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Medien und Gesellschaft

'Immer soll die Sonne scheinen' – Ostdeutsche und die Russen

Susanne Franzmeyer
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Susanne FranzmeyerMontag, 31.05.2021

Das Lied „Immer soll die Sonne scheinen“, in dem ein kleiner Junge vom Frieden singt, und das ich noch von der Schallplatte „Der Friedensmaler“ von Frederik Vahle aus meiner Kindheit in Westberlin kenne (und dank Vahle immer noch auf Deutsch, Russisch, Englisch und Französisch mitsingen kann) - dieses Lied war eines der bekanntesten Kinderlieder in der Sowjetunion. Im Feature „Die Russenversteher – von einem ambivalenten Verhältnis der Ostdeutschen“ von Alexa Hennings ist dieses Lied für mich äußerst passend gewählt, um die im Osten verbreitete Sehnsucht und den Wunsch nach Frieden, Freundschaft und Brüderlichkeit im Verhältnis zu den Russen auszudrücken. Hier kommen viele ostdeutsche Stimmen zu Wort, die eine Haltung zu Russland und den Menschen dort haben - und diese ist durchaus reflektiert.

„Ich habe eben einfach die Erfahrung gemacht, dass ‚die Russen‘ nicht einfach ein politischer Feind sind, sondern dass das Menschen sind, die sehr liebenswürdig sein können.“

Klar ist bekannt, dass viele Ostdeutsche allein aufgrund ihrer Geschichte eine andere emotionale Bindung zu Russland haben - sei es, weil sie den Sozialismus indoktriniert bekamen, weil sie in der Schule Russisch lernten oder an Austauschprogrammen teilnahmen, die viele Menschen in der ehemaligen DDR sicherlich oft positiv geprägt haben mögen. Dass ihre heutige Haltung zu Russland teilweise ebenso kritisch ausfällt, dabei aber deutlich differenzierter ist, hat mich beeindruckt. Und dass man auch mit "westdeutschem" Hintergrund die geschichtlichen Ereignisse im Blick behalten sollte, die unser Land positiv geprägt haben, oder dass man einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Leid nicht aus den Augen verliert, das die Deutschen einstmals über die Russen gebracht haben - das wird heute angesichts der Politik Putins gerne unter den Teppich gekehrt oder gerät zunehmend in Vergessenheit.

„Es gab einen Konsens darüber, was das sowjetische Volk im Zweiten Weltkrieg gelitten und geleistet hatte. Den Begriff ‚Tag der Befreiung‘ für den Tag des Kriegsendes am 8. Mai hatten Ostdeutsche längst verinnerlicht, als Richard von Weizsäcker als erstes westdeutsches Staatsoberhaupt im Jahr 1985 davon sprach. Die große - in der Bundesrepublik eher nicht verbreitete - Erzählung von den Leistungen der Roten Armee und die Achtung vor den mehr als 20 Millionen sowjetischen Opfern hat viele Menschen zwischen Oder und Elbe tief geprägt.“

Wenn es mich jemals nach Moskau verschlagen sollte, dann werde ich mir auf keinen Fall den ‚Park des Sieges‘ – DEN Gedenkort für die sowjetischen Opfer – entgehen lassen, der beim Ostdeutschen Holger Hempel tiefen Eindruck hinterlassen hat – so wie seine Erzählung bei mir:

„Und dann gibt es einen langen Tunnel, einen langen Weg, und jetzt hängen dort – jetzt nageln Sie mich nicht fest – 20 oder 22 Millionen geschliffene Glasperlen von der Decke. (…) Diesen langen Weg, den Sie da gehen, im Hintergrund diese schwere russische Musik, und dann ist dort hinten eine kniende Mutter als Riesenstatue, die ihren toten Sohn in der Hand hält. (…) Was in Leningrad los war, die Blockade, was in Stalingrad los war, das ist alles in Riesendioramen nachgebaut worden. Der Sturm auf das Brandenburger Tor, auf den Reichstag, ist dort nachgestellt. (…) es müsste `ne Pflichtveranstaltung sein für jede deutsche 10. Klasse, einmal im ‚Park des Sieges‘ in Moskau zu sein. Dann würde es gar keinen Rechtsradikalismus mehr geben. Das Elend, was wir als Deutsche über die Welt gebracht haben… Begegnung ist das A und O.“

Dieses Feature – und alle darin enthaltenen Stimmen – sprechen sich vor allem für eines aus: Haltet Kontakt, tretet miteinander in Austausch und meidet nicht den Dialog. Denn so widrig die politischen Umstände sein mögen – es steckt mehr in Russland als ein Putin. Auch viele Menschen dort leiden unter dem System. Den Kontakt zu den Menschen dort zu erhalten und zu pflegen, das ist nicht nur für die Völkerverständigung gut, es ist immer auch ein wichtiger Beitrag zum Frieden, den es zu erhalten gilt.

Regie: Claudia Kattanek, Produktion: Deutschlandfunk 2021, Länge: 43‘54

'Immer soll die Sonne scheinen' – Ostdeutsche und die Russen

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Kommentare 1
  1. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor fast 3 Jahre · bearbeitet vor fast 3 Jahre

    o wie könnten wir heute mit Russland leben und mit "den Russen", angesichts der positiven Aufbruchstimmung nach der Wiedervereinigung und der Demokratiesierung Russlands...
    Ganz simpel und symbolisch markiert für mich durch die damals entstehenden Serien und Filme in denen die Russen eben keine Feinde oder Unterdrückte etc waren - sondern neue Freunde Partner Verbündete.
    und jetzt?
    Zum Teil ist es schlimmer als zuletzt im Kalten Krieg.
    zum Teil natürlich völlig anders weil uns Autokratie und (Staats)Mafia doch so bekannt erscheinen, so ...westlich (wenn man beispielsweise an das frühere Italienbild erinnert).

    was war nicht alles für ein paar Jahre möglich.

    und jetzt?

    Das Gute ist: wenn wir eines gelernt haben 1989 etc., dass nichts ewig bleibt. Dass sich alles ändern kann. Die Menschen wollen Freiheit Teilhabe Wohlergehen - und wir leben eben nicht mehr in den 90igern.

    Spätestens wenn Putin oder Lukaschenko nicht mehr sind wird wieder vieles aufbrechen.
    Wäre natürlich den Russen und der Welt zu gönnen, dass vorher - vielleicht sogar relativ unblutig und demokratisch - ein Wandel geschafft wird.

    Den Menschen zu liebe.

    ps: "Russenversteher" brauchen wir mehr denn je.
    differenziert denkende (- keine Jubelperser von LINKEN oder AFD.)

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