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Flucht und Einwanderung

"Seehofers 69" – eine vierteilige Spurensuche

Susanne Franzmeyer
Piqer für Radio Features
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Susanne FranzmeyerMontag, 12.07.2021

„Ich hab das so nicht bestellt“, scherzte Horst Seehofer lapidar, als zu seinem 69. Geburtstag 69 Menschen nach Afghanistan abgeschoben wurden.

Dass hinter jedem ein Einzelschicksal verborgen liegt, ein Leben voller Gewalt, getragen von der Hoffnung auf ein sicheres, besseres Leben in Europa, und dass es ein Skandal ist, diese mitunter bestens integrierten und motivierten jungen Menschen ihrem ungewissen Schicksal in einem für Leib und Leben gefährlichen, ihnen fremden Herkunftsland auszusetzen – das kann die Hörerschaft nun auszugsweise hautnah nachempfinden in der Coproduktion von Deutschlandfunk mit dem Norddeutschen Rundfunk „Seehofers 69“ von Armin Ghassim und Annette Kammerer.

„Viele haben damals den Eindruck, dass es vor allem vom Glück abhängt, ob ein Afghane Asyl bekommt oder nicht. Und vier Monate nach der Bombe vor der deutschen Botschaft beginnt Deutschland wieder abzuschieben.“

Warum hat es dein Cousin geschafft, warum nicht du? Mit solchen Fragen werden nach Afghanistan Abgeschobene konfrontiert. Zeitweilig gab es einen Abschiebestopp, dann wieder sollten nur Straftäter, so genannte Gefährder und Identitätsverweigerer abgeschoben werden. Doch auch diese Einschränkung wird irgendwann wieder aufgehoben. Die hier Porträtierten haben nichts verbrochen. Sie waren gut integriert, sprechen verständliches Deutsch und hatten Zukunftspläne. Amir hatte einen Ausbildungsplatz in einem Bamberger Elektrobetrieb sicher. Trotzdem bekommt er einen Ablehnungsbescheid für seinen Asylantrag und soll binnen 30 Tagen ausreisen.

„Ich habe gedacht, ich werde nicht abgeschoben nach Afghanistan, weil ich kein Straftäter bin. In Deutschland ich habe immer die Schule besucht und deswegen hatte ich gar keine Angst.“

Auch Basir und Abdul haben Ausbildungsverträge in der Tasche. Alle in ihrem Umfeld wägten sie deshalb in Sicherheit, trotz ihrer abgelehnten Asylanträge. Beide freuten sich darauf, bald als Hotelfachkraft und Pflegekraft in einem Seniorenheim anzufangen. Doch es kam anders.

„Es ist noch dunkel, als am 3. Juli 2018 in ganz Deutschland Hunderte Polizisten aus ganz Deutschland ausschwärmen für einen Einsatz, der in den 'Best Rück Luft' von 2016 geregelt ist. Den „Bestimmungen für die Rückführung ausländischer Staatsangehöriger auf dem Luftweg“.

Bei Basir, Amir und Abdul rücken am frühen Morgen Polizisten an. Das Vorzeigen von Ausbildungsverträgen und Zertifikaten hilft nichts. Es ergeben sich dramatische Szenen.

„Die Nachbarin hat es mitbekommen, dass die da waren, die muss gerade aufgestanden sein zum Arbeiten. Und er hat geschrien (…) Er hatte nichts dabei. Also er hatte nichts, nur das, was er anhatte, ne Hose, T-Shirt und, ich glaub, Socken, (…) keine Schuhe, keine Tasche... nichts.“

Die Podcast-Macher spüren den abgeschobenen 69 Seehofers nach, versuchen ihre Fährten in Afghanistan zu finden. Ein schwieriges Unterfangen. Viele lassen sich nicht mehr bei ihren Familien blicken, um die Eltern nicht zu bedrücken oder da sie durch die Abschiebung „ihr Gesicht verloren“ haben. Ihnen haftet ein schlechter Ruf an, da sie es nicht geschafft haben. Da man sie nicht wollte. Viele Angehörige denken, sie müssen etwas verbrochen haben – warum sollte man sie sonst abschieben?

Zurück in Afghanistan werden die Rückkehrer mit einem Betrag von umgerechnet etwa 50€ und drei Nächten in einer heruntergekommenen Unterkunft abgespeist. Die versprochene vermeintliche Hilfe und Unterstützung vor Ort ist lächerlich. Danach verlieren sich ihre Spuren.

Die Lage in Afghanistan ist kritisch und gefährlich. Immer wieder gibt es Bombenexplosionen, immer wieder gehen die Taliban brutal gegen die Bevölkerung vor. Von denen, die einmal nach Deutschland gelangten, will hier keiner bleiben.

Viele versuchen es erneut. Einer von ihnen taucht plötzlich in Moria wieder auf, wo er mit seiner Familie in einem dürftigen Zelt unterkam. Das ist immer noch besser, als in Afghanistan von der Familie isoliert und in Angst zu leben ...

Die halbstündigen Podcast-Folgen sind einzeln abrufbar und untereinander verlinkt.

"Seehofers 69" – eine vierteilige Spurensuche

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Kommentare 2
  1. Maximilian Rosch
    Maximilian Rosch · vor mehr als 2 Jahre

    Passend dazu Mohamed Amjahids gestriger piq "Vier wichtige Punkte zum Streit um Abschiebungen nach Afghanistan": https://www.piqd.de/fl...

  2. Susanna Sandvoss
    Susanna Sandvoss · vor mehr als 2 Jahre

    Diese Partei sollte endgültig das "Christlich" aus ihrem Namen streichen. Und Herr Seehofer mal nach Afghanistan reisen. Zwei Wochen "Überlebenstraining". Widerlich, diese Unmenschlichkeit!

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