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Liebesbriefe vom Deutschlehrer – über Machtmissbrauch in der Schule

Susanne Franzmeyer
Piqer für Radio Features
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Susanne FranzmeyerSonntag, 10.04.2022

In ihrem Feature "Der rosa Elefant im Klassenraum" erzählt die Autorin Britta Rotsch eine bewegende persönliche Geschichte, denn als junge Abiturientin musste sie die Erfahrung machen, wie ihr Deutschlehrer begann, ihr Liebesbriefe zu schreiben.
Das Überzeugende an diesem Feature ist nicht nur die eindrückliche Erzählweise, die die Hörerschaft Schritt für Schritt mit in die Geschichte hineinzieht, sondern auch die scheinbare Ambivalenz der Erzählerin, die die Avancen ihres um Jahrzehnte älteren Lehrers einerseits mit einer gewissen Faszination und andererseits tiefem Abscheu noch weit über das Abitur hinaus erträgt. Immer noch hat sie den Ordner mit all seinen E-Mails, die regelmäßig zu Geburtstagen und anderen Gelegenheiten bei ihr ankommen.

"Dass Lehrer häufiger Fehler machen und Grenzen überschreiten, scheint weit häufiger der Fall zu sein, als manche sich zu glauben trauen. (...) Von einer Therapeutin habe ich erfahren, dass vor allem Frauen Opfer von Machtmissbrauch sind und es ein häufiges Thema in Therapiesitzungen ist. Studien und verlässliche Zahlen gibt es dazu kaum. Einer der Gründe ist die Frage: Wo beginnt emotionaler Missbrauch und wo endet er?"

Dass der Lehrer höchst übergriffig gehandelt hat und inwiefern sein Verhalten mit ihren heutigen Panikattacken zu tun hat, wird der Erzählerin erst im Laufe der Auseinandersetzung mit dieser Erfahrung klar. Auszüge aus den E-Mails des Lehrers verdeutlichen in zunehmender Weise, wie manipulativ der Lehrer hier ein junges Mädchen, das vor seiner Liebesbekundung noch keine solche hatte erfahren dürfen, beeinflusst und bedrängt.

"Ich möchte nichts tun, was dich irgendwie belastet, was es dir schwer macht, in die Schule zu kommen, was es dir schwer macht, zu lernen und Leistung zu bringen. Dabei überlege ich mir schon auch, ob dich mein Verhalten nur unbewusst drücken könnte. Andererseits: Ein bisschen nachdenken über mich sollst du ja schon."

Dass das alles unter den Augen eines komplett eingeweihten Lehrer*innenkollegiums geschah, ist umso erschreckender. Eine von ihnen trifft die Autorin auch zum Gespräch. Von der Lehrerin, die sich heute rechtfertigt, sie habe das alles damals einfach nur lächerlich gefunden und nicht ernst genommen – sie habe ja nicht geahnt, dass es einmal psychische Folgen für die damals 18-jährige Schülerin haben könnte – ist kein Wort der Entschuldigung zu hören.

Versuche der jungen Schülerin, sich vom Lehrer zu distanzieren, führten damals allerdings zu Reaktionen wie diesen:

"Wenn du zurückblickst, die letzten anderthalb Jahre – war ich wirklich zu dir der Kotzbrocken, als den mich hinzustellen du offensichtlich immer wieder Lust hast? Die Tatsache, dass ich dich liebe – löst sie bei dir nicht mehr aus, als bei mir irgendwelche Makel und Mängel zu suchen, um mich dann der moralischen Unzulänglichkeit zu bezichtigen?"

Am Ende stellt sich die Autorin, für die MeToo eine Befreiung war, die Frage, wie viele andere Mädchen und junge Frauen wohl ähnliche Erfahrungen gemacht haben, und wie häufig sie heute noch gemacht werden. Allein ich kenne auch etliche Geschichten und Gerüchte aus der Schul- und Studienzeit und sicher sind das keine Einzelfälle. Es bleibt also nur, wachsam zu sein, Anzeichen zu erkennen, betroffene Schüler*innen ernst zu nehmen und den rosa Elefanten im Klassenraum zu erkennen. Doch das reicht nicht. Der Elefant muss auch als eindeutig fehl am Platz benannt werden, denn er gehört nicht ins Klassenzimmer und rosa ist nicht seine Farbe. Er kann in jungen Seelen viel Porzellan zerschlagen, das sich nicht wieder zusammenflicken lässt.

Dass junge Menschen solche Übergriffe nicht immer gleich als emotionalen Missbrauch einordnen können, wird hier sehr deutlich. Es braucht also vor allem auch eine aufmerksame Umgebung und ein geschultes Kollegium, das für solche Fälle feine Antennen entwickelt und betroffenen Schüler*innen Schutz bietet.

Liebesbriefe vom Deutschlehrer – über Machtmissbrauch in der Schule

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