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Queerbaiting – was ist das und wem nützt es?

Margarete Stokowski
Autorin
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Margarete StokowskiFreitag, 25.06.2021

In diesem taz-Text untersucht Hengameh Yaghoobifarah das Phänomen "Queerbaiting". Anlass ist folgende Diskussion:

Vermarktet Billie Eilish sich zum Pride Month als queer, obwohl sie es vielleicht nicht ist?

Yaghoobifarahs Antwort darauf ist so kurz wie logisch:

Keine Ahnung, kann nur sie beantworten. Aber Gegenfrage: Ist man automatisch straight, nur weil man gerade einen Boyfriend hat? Der einzige Weg aus dieser Kritik heraus wäre in diesem Fall ein erzwungenes Outing.

Es gibt aber natürlich noch mehr zu dem Thema zu sagen. Wer das Phänomen nicht kennt bzw. den Begriff "Queerbaiting" noch nie gehört hat: Es heißt sozusagen "Leute mit Queerness ködern, wo keine ist". Es geht darum, dass etwas (üblicherweise ein kulturelles Produkt, z. B. eine Serie) mit einem mehr oder weniger expliziten Queerness-Gehalt angereichert oder vermarktet wird, obwohl nichts daran queer ist bzw. diese Queerness dann doch nie explizit gemacht wird. Klingt bisschen abstrakt, aber ich denke, so kann man es zusammenfassen. Ein Beispiel wären z. B. zwei männliche Filmfiguren, die irgendwie auffällig ambivalent oder lieb oder sonstwie speziell miteinander umgehen, deren Sexualität aber in der Geschichte nie ausbuchstabiert wird, sprich: Man weiß am Ende nicht, ob sie schwul sind oder bi oder hetero oder vielleicht auch asexuell oder was auch immer.

Queerbaiting ist ein Phänomen, das es in unterschiedlichen Formen schon seit einer Weile gibt, also eher Kategorie „alt“. In seiner ursprünglichen Definition jedoch bezieht Queerbaiting sich nicht auf die Performance von einzelnen Promis, sondern als eine Vermarktungsstrategie in Serien, Büchern und Filmen. Indem dort queere Plot-Lines und Figuren angedeutet, jedoch nie eindeutig als solche explizit werden, bleibt ein queeres Publikum am Ball, während ein konservatives nicht abgeschreckt wird. (...) 

Während es bei Billie Eilish tatsächlich unklar ist, ob sie nun queer ist oder nicht, gibt es Fälle, in denen es offensichtlicher war. Das wohl bekannteste Beispiel ist das russische Popduo t.A.T.u., das Anfang der 2000er durch sein Image als lesbische Schulmädchen bekannt wurden. (...) Die Gerüchte, ob die beiden Frauen wirklich zusammen waren, räumten sie in guter alter „No Homo“-Manier in einer Doku aus der Welt.

Unabhängig davon, wie explizit oder angedeutet Queerness in Musik oder Film oder wo auch immer stattfindet oder gespielt wird, bleibt natürlich die Frage, wie lange es immer noch so gehen muss, dass Leute immer wieder – teils im Wunsch nach Identifikation, teils aus Sensationsgier, teils aus Ablehnung – rätseln und spekulieren, ob eine Figur oder eine Persönlichkeit nun queer ist. Vor allem, solange ein bisschen gespielte Queerness für manche einfach ein edgy Image-Ding ist und für andere Menschen, die wirklich queer sind, Queerfeindlichkeit dazu führt, dass sie diskriminiert, bedroht oder getötet werden.

Ausgerechnet, wenn es um Abweichungen von Cis- und Heteronormativität geht, argumentieren Produzent_innen oder Autor_innen damit, Begehren und Identität lieber zu suggerieren anstatt die Dinge auszubuchstabieren. Komischerweise wird diese Diskretion selten auf Heterosexualität angewendet, diese wird dem Publikum eher zwanghaft ins Gesicht gehalten. Dabei hat das Geheimhalten von Queerness Geschichte, die sich zum Teil bis heute fortsetzt. Nicht ohne Grund spekulieren Queers über die Sexualität oder Geschlechteridentität verstorbener Bekanntheiten.

Wenn prominente Menschen sich – also, solange sie noch leben – als queer outen, dann kann das für viele queere Menschen extrem wichtig sein. Es kann aber gleichzeitig auch nicht sein, dass sie sich erst outen müssen, um z. B. in einem Video mit anderen jungen Frauen auf einem Sofa zu chillen.

Yaghoobifarahs Fazit:

Also, wie stehen zu Queerbaiting? Ein abschließendes Urteil fällt schwer. Einerseits kann auch offensichtliches Queerbaiting zumindest temporär queeres Vergnügen auslösen, und geht es beim Entertainment nicht genau darum: sich unterhalten fühlen und Spaß haben? Andererseits verschärft es manchmal die „No Homo“-Rhetorik, nach dem Motto: „Ih, spinnst du, ich bin doch nicht wirklich gay!“

Letztlich führt das Thema zurück zur Frage nach dem Sinn von Diversität und Repräsentation. Zwar kann es sich gut anfühlen, Vorbilder zu haben, doch letztendlich füttern diese Dinge den Kapitalismus und nicht den politischen Kampf. Und das ist nun wirklich nicht neu.

Queerbaiting – was ist das und wem nützt es?

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Kommentare 1
  1. Norbert Simon
    Norbert Simon · vor fast 3 Jahre

    Worte wie »Queerbaiting« oder »Quer« machen mir deutlich, dass alle an der Diskussion Beteiligten vor allem auf eins aus sind: Ab- und Ausgrenzung. Oder weshalb sonst wird es thematisiert, ob jemand „nur so tut als ob“, „es ist“ oder „das darf“?

    Die vermeintliche Notwendigkeit, dass alles einen eigenen Namen haben muss, rückt uns letztendlich nur weiter auseinander, macht uns verschiedener statt gleichberechtigter.

    Weshalb soll Homosexualität, Transgender, etc. „etwas besonderes“ sein? Es ist schlicht und einfach →normal←, dass Menschen Menschen lieben, unabhängig davon, ob die Klamotten oben oder/und unten ausgebeult sind.

    Selbstbestimmt ausgelebte Sexualität, ohne Zwang oder Druck auf Beteiligte, Ausnutzung Hilfloser, Wehrloser, Schutzbefohlener, …, sollte für uns alle schlicht selbstverständlich sein, oder?

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