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Pop und Kultur

"Wir bewohnen, leider, die Realität" – Zeitlöcher, Big Brother und Realitätsschocks

Mascha Jacobs
Journalistin und Mitherausgeberin von Pop. Kultur und Kritik
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Mascha JacobsDienstag, 31.03.2020

Dieser Text des Schriftstellers Clemens Setz ist vom 22.3.2020. Auch wenn das erst eine Woche her ist und die folgende Aussage blitzschnell ein Allgemeinplatz geworden ist: Unser Zeitempfinden ist gerade gestört, Ereignisse der letzten Woche scheinen wie aus einem anderen Jahrhundert herüberzurufen. Aber irgendwie gleichzeitig durcheinander und seltsam klar. Die Zeit rennt, vieles geht viel schneller als sonst, alles eilt etwas weniger und wir hinken den Ereignissen hinterher. Mehrfach paradox. Auch die Bilder mit den Zeitlupen und Explosionen, die wir gerade ständig verwechseln.

Aber gut, ich will mich hier nicht in philosophischen Plattitüden verheddern, eigentlich ja nur diesen sehr lesenswerten, immer noch aktuellen, berührenden und lustigen Text anmoderieren. Und das geht wohl besser chronologisch.

Es ist erst eine Woche her, dass die Bewohner im "Big-Brother"-Container das erste Mal von Covid-19 erfuhren. Da hingen sie also schon ein paar Wochen in einem Zeitloch. Die meisten Bewohner waren am 10. Februar in das Haus eingezogen und hatten die fünf Wochen, in denen sich die verschiedenen Realitätsschocks der Epidemie ereigneten, nicht mitbekommen. Eigentlich sollen die Bewohner ja nichts von der Außenwelt erfahren, das ist eine der Spielregeln dieser Reality-TV-Show. Doch eine globale Pandemie setzte diese Regel außer Kraft. Clemens Setz beschreibt nicht nur die Reaktionen der Bewohner und ihrer Angehörigen, sondern auch seine Gefühle, während er die Show sah, in der die Bewohner mit der neuen Realität draußen konfrontiert wurden.

Eher erstaunte es mich, wie sehr es mich bewegte, den Moderator ständig davon berichten zu hören, wie „wir hier draußen“ das nun alles machen. Er schafft eine klare Differenz zwischen den Menschen in der Kapsel und uns, den Zuschauern. Wir bewohnen, leider, die Realität. Und in der machen wir dies und das nun anders.

Dass Clemens Setz eine Reality-Show brauchte, um die neuen Realitäten gänzlich zu realisieren, ist nicht nur eine gute Textidee. Die Gefühle hinken auch hier teilweise den Fakten hinterher, vermitteln sich über Vermitteltes. Auch ganz gut, der Moment im Text, als die Angehörigen die Big-Brother-Bewohner darauf aufmerksam machen, dass es derzeit kaum einen sichereren Ort als diesen Container gäbe:

In dem Moment stand ich auf, um in einen Becher zu brüllen, eine nervenschonende Maßnahme, die ich von einem Kakadu auf YouTube gelernt habe. „Ihr seid in der besten Quarantäne“, sagt ein anderer Angehöriger, „bleib also im Haus.“ Der Horror, der Horror. Niemand da draußen will sie zurück, sie werden beneidet, dass sie da drin eingesperrt leben. „Mach alles, dass du im Haus bleiben kannst.“ Das sind doch Menschen, dachte ich, und die erleben jetzt das. Ich könnte auch einer der Angehörigen sein. Hätte jemand aus meinem Bekanntenkreis sich dazu entschieden, in so ein „Big-Brother“-Haus zu gehen, ich würde ihm auch so eine Botschaft schicken, und mich dann selbst live im Fernsehen sehen, wie ich Trost spende für eine Situation, in der ich selbst nun mit Haut und Haaren stecke.
Weiterhin sei der Container einer der sichersten Orte in Deutschland, betonte gestern einer der Produzenten des Reality-TV-Formats im Gespräch mit dem Guardian:

It’s also the only place in Germany that doesn’t need to apply any social distancing measures, or handwashing routines, because we know all the contestants are healthy. The celebrities who were introduced to the house later on were all tested beforehand. If Angela Merkel had wanted to give her corona address to the nation from inside the Big Brother house, we would have let her in.
"Wir bewohnen, leider, die Realität" – Zeitlöcher, Big Brother und Realitätsschocks

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Kommentare 1
  1. Theresa Bäuerlein
    Theresa Bäuerlein · vor 4 Jahren

    "What a year this last week has been" ist der beste Meme-Spruch, den ich dieser Zeit gehört habe.

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