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Wirecard – Betrugsskandal eines "Weltkonzerns"

Susanne Franzmeyer
Piqer für Radio Features
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Susanne FranzmeyerSamstag, 07.01.2023

Das Radiofeature "Aufstieg und Fall von Wirecard: Was Seher, Blender und Verblendete erzählen" aus dem Jahr 2020 ist nach wie vor spannend zu hören. Der BR nahm es wohl aber auch wieder ins Programm, da im Dezember 2022 der Prozess gegen drei Wirecard-Manager begann.

Der Konzern Wirecard, der sich als Zahlungsabwickler und Finanzdienstleister am Markt etablierte, wurde zunächst hochgelobt. Durch den zunehmenden Onlinehandel sagten viele dem Unternehmen eine goldene Zukunft voraus. So schaffte es das Unternehmen sogar für kurze Zeit in den kleinen Kreis der börsennotierten DAX-Unternehmen. Dass alle Hoffnung in den vermeintlich aufstrebenden Weltkonzern auf einem Lügengebäude aufbaute, ließ sich jedoch nicht ewig verbergen. Es folgte ein tiefer Fall, wie ihn die deutsche Wirtschaft noch nicht erlebt hatte.

Die Menschen, die im Feature zu Wort kommen, die unglaubliche Geschichte eines Milliardenbetrugs, die hier erzählt wird – das alles ist der reinste Krimi. Wir hören eine ahnungslose Mitarbeiterin des Konzerns, die immer noch unter Schock steht und nach Antworten sucht, einen Shortseller, der schon früh den Braten gerochen hat und zynische Kurznachrichten an die Verantwortlichen schreibt, auch Bundeskanzler Olaf Scholz kommt zu Wort. Nicht zuletzt begegnen wir einem verprellten Kleinanleger, dessen Leben aufgrund des Betrugs eine dramatische Wendung nimmt:

"Fast 40 Jahre lang ist Werner Tietjen zur See gefahren. Er hat sich um die Schiffsmotoren gekümmert, Hunderte Häfen gesehen und Stürmen getrotzt. Aber der Sturm, der die Wirecard-Pleite in seinem Leben auslöst, ist besonders gewaltig. Tietjen sitzt auf einem Stein und lässt seinen Blick über das graublaue Wasser streifen. Dann gehen wir ein paar Meter am Strand entlang bis zu seinem Haus, direkt hinter dem Deich: schwarze Dachziegel, rote Backsteine - typisch norddeutsch. (...) Am Küchentisch erzählt uns Tietjen, er hat in den vergangenen Jahren viel Geld gespart. 72.000 Euro. (...) Sein Haus ist in die Jahre gekommen, braucht bald eine Renovierung. Mit dem Geld ließe sich die locker bezahlen, aber soll es so lange auf dem Konto rumliegen, bis die Handwerker kommen? Am 4. Dezember 2018 investiert er laut Bankbeleg rund 31.000 Euro in Wirecard-Aktien. Im April und im Juni 2019 auch den Rest seiner Ersparnisse."

Tietjen verliert alles. Die Wirecard-Pleite hat ihn in den Ruin getrieben. Die Folge: Er muss nun als Rentner im hohen Alter wieder zur See fahren.

"Drei Firmen sind für Wirecard entscheidend. (...) Angeblich tragen nur diese drei Gesellschaften in den Jahren vor dem Zusammenbruch von Wirecard Hunderte Millionen zum Umsatz bei. Ohne sie würde das Unternehmen keinen Gewinn machen. Ein Teil der Umsätze, die das Aschheimer Unternehmen über diese Unternehmen abwickelt, wird für Wirecard von Treuhändern einbehalten und auf speziellen Konten aufbewahrt. Angeblich bis zu 1,9 Mrd. Euro. Dass dieses Geld bis heute nicht auffindbar ist, wird Wirecard das Genick brechen."

Eine aufwendige Recherche der Financial Times legt die ersten Unstimmigkeiten und deutlichen Hinweise auf einen Wirtschaftsbetrug offen. Sie reisen dafür auch nach Manila, dem Sitz einer der vermeintlich umsatzstarken Gesellschaften von Wirecard. Was sie vorfinden, ist verheerend. Der Artikel schreibt Geschichte.

"Wir sind dorthin gefahren, wo diese Firma angeblich registriert war, und wir fanden einen alten Fischer. Der hatte zunächst keine Ahnung, was Wirecard war. Irgendwann holte er einige Papiere hervor, auf denen stand, dass er sich dumm stellen soll. Unter einer zweiten Adresse fanden wir ein Busunternehmen. (...) Ich sagte, wir schreiben die größte, härteste Story, und dann müssen die zugeben, dass ihre Geschichten und ihre Einkünfte fake sind. (...) Wir publizierten auch interne Dokumente, Belege. Und dann bewegte sich was. Wir waren überzeugt, Wirecard bricht zusammen. Erstaunlich, wie lange das dann dauerte! Die Firma kämpfte wie eine in die Ecke getriebene Ratte!"

Nicht zuletzt kommt das Thema auch auf eine versagende Behörde zu sprechen – die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht), auf deren Einschätzung sich auch Tietjen verließ und die aufgrund dieses Skandals neu organisiert werden muss. Erstmals verhängte die Behörde im Zuge der fallenden Aktienkurse bei Wirecard ein Shortselling-Verbot:

"Die Finanzaufsicht prüft, ob Spekulanten, die mit fallenden Kursen Geld verdienen, gezielt Wirecard attackieren. Mit diesen Geschäften ist jetzt Schluss. Die Bafin hat sie für Wirecard-Aktien erstmal verboten."

Anleger und auch die ahnungslosen Konzernmitarbeiter sehen darin eine Bestätigung, dass an den inzwischen aufgekommenen negativen Gerüchten über geschönte Bilanzen und Tricksereien den Konzern nichts dran sein kann. Sie wurden ein zweites Mal getäuscht.

Und dann geht es natürlich auch um die Köpfe an der Konzernspitze, unter anderem Jan Marsalek, einen aufstrebenden Manager, der sich plötzlich als mutmaßlicher Milliardenbetrüger entpuppt, schließlich untertaucht und weltweit gesucht wird.

Wie gesagt, der reinste Krimi, den es sich auch nach zwei Jahren noch zu hören lohnt.

Wirecard – Betrugsskandal eines "Weltkonzerns"

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Kommentare 1
  1. Gabriele Feile
    Gabriele Feile · vor einem Jahr · bearbeitet vor einem Jahr

    Habe gerade ein tolles Buch gelesen, das auch von einer Betroffenen geschrieben wurde. Sie hat 75.000 Euro verloren, als Wirecard abstürzte. Sie hat das Beste daraus gemacht. Hier der Link zum Buch Rote Wirecard vom Universum: https://yourbook.shop/...

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