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Medien und Gesellschaft

SZ-Wertepapier: Diese zehn Punkte sollen der Kompass der Süddeutschen Zeitung sein

Simon Hurtz
Journalist, Dozent, SZ, Social Media Watchblog

Mag es, gute Geschichten zu erzählen.
Mag es, gute Geschichten zu lesen.
Mag es, gute Geschichten zu teilen. Das tut er hier.
Mag es gar nicht, in der dritten Person über sich zu schreiben.

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Simon HurtzDienstag, 14.07.2020

Die SZ ist mein wichtigster Auftraggeber. Nach vier Jahren als Redakteur in München arbeite ich nun als freier Autor in Berlin. Deshalb hatte ich mit der Entstehung dieses Wertepapiers nichts zu tun und denke, dass ich es unvoreingenommen und objektiv piqen kann.

Der Redaktionsausschuss hat gemeinsam mit vielen Kollegïnnen zehn Punkte erarbeitet, die "als Kompass die Richtung weisen [sollen], in die sich die SZ entwickeln muss, um auch in Zukunft an der Spitze des Qualitätsjournalismus zu stehen."

Das ist nahezu die einzige Formulierung, die ich nicht mag. Muss es die Spitze sein, braucht es den Vergleich mit anderen? Das Q-Wort war schon 2015 überstrapaziert, und ich finde nicht, dass es gut gealtert ist. Vielleicht gibt es keinen besseren Begriff, um Recherche und Prinzipien von sensationslustigen Schlagzeilen abzugrenzen, aber mich schrecken solche Selbstvergewisserungen eher ab.

Auf die Präambel folgen zehn Grundwerte, die ich vorbehaltlos unterstütze. Die Texte sind sprachlich klar und erfreulicherweise gegendert – für die SZ alles andere als selbstverständlich. Sie wirken nach vorn in die digitale Zukunft gerichtet, statt goldenen Print-Zeiten nachzutrauern.

Natürlich reichen schriftliche Werte nicht aus, sie müssen auch gelebt werden. Aber ich halte dieses Papier für eine gute Grundlage und freue mich, dass die Kollegïnnen ein Selbstverständnis formuliert haben, mit dem ich mich identifizieren kann.

Das sind die zehn Eckpunkte – die vollständigen Erklärungen findet ihr bei der SZ:

1. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Süddeutschen Zeitung begreifen sich über alle Ressorts und Veröffentlichungskanäle hinweg als eine Redaktion.

2. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SZ hören einander zu, unabhängig von Alter, Geschlecht, Hierarchie und Betriebszugehörigkeit.

3. Die Süddeutsche Zeitung ist ein vertrauter, unbestechlicher, neugieriger, offener, kluger und wenn möglich heiterer Freund und Begleiter.

4. Die tiefe regionale Verankerung ist ein Alleinstellungsmerkmal, das die SZ in Stil und Ton besonders prägt.

5. Die Süddeutsche Zeitung versteht sich als Leuchtturm in einer unruhigen und unübersichtlichen Welt.

6. Ein guter Text ist ein guter Text, egal, ob dieser digital ausgespielt oder gedruckt wird. 

7. Die Redaktionsmitglieder sind offen für die journalistischen Möglichkeiten neuer Kanäle und Technologien. 

8. Die Redaktion versteht Zahlen und Daten als Chance und nutzt sie, ohne sich zu deren Sklaven zu machen. 

9. Die SZ-Identität ist in allen ihren Produkten – ob analog oder digital – deutlich spürbar.

10. Leserinnen und Nutzer verändern sich ebenso rasant wie die Redaktion. Es gilt, ein neues und offenes Verhältnis auf Augenhöhe zu begründen. 

SZ-Wertepapier: Diese zehn Punkte sollen der Kompass der Süddeutschen Zeitung sein

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Kommentare 10
  1. Gabriele Feile
    Gabriele Feile · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

    Wie sich hier bestätigt, ist es nicht einmal für Profis einfach, Werte zu formulieren. Die vielen Worte, die hier gebraucht werden, zeigen, dass viel erklärt werden muss. Das passiert oft dann (in Unternehmen z.B.), wenn man etwas verfassen will, mit dem sich alle wohlfühlen und sich wiederfinden. Ein klares Profil entsteht so leider nicht. Wenn ich nicht gewusst hätte, dass es um die SZ geht, hätte das von fast jeder anderen großen Zeitung stammen können. Eine Frage: warum muss man das überhaupt veröffentlichen?

    In gut geführten Unternehmen ist es in der Regel so, dass Werte diejenigen des/der Unternehmer:in sind und man sich daran orientieren kann, um zu entscheiden, ob man dabei sein will. Womöglich gibt es ganz klare Werte noch aus der Gründung der Süddeutschen? Und womöglich sind diese nach wie vor stimmig und gültig? Das fände ich interessant zu lesen.

  2. Alexander Sängerlaub
    Alexander Sängerlaub · vor mehr als 3 Jahre

    Das klingt richtig peinlich, was die Süddeutsche da zu Papier gebracht hat. Wenn sie ein junges Tech-Start-Up aus Berlin wär, dass sich schnell noch mal seiner Werte vergewissern möchte, hey, nice! Aber als altes Flaggschiff ist das schon ein ziemliches Armutszeugnis (vor allem, wenn es scheinbar nicht so gelebt wird). Aber da prallen wahrscheinlich wirklich Journalismuskulturen aus verschiedenen Welten aufeinander und alleine diese einfachen Zeilen haben vermutlich schon intern einiges an Kraft gekostet. Für meine Hoffnung auf besseren Journalismus, verdüstert sich eher mein Bild.

    1. Simon Hurtz
      Simon Hurtz · vor mehr als 3 Jahre

      Was findest du daran peinlich? Na klar, der Großteil davon sind Selbstverständlichkeiten. Genauer gesagt: Sie sollten es sein. Aber ich weiß, dass es nicht leicht ist, so etwas intern durchzubringen.

      Vielleicht prägt das mein Bild zu sehr. Aber diese Werte sollen ja auch nicht in erster Linie nach außen wirken, sondern den kleinsten gemeinsamen Nenner der Redaktion vorgeben. Ich finde das sinnvoll. Am Ende geht es auch nicht nur darum, was da steht, sondern dass viele Kollegïnnen gemeinsam an so einem Papier arbeiten und sich austauschen. Allein das hilft, Gräben zu schließen.

      Schau dir nur an, was gerade bei der New York Times passiert (das meine ich: https://www.bariweiss....). *Da* prallen Welten aufeinander. Das sind Konflikte, die gerade in jedem Medienhaus stattfinden.

    2. Alexander Sängerlaub
      Alexander Sängerlaub · vor mehr als 3 Jahre

      @Simon Hurtz Genau das, was du sagst. Das man hier Selbstverständlichkeiten zu Papier gebracht hat. Viele Dinge klingen so, als ob sie 2005 noch wichtig gewesen wären, aufzuschreiben, wie Offenheit gegenüber Technologien oder das Texte unabhängig vom Ausspielweg gut sein sollten. Dass man das alles in den Verlagshäusern noch 2020 ausbuchstabieren muss, wirft einfach ein Schlaglicht auf die Branche, die im Digitalen mir schlichtweg verloren scheint. Vielleicht hat aber auch der Generationswechsel zu lange gedauert, man hat zulange am Papier gehangen, etc. Was mich beunruhigt ist, dass Menschen unter 25 nicht mal wissen, was "Süddeutsche" ist. Und sich dafür auch nicht interessieren. Der Gap zur Mediennutzungsrealität der kommenden Generationen ist einfach zu groß, um noch geschlossen zu werden, wenn man 2005er Selbstverständlichkeiten erst mal aushandeln muss.

    3. Simon Hurtz
      Simon Hurtz · vor mehr als 3 Jahre

      @Alexander Sängerlaub Danke für deine Erklärung. Jetzt verstehe ich es besser. Ich glaube, ich sehe das einfach aus einer anderen Perspektive: Ich bekomme seit fünf Jahren die Transformationsprozesse in mehreren großen deutschen Medienhäusern direkt mit, weil ich dort selbst arbeite oder gute Freundïnnen dort arbeiten.

      Es gibt dort sehr viele kluge, progressiv denkende Menschen – aber eben auch starke Beharrungskräfte, die ein Grund für die Situation sind, in der viele Verlage heute stecken.

      Für Außenstehende wirkt das wohl seltsam, aber ich freue mich zum Beispiel sehr, dass wir diesen Text gendern. Vor ein paar Jahren wäre das nicht passiert.

      Oder allein der erste Punkt:
      "Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Süddeutschen Zeitung begreifen sich über alle Ressorts und Veröffentlichungskanäle hinweg als eine Redaktion."

      Ja, ich weiß, das mutet banal an. Aber glaub mir, das ist es nicht (und zwar nicht nur bei der SZ).

    4. Daniela Becker
      Daniela Becker · vor mehr als 3 Jahre

      @Simon Hurtz Ich hab's aufgemacht in der Hoffnung es sei ein wegweisendes Statement und Bekenntnis à la Guardian - und war dann komplett entgeistert.

    5. Alexander Sängerlaub
      Alexander Sängerlaub · vor mehr als 3 Jahre

      @Simon Hurtz Bin ja ganz bei dir und ich beobachte das ja auch ziemlich genau (auch über Freundïnnen). Meine Entscheidung als Journalist nicht in große Häuser zu gehen, hatte immer viel damit zutun, dass ich mir diesen Kulturstreit und die Beharrungskräfte nie antun wollte. Und weil ich immer vieles vom journalistischen Verständnis der alten Dickschiffe nicht mehr zeitgemäß fand/finde.

      Aber hey, wenn die Transformationsprozesse vorankommen und sich was bewegt – ich bin immer der erste, der sich freut. Nur bereitet mir mein anderer Blick als Kommunikationswissenschaftler eben Sorgen, dass diese Transformation nicht mehr gelingen wird (kaputte Geschäftsmodelle, verlorene Mediengenerationen, Innovationsfeindlichkeit, etc.).

    6. Simon Hurtz
      Simon Hurtz · vor mehr als 3 Jahre

      @Alexander Sängerlaub Da bin ich komplett bei dir. Und sagen wir es so: Es gibt mehrere Gründe, warum ich nicht mehr fest in München, sondern frei in Berlin arbeite. Einen davon hast du gerade genannt.

  3. Dorit Kowitz
    Dorit Kowitz · vor mehr als 3 Jahre

    Lieber Simon Hurtz, Sie schreiben sonst klug und picken kritisch Texte heraus. Ich freue mich oft über Ihre Hinweise. Aber hier staune ich, wie naiv und blauäugig Sie einem Framing aufsitzen. Vielleicht liegt es an Berlin und der Entfernung. Nur mal so: Gerade ist eine designierte Chefredakteurin (ja, zufällig eine Frau) quasi schon vor Antritt entmachtet worden, indem man ihr komplett neu umgebaute Ressorts und Ressortleitungen vor die Nase setzt, ohne ihre Expertise abzuwarten, ohne ihr Zutun. Peinlich auch öffentlich seit dem Bericht aus der Berliner Zeitung. Dekorierte SpitzenschreiberInnen verlassen das Blatt. Teils langweilige, immer weiße, und alles nicht mehr junge Männer haben sich schnell noch Posten zugeschustert, denen dem Erleben und Vernehmen nach zumindest einige noch nie gewachsen waren (künftige Zusammensetzung der Chefredaktion). Diversität und Öffnung? Gleichberechtigung? Abgesehen davon sind diese „Werte“ solche (selbstverständlichen) Allgemeinplätze, dass man sich fragt, was eigentlich mit der Süddeutschen los ist, wenn sie es für nötig hält, sich die aufzuschreiben: Vergisst sie die sonst? Oder ist es drängend geworden, weil sie sich zu oft nicht nach diesen Werten richtet? Fragt, rhetorisch, eine treue Abonnentin und Ehemalige der SZ

    1. Simon Hurtz
      Simon Hurtz · vor mehr als 3 Jahre

      Liebe Dorit Kowitz, herzlichen Dank für Ihre ausführlichen Anmerkungen! Ich stimme Ihnen zu: Einiges von dem, was gerade in der SZ passiert, macht mir Sorgen. In den vergangenen Monaten haben etliche Redakteurïnnen gekündigt – und es ist kein Zufall, dass darunter viele Frauen waren.

      Als ehemaliger Redakteur, der immer noch täglich Kontakt zu den Kollegïnnen in München hat, bin ich aber der Falsche, um das öffentlich auszubreiten. Außerdem hat das kaum etwas mit diesem Wertepapier zu tun. Das wurde ja ausdrücklich vom Redaktionsausschuss erarbeitet, der die Belange Redaktion gegenüber der Chefredaktion vertritt. Ich schätze den Ausschuss für seine Arbeit sehr und identifiziere mich mit diesem Papier.

      Dass das erstmal nur unverbindliche Absichtserklärungen sind, habe ich ja selbst zur Sprache gebracht:
      "Natürlich reichen schriftliche Werte nicht aus, sie müssen auch gelebt werden."

      An dieser Stelle ging es mir darum, die Ziele zu diskutieren, nicht den Status Quo. Erstere halte ich für sinnvoll, an Letzterem gibt es einiges zu kritisieren. Aber das werde ich nur intern machen, nicht öffentlich.

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