Nicht nur Deutschland diskutiert seit Jahren intensiv über Impfungen, auch in Japan ist das Thema hochaktuell. Dort sieht es allerdings so aus, als würden die Impfskeptiker die Deutungshoheit davontragen. Der Streit entzündet sich an der Impfung gegen Humane Papillomviren (HPV), die vor allem Kindern und Teenagern im Alter zwischen 9 und 14 Jahren empfohlen wird. Das Virus gilt als Hauptauslöser von Gebärmutterhalskrebs.

Im Jahr 2014 machten in Japan Videos von Jugendlichen die Runde, die sich nach einer HPV-Impfung kaum auf den Beinen halten konnten. Die japanische Medizinjournalistin Riko Muranaka ist der Sache nachgegangen – und kam bald gemeinsam mit Experten darauf, dass die zur Schau gestellten Symptome wahrscheinlich nichts mit der Impfung zu tun haben. Demnach leiden ungeimpfte Teenager genauso oft an den rätselhaften Schwächeanfällen – ein Zusammenhang mit der Impfung ist also sehr unwahrscheinlich.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kam auch ein Gutachterkomittee der japanischen Regierung. Da hatten impfkritische Kreise die Geschichte aber längst aufgegriffen und das Unbehagen in der Bevölkerung stark angefacht. Die HPV-Impfquote ist dadurch in Japan von 65 auf vier Prozent gefallen. Riko Muranaka ist derweil zur Zielscheibe einer großen Diffamierungskampagne geworden – und wurde nun von einem Gericht schuldig gesprochen, da sie kritisch über die methodisch fragwürdigen Experimente eines impfkritischen Wissenschaftlers berichtet hatte.

Caroline Ring hat die bedrückende Geschichte für Spektrum.de aufgeschrieben.    

Was Riko Muranaka aufdeckte, war kein Pharmaskandal, sondern die Ursache der größten Impfkrise, die Japan je erlebt hat. Gezielte Kampagnen von Impfgegnern hatten eine Kaskade von Ereignissen ausgelöst, die ein funktionierendes Vorsorgesystem innerhalb weniger Monate und bis heute zum kompletten Zusammenbruch brachte. Riko Muranaka befragte Betroffene und Ärzte, sie entlarvte Fake News und Fake Studien. Ihr Engagement brachte ihr internationale Preise ein – und kostete sie beinahe ihre Karriere.