Der Grund dafür, dass es in den letzten Monaten so still um Donald Trump wurde, ist nicht, dass der Ex-Präsident sich mittlerweile tatsächlich in seine Wahlniederlage gefügt hat. Er behauptet weiterhin, er habe gewonnen, aber die Wahl sei ihm gestohlen worden. Nur hört man davon nicht so viel, weil Twitter und Facebook ihn seit Anfang Januar 2021 nicht mehr posten lassen. Twitter hat Trump permanent von der Plattform verbannt, Facebook geht einen anderen Weg. Trumps Facebook- und Instagram-Accounts existieren weiterhin, er darf nur nichts Neues posten, bis ein von Facebook in Auftrag gegebenes Aufsichtsgremium, das seit Januar diesen Jahres Entscheidungen trifft, darüber geurteilt hat. 

Um dieses Gremium, das unabhängig sein soll, wobei es auch da Kritikpunkte gibt, geht es in diesem Text. Es besteht zum großen Teil aus Anwält:innen und Menschenrechtsexpert:innen. Die Entscheidung des Oversight Boards im Fall Trump ist sehr bedeutsam, weil um die Glaubwürdigkeit des Gremiums geht. Und die Frage, ob Facebook wirklich bereit ist, effektiv gegen die Verbreitung von Falschinformationen und Hass zu arbeiten. Kritiker:innen sehen die entscheidende Frage darin, ob die Facebook-Aufsicht nur über Sperrungen entscheiden darf, oder ob der Algorithmus von Facebook an sich infrage gestellt werden können – was zweifelhaft ist, weil Facebook damit sein Geld verdient. 

Manche Mitglieder des Gremiums thematisieren das schon jetzt. So etwa Alan Rusbriger, Ex-Chefredakteur des britischen Guardian. 

Was passiert, wenn Sie … etwas weniger viral machen möchten? Was passiert, wenn Sie ein Interstitial setzen möchten?  (...) Irgendwann werden wir nach dem Algorithmus fragen, da bin ich mir sicher – was auch immer das bedeutet."

(ein Interstitial ist ein "Unterbrecher", der Nutzer:innen angezeigt wird, bevor sie die eigentliche Seite sehen können)

Als Facebook den Fall Trump an das Board weiterleitete, stellte es zwei Fragen: Hat Facebook die richtige Entscheidung getroffen, als man Trumps Veröffentlichungsrechte widerrief? Und wie lautet die Empfehlung des Boards zu Suspendierungen, wenn der Benutzer eine politische Führungsfigur ist? Die erste Entscheidung ist bindend, die zweite lediglich beratend.

Trump hat schon früher häufig gegen die Regeln von Facebook verstoßen. Bis zum 6. Januar 2021 hat Facebook eher weggesehen. Das Unternehmen änderte sogar seine Richtlinien, um ihn weitermachen zu lassen – mit der Begründung des Nachrichtenwerts einer Figur wie Trump, selbst bei Falschinformationen.