Anna-Verena Nosthoff und Felix Maschewski haben eine sehr lesenswerte Besprechung des Buchs "Cloud Ethics" (2020) von Louise Amoore geschrieben. Eine Ethik der Cloud, also die Frage, wie sich (selbst-)lernende Algorithmen zur Rechenschaft ziehen lassen, wie falsches Entscheiden (also immer auch Handeln) nachgewiesen sowie bestraft und richtiges Entscheiden anerzogen werden kann – diese Frage ist zentral in aktuellen Debatten um Technologie und Gesellschaft (etwa mit Blick auf rassistische Bias von prädikativen Programmen der Polizei) und es gibt darauf keine einfachen Antworten, was nicht zuletzt daran liegt, dass sich niemand so schnell bereit erklären wird, die Verantwortung für die eigene Programmierung von Algorithmen zu übernehmen. Das Verantwortungsvakuum offenbart sich etwa im "ethical washing", das sich in Maßnahmen ausdrückt, "ein oder zwei Moralphilosoph*innen oder Corporate Digital Responsibility-Advokaten bei den Tech-Konzernen anzustellen". Eindrücklich warnen Nosthoff und Maschewski, die gemeinsam das Buch "Die Gesellschaft der Wearables" geschrieben haben, den Hang zu Ununterscheidbarkeit und Uneindeutigkeit, wie ihn "Cloud Ethics" hier und da an den Tag legt, philosophisch zu überhöhen und polit-ökonomisch unreflektiert zu lassen. Es spiele "denen in die Hände, die sich allzu gern im opaken Milieu des digitalen Überwachungskapitalismus aufhalten." Am Ende konfrontieren sie uns mit der Frage: "Was kann es heißen, offen zu legen, wenn die Grenze zwischen Opazität und Transparenz längst nicht mehr eindeutig nachvollziehbar ist?" Damit werfen sie die Frage nach der Ethik der Cloud zurück zu denen, die vor den Bildschirmen sitzen – den Kompliz*innen des digitalen Kapitalismus.