicht nur dort stark, wo es wenig "Fremde" gibt, sondern vor allem dort, wo es sehr viele sind - USA, Nordafrika oder auch Frankreich können als Beispiel dienen. Und selbst in den traditionell offenen europäischen Nordstaaten nehmen die Ressentiments offensichtlich mit der Zahl der (schlecht integrierten) Migranten zu.

    6. Tino Hanekamp
      Tino Hanekamp · vor mehr als 3 Jahre

      @Thomas Wahl Oha, da machen Sie jetzt aber sehr viele Fässer auf einmal auf.
      Ich habe diesen Text gepiqt, auf dass er bei dem ein oder anderen ein Bewusstsein auslöse für etwas, das da ist, und das Viele nicht auf dem Schirm haben - bei mir hat er das auf jeden Fall getan. Ich sehe in der Auseinandersetzung mit alltäglichem Rassismus auch keinen "Betroffenheitsdiskurs" sondern den Versuch, ein Thema anzugehen, es zu sehen und zu verstehen, um Zustände und Verhaltensweisen zu ändern, auch bei sich selber. Und in diesem Fall geht es ja um etwas sehr klares und spezifisches: Viele PoC haben Angst, ins ländliche Grüne zu fahren, weil sie dort Rassismus befürchten, weil sie oder andere ihn dort bereits erfahren haben und/oder erfahren. Ich dachte, das nimmt man einfach zur Kenntnis und weiß wieder ein bisschen mehr ...

    7. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 3 Jahre

      @Tino Hanekamp Ich bezweifele ja nicht, dass viele Angst haben, weil sie Rassismus befürchten. Diese Angst gibt es sicher und auch Rassismus gibt es überall mehr oder weniger. Nur existiert er wirklich in der befürchteten Größenordnung etwa dort im grünen Umland Berlins und ist die Gefahr größer als in Berlin selber? Ich kann nur sagen, hinfahren. Aber nicht mit Angst im Nacken. Sonst wird es evtl. zur selbsterfüllenden Prophezeiung. Meine alte Mutter (und ihre Bekannten) fährt nicht mehr mit der Berliner S-Bahn, aus Angst vor den vielen bunten, fremden Jugendlichen mit Bierflaschen in der Hand. Die könnten ihr die Handtasche klauen oder schlimmeres. Soll ja vorgekommen sein, wird erzählt .... Also solche Angst ist kein guter Ratgeber.

    8. Tino Hanekamp
      Tino Hanekamp · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

      @Thomas Wahl Ja SIE können sagen, einfach hinfahren, SIE sind ja auch nicht betroffen. Ich weiß nicht, wie es ist, weder als PoC in der Uckermark noch als Oma in der S-Bahn. Nur dass der Oma im schlimmsten Fall die Handtasche geklaut wird. Niemand sagt ihr, verpiss dich, bespuckt sie, wirft Steine, bedient sie nicht, beschimpft sie wegen ihres Alters oder ihrer Augenfarbe, tuschelt hinter ihrem Rücken oder tut eines dieser herabsetzenden Dinge, unter denen sie ihr ganzes Leben schon leidet. Und wie viele Omas wurden in den letzten zwanzig Jahren in Deutschland wegen ihres Omaseins von Omahassern verprügelt, erschlagen oder erschossen? Der Vergleich hinkt und hilft nicht weiter. Im Gegenteil, er versucht etwas zu relativieren. Warum? Und wem nützt das was? Warum fühlen wir uns angegriffen, wenn jemand sagt: Wenn ich als PoC im Umland von Berlin Urlaub mache, fährt die Angst immer mit. Warum kann man das nicht einfach zur Kenntnis nehmen? Oder noch klarer: Wenn Ihre Oma Angst vorm S-Bahn fahren hat, weil drei ihrer Freundinnen da letztens die Tasche geklaut wurde, zwei andere wurden beleidigt, und außerdem wurden in Ulm schon wieder acht Omas von nem Omahasser erschossen, und in der S-Bahn hängen überall diese Anti-Oma-Plakate, und einige Leute gucken so komisch, sagen Sie dann auch: Ach komm, Oma, jetzt stell dich mal nicht so an?

    9. Tino Hanekamp
      Tino Hanekamp · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

      @Tino Hanekamp Oh, sorry, war nicht die Oma sondern die "alte Mutter", aber Sie verstehen sicher, was ich meine.

    10. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

      @Tino Hanekamp Sie können sich offensichtlich nicht so richtig in Omas hineinversetzen. Es ist nicht vorrangig die Tasche, es ist die Tatsache, das Menschen die Treppe herunter geschupst oder vor die S-Bahn gestoßen werden usw. usw.. Diese Meldungen gibt es, auch wenn sie von keiner NGO über Jahrzehnte zusammengetragen werden.Gerade alte Menschen nehmen das sehr genau wahr. Und trotzdem ist die S-Bahn kein ungeheuer unsicherer Ort. Ähnlich wie Brandenburg.
      Im übrigen geht es nicht um Relativierung sondern um Einordnung. Ja, es sind Menschen wegen ihrer Abstammung angegriffen und ermordet worden. Und das ist schlimm genug. Die Amadeu Antonio Stiftung (AAS) zählt aktuell (Februar 2020) 208 Todesopfer rechtsextremer Gewalt (die höchste mir bekannte Schätzung) und verweist zudem auf mindestens zwölf weitere Verdachtsfälle insgesamt seit 1990 - so Wikipedia.

      Nur ist das in 40 Jahren, in einem Land mit 83 Mio. Einwohnern ein Grund, ganze Bundesländer für gefährlich zu erklären? Ja, die Angst fährt mit. Aber als denkender Mensch sollte man Relationen bewerten können und sich nicht von seinen Gefühlen beherrschen lassen. Wenn wir alles unterlassen aus Angst es könnte was passieren, dann müssen wir im Bett bleiben. Wo sowieso die meisten sterben.

    11. Tino Hanekamp
      Tino Hanekamp · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

      @Thomas Wahl Nee, wie ich schon sagte, weiß ich nicht, wie es ist als Oma in der S-Bahn - auch deswegen nehme ich ihre Ängste ernst!

      Und ja, Angst essen Seele auf, sehe ich auch so, und wie man das verhindern kann, wie man mit der Angst umgehen kann usw., ist ein spannendes Thema, aber ich glaube: ein anderes!

      Danke für die Diskussion.
      Grüße herzlich,
      TH

    12. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 3 Jahre

      @Tino Hanekamp Danke auch. Schreibe gerade einen piqd zum breiteren Thema. Wenn er fertig ist, schick ich den Link .....

  5. Maximilian Rosch
    Maximilian Rosch · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

    Hallo Tino,
    wir finden deinen piq von Samstag sehr relevant. Es sind auch tatsächlich weniger als 7 negative Stimmen. Da jeder piq bei einer Bewertung von 5 startet, fallen negative Stimmen bei weniger abgegeben Stimmen dann noch stärker ins Gewicht. Mittlerweile haben deutlich mehr Leser*innen abgestimmt und auch kommentiert. Manchmal dauert es, gerade bei piqs am Wochenende, bis Montag oder Dienstag, bis es zu mehr Reaktionen kommt.
    Deinen Unmut, eine Relevanzbewertung ohne Kommentar abzugeben, gerade wenn sie negativ ist, kann ich nachvollziehen. Aber die Entscheidung liegt bei den Leser*innen, wir können an dieser Stelle ermutigen, (mehr) Kommentare abzugeben.

    1. Tino Hanekamp
      Tino Hanekamp · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

      Hallo Max,
      ich verspüre keinen Unmut über die negativen Bewertungen, sehe sie meistens eher als Indikator, dass das jeweilige Thema relevant ist, eben weil es polarisiert, nur habe ich in diesem Fall wirklich nicht verstanden, was hier der polarisiernde Aspekt sein könnte. Jetzt verstehe ich es dank all der Kommentare besser, und mir ist schlecht. Dass es diese Ignoranz und Respektlosigkeit auch hier in dieser Piqd-Blase gibt, hätte ich nicht gedacht. Das war naiv. Aber gut zu wissen, wie‘s steht! Interessant, dass der Original-Piqd mittlerweile 35 Stimmen hat (bestimmt Piqd-Rekord), aber die Bewertung immer noch bei 8,9 steht. Könnt ihr das mal bitte aufschlüsseln? Wie viele von den 35 haben denn auf irrelevant geklickt? Das Interessante ist jetzt natürlich auch, dass noch so viele NACHTRÄGLICH auf irrelevant geklickt haben, aber NIEMAND sich in den Kommentaren dazu erklärt!

    2. Maximilian Rosch
      Maximilian Rosch · vor mehr als 3 Jahre

      @Tino Hanekamp Die "Relevanzuhr" ist für uns ein Instrument, über das wir intern immer mal wieder diskutieren. Sie ist eine Kompromisslösung, die wir gerne weiter verbessern möchten. Wir freuen uns über Ideen und Vorschläge dazu und werden uns in den kommenden Wochen darüber Gedanken machen.

      Von den mittlerweile 39 Stimmen sind nur drei negativ. In der Gesamtbewertung ist der piq nun auch auf 9 geklettert. Wir sehen aber bei der Bewertung der Relevanz insgesamt eher die Anzahl der Stimmen und der Kommentare aus ausschlaggebend. Und ja, es gibt tatsächlich wenige piqs, bei denen so viele Stimmen abgegeben wurden. Spitzenreiter ist meines Wissens nach dieser hier: https://www.piqd.de/li...

      Wie du auch selbst schon geschrieben hast: Schön, dass aus diesem technischen "Problem" doch so viele gute Kommentare, Gespräche und an einigen Stellen auch Diskussionen entstanden sind. Danke dir Tino und allen Kommentatoren. Das macht Spaß mit euch!

      Und wen es jetzt noch interessiert, wie die Bewertung berechnet wird: Es gibt eine Bewertungskala von 0-10. Jeder piq startet bei 5. Dafür loggt das System automatisch bei der Veröffentlichung eine positive und eine negative Stimme. Diese fließen dann auch bei der Gesamtberechnung ein, die sich so zusammensetzt: (Anzahl der positiven Stimmen)/(Anzahl der abgegeben Stimmen)*10. Das wird dann noch gerundet. In Falle dieses piqs also: 36/40*10=9.

      Ich hoffe ich hab das jetzt richtig erklärt, falls nicht, lest ihr hier drunter sicher noch einen Kommentar mit der richtigen Erklärung von unserer Technikchefin Marion.

  6. Fabian Peltsch
    Fabian Peltsch · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

    Gute Frage. Ich könnte mir vorstellen, dass Menschen, die nie so eine Art der Ausgrenzung und Anfeindung erlebt haben, solche Ängste ohne lange Nachzudenken für übertrieben halten. Die Klassiker: „Ach komm, so was gibt es hier nicht mehr“ oder schlimmer: „Das kann ich mir nicht vorstellen. Vielleicht bist du ja ein bisschen zu sensibel?“ So eine impulsive Reaktion aus Nichtwissen und Ignoranz heraus gibt man später natürlich ungerne zu...

    1. Tino Hanekamp
      Tino Hanekamp · vor mehr als 3 Jahre

      Ganz sicher, danke! Aber da muss noch mehr sein, denn seit der Veröffentlichung dieses Piqs, haben unter dem Piq, um den es hier geht, noch viel mehr Leser auf irrelevant geklickt - ungefähr so viele wie zuvor. Ohne sich zu erklären. Die Sache muss also mehr sein als eine impulsive Reaktion, die einem später ein bisschen unangenehm ist ...

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