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Medien und Gesellschaft

Medien fallen auf Donald Trump herein – genau wie schon 2016

Simon Hurtz
Journalist, Dozent, SZ, Social Media Watchblog

Mag es, gute Geschichten zu erzählen.
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Mag es, gute Geschichten zu teilen. Das tut er hier.
Mag es gar nicht, in der dritten Person über sich zu schreiben.

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Simon HurtzDienstag, 22.09.2020

Am 3. November wird in den USA gewählt, und noch ist völlig offen, wer danach im Weißen Haus sitzt. Klar sind nur zwei Dinge: Der Ausgang der Wahl wird nicht nur die Vereinigten Staaten prägen, sondern die ganze Welt. Und wenn Donald Trump gewinnt, werden Medien maßgeblich dazu beigetragen haben.

Damit meine ich nicht nur Fox News und Trumps neuen Haussender One America News Network. Auch seriöse Redaktionen, die kein Interesse daran haben, dem wohl größten Lügner und schamlosesten Rassisten in der langen Geschichte der US-Präsidenten zu einer zweiten Amtszeit zu verhelfen, lassen sich von Trump instrumentalisieren.

Dabei wiederholen Journalistïnnen die Fehler, die sie bereits vor vier Jahren begangen haben: Sie fallen auf Trumps Provokationen herein und räumen ihm erneut Titelseiten und Sendeflächen ein, die er sich sonst für Milliarden Dollar erkaufen müsste.

Natürlich musste man 2016 berichten, was der Kandidat der Republikaner sagt. Erst recht kann man einen demokratisch gewählten Präsidenten nicht ignorieren. Die Frage ist auch nicht das Ob, sondern das Wie der Berichterstattung. James Fallows beobachtet dabei dieselben Mechanismen, die sich Trump bereits bei seinem Wahlsieg gegen Hillary Clinton zunutze machte. Er fühlt sich an den Film "Und täglich grüßt das Murmeltier" erinnert:

And we’re waking up in Groundhog Day, but so far without Bill Murray’s eventual, hard-earned understanding that he could learn new skills as time went on. For Murray, those were things like playing the piano and speaking French. For the press, in these next 49 days, those can be grappling with (among other things) three of the most destructive habits in dealing with Donald Trump. For shorthand, they are the embrace of false equivalence, or both-sides-ism; the campaign-manager mentality, or horse-race-ism; and the love of spectacle, or going after the ratings and the clicks.

Fallows steht den Demokraten nah. Er schrieb früher Reden für Jimmy Carter, und aus seinen Worten spricht der sehnliche Wunsch, dass der neue US-Präsident auf den Namen Joe Biden hört. Ich stimme ihm nicht in allen Punkten zu und bin überzeugt, dass Medien über Biden genauso kritisch berichten sollten wie über Trump, wenn sie glaubwürdig bleiben wollen.

Das ändert aber nichts daran, dass Fallow mit seiner Analyse viele wichtige Dinge anspricht. Medien lechzen nach Schlagzeilen, die knallen, nach Emotionen und Kontroverse. Diese Mechanismen spielen Trump in die Hände.

"Trump has played the media like a puppet", schrieb Margaret Sullivan, die kluge Medienkolumnist der Washington Post. "We’re getting better — but history will not judge us kindly." Ich fürchte, dass sie Recht hat.

Medien fallen auf Donald Trump herein – genau wie schon 2016

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Kommentare 9
  1. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor mehr als 3 Jahre

    both side-ism. etwas was auch bei uns oft etwas verfehlt als Grundsatz hoch gehalten wird. bzw. missverstanden als gleichen zeitanteil für jede auch abseitige Meinung

  2. Joachim Kraus
    Joachim Kraus · vor mehr als 3 Jahre

    Lieber Herr Hurtz,

    ich glaube, ich verstehe, was in dem von Ihnen gepiqten Artikel gemeint ist. Aber wird nicht, was eigentlich kritikwürdig ist, (sicherlich ungewollt) unterstützt, wenn man, von "Medien" spricht, die "maßgeblich dazu beigetragen haben (werden)"? "Medien" vernebelt, so meine Sorge, den Blick auf die tatsächliche Urheberschaft in jedem Einzelfall. Sind es nicht in erster Linie einzelne Autoren - leider enorm viele - nach deren Antrieb zu fragen wäre? Und vielleicht noch viel mehr nach ihrer persönlichen Befähigung im Beruf?

    Etwas zu schreiben, das geeignet ist, zur Kritikfähigkeit des Publikums beizutragen, verlangt wirkliche Kenntnis zum Zusammenhang teils komplexer Sachlagen, die zu erlangen es harter Arbeit und wirklichen Interesses bedarf. Ich erwarte nicht, dass sich jede tagesaktuell eingebundene Autorin die Arbeitsweise von Sarah Kendzior zum Vorbild nimmt. Aber immerhin Heather Cox Richardson gibt mit ihren Letters of an American ein Beispiel, was auch Tag für Tag geht, wenn jemand schon meint, "Trump" zum Thema machen zu sollen.

    Freundliche Grüße, jk.

  3. Christoph Zensen
    Christoph Zensen · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

    Eine Nachfrage, Simon. Du schreibst:

    "Ich stimme ihm nicht in allen Punkten zu und bin überzeugt, dass Medien über Biden genauso kritisch berichten sollten wie über Trump, wenn sie glaubwürdig bleiben wollen."

    Heißt "genauso kritisch" bei dir:

    a) gleich oft?

    oder

    b) nach gleichen Standards?

    Das Problem ist ja gerade, dass wenn die Presse gleiche Standards anlegen würde, es im Effekt zu einer krassen — aber gerechtfertigten — optischen Imbalance der Kritik führen würde. Das ist für die journalistische Tradition und Lehre aber kaum zu verdauen. Deswegen wurde "But her Emails" monatelang hochgejazzt, um eine gleich-kritische Berichterstattung zu erzeugen.

    Man bekommt diese Glaubwürdigkeit, auf die alle so scharf sind, offenbar nicht durch ehrliche Gleichbehandlung, sondern nur durch optische Gleichbehandlung.

    1. Simon Hurtz
      Simon Hurtz · vor mehr als 3 Jahre

      Wichtige Rückfrage, danke! Ich meine: Wir müssen dieselben Standards anlegen – was in dem Fall fast zwangsläufig darauf hinausfällt, dass die Berichterstattung über Trump deutlich negativer und kritischer wirkt, weil er eben auch deutlich mehr Unsinn von sich gibt.

      Nur glaube ich auch nicht, dass es sich Medien zur Aufgabe machen sollten, einen bestimmten Wahlausgang herbeizuschreiben. Menschen lassen sich ungern belehren oder sagen, was sie zu tun und wie sie zu wählen haben.

    2. Christoph Zensen
      Christoph Zensen · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

      @Simon Hurtz Danke für die Klärung, aber jetzt habe ich wieder eine Nachfrage.

      Für viele Leser würde es so wirken als versuchte eine Redaktion einen Kandidaten herbeizuschreiben, wenn sie bei Donald Trump und Joe Biden denselben Standard anlegte. Wie kann eine Redaktion kommunizieren, dass die Imbalance kein Versuch ist, einen Kandidaten durchzusetzen?

    3. Alexander Sängerlaub
      Alexander Sängerlaub · vor mehr als 3 Jahre

      @Christoph Zensen Man muss das Pferd halt von hinten aufzäumen und darf sich von den Kampagnenmachern eben nicht die tägliche Medienagenda vorgeben lassen. Nüchtern bis zur Wahl müsste das eigentlich heißen, sich jeden Tag einen Themenbereich vorzunehmen (z.B. einmal durchs Kabinett zu gehen) und zu berichten, ob in den letzten vier Jahren sich etwas verbessert oder verschlechtert hat (und was die Gegenseite als Lösung präsentiert). Das wäre zumindest der Journalismus, den ich mir wünschen würde.

  4. Christoph Zensen
    Christoph Zensen · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

    Gute Analyse von Fallows. Hier ein paar Vorschläge, wie man es besser machen kann:

    1. Horse-Race und Campain-Manager-Mentality (aka Cult of the savvy) durch #citizenagenda Journalismus ersetzen.

    https://www.piqd.de/us...

    2. In den USA sollten die großen Zeitungen Donald Trump als die Gefahr anerkennen, die er ist, und in einen Notfall-Modus switchen.

    https://www.piqd.de/us...

    1. Stefan Dierkes
      Stefan Dierkes · vor mehr als 3 Jahre

      Zu 1.: Glaubst du, dass ein citizenagenda wirklich mehr ist als der Versuch von Vox, mehr Community Engagement = lukrativere Anzeigen zu bekommen? Auch Vox agiert letzten Endes streng marktorientiert und hier haben sie eben eine clevere Nische gefunden. Letzten Endes ist es meiner Meinung nach nicht so wichtig, wessen Agenda Priorität ist, sondern wie Journalist:innen sie aufbereiten. Auch #citizensagenda bringt nicht automatisch guten Journalismus.

      Zu 2.: Finde Rosen's Ansatz spannend, aber was ist der Sinn eines Notfall-Modus und wie genau handeln Journalist:innen danach? Hab Rosen's Text dazu jetzt 2x gelesen und kann immer noch nicht mehr daraus lesen als das absolute Standard-Handwerk, das Journalist:innen immer befolgen sollten (include people from the rim, not only the center, focus on what he's doing, not what he's saying). Wird der Notfall-Modus dann auch bei einem Präsidenten Biden beibehalten, da auch danach die wirklichen Notfälle erhalten bleiben (Klima, Armut, Rassismus u.a.)? Wie gesagt, ich halte Rosen's Ansätze eher für ein zurück zu kritischem und selbstkritischem Journalismus (was ich gut finde), frage mich dann aber eher, wo diese Art von Journalismus auf der Strecke geblieben ist.

    2. Christoph Zensen
      Christoph Zensen · vor mehr als 3 Jahre

      @Stefan Dierkes Hallo Stefan,

      Danke für deine Fragen.

      Zu 1:
      Ich glaube Vox, dass es hier um ein besseres Modell für die Wahl-Berichterstattung geht. Die Diskussion über die Wahl-Berichterstattung 2016 war in den Redaktionen ein Riesenthema #but-her-emails. Ich glaube auch, dass man diesen besseren Journalismus auch machen könnte, ohne seine Community zu befragen, aber so bekommt die Redaktion eine besser Legitimation diese Themen aggressiver zu verfolgen.

      Rückfrage:
      "Letzten Endes ist es meiner Meinung nach nicht so wichtig, wessen Agenda Priorität ist"

      Kannst du das etwas ausführen? Ich kapiers nicht.

      Zu 2:
      Vielleicht könntest du die Frage unter meinem Piq zum Thema noch einmal stellen. Sonst verzetteln wir uns hier :)
      https://www.piqd.de/us...

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