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Europa

Europas Green Deal bleibt kolonial!

Jürgen Klute
Theologe, Publizist und Politiker
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Jürgen KluteSamstag, 04.02.2023

Das jedenfalls sagt die Vorsitzende des Club of Rome, Mamphela Ramphele, in einem Interview mit der taz. Weshalb sie den Green Deal der EU für neokolonial hält und was genau sie damit meint, das erklärt sie dann im Laufe ihres Gesprächs mit taz-Redakteur Bernhard Pötter.

Ihre Kritik richtet sich keineswegs gegen eine Energiewende, sondern gegen die Art, wie die Europäische Union sie organisiert und mit ihren selbst gesteckten Zielen umgeht. Ramphele skizziert das an zwei Beispielen, die u. a. ihr Herkunftsland Südafrika betreffen, sehr eindrücklich:

„Europa hat den Green Deal beschlossen, aber dann Ende 2021 die Tür geöffnet zu dem, was ich neuen Kolonialismus nenne: Wenn man sagt, dass Gas und Atomkraft grün sind, öffnet das die Tür für Holländer und Franzosen, die vor der Küste des südlichen Afrikas nach Öl und Gas suchen. Das zeigt, dass es der EU mit ihrem Green Deal nicht ernst ist.“

Und:

„Ich nenne es neokolonial. Als der Krieg in der Ukraine begann, kamen die Europäer nach Afrika und verlangten mehr Gas und Kohle, wie der deutsche Energieminister in Südafrika. Die EU schnürte aber auf dem Klimagipfel in Glasgow 2021 ein Paket, genannt JETP, um Südafrika bei der Dekarbonisierung zu helfen. Jetzt aber holt sich Deutschland in Namibia Wasserstoff und bittet Südafrika, es mit Kohle zu versorgen. Es ist das Muster der Vergangenheit, das Muster des Kolonialismus.“

Ramphele forderte Europa auf, sich endlich von diesem kolonialen Muster zu emanzipieren und die Industrieländer fordert sie auf, kurzfristig Opfer bringen zu müssen, damit langfristig alle gut leben und überleben können. Sie nennt das „wiederherstellende Gerechtigkeit“.

Sie macht aber auch beim Club of Rome Defizite aus. Der, so Ramphele, sei lange sehr gut im Sammeln, Analysieren und Präsentieren von Daten gewesen. Was lange fehlte, sei „Herzenswärme“ gewesen, denn Wissen alleine reiche nicht aus, um Veränderungen auszulösen.

Ihre Hoffnung bringt sie am Ende des Interviews mit den folgenden Worten auf den Punkt:

„Als Ärztin weiß ich: Wachstum ist ein Krebsgeschwür. Ich wünsche mir, dass die internationale Gemeinschaft ihre Liebesaffäre mit dem Wachstum beendet. Was wir brauchen, ist ein Fortschritt, der uns, unsere Ökosysteme und unser kulturelles Leben bereichert.“

Europas Green Deal bleibt kolonial!

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Kommentare 9
  1. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor einem Jahr · bearbeitet vor einem Jahr

    Ich verstehe nicht, warum die Annahme, Atomkraft sei Grün, die Tür für die Suche nach Öl oder Gas öffnen soll? Das Gegenteil ist der Fall - wir bräuchten weniger Öl oder Gas. Und wenn jedes Wachstum ein Krebsgeschwür ist, dann müßten wir ja Embryos bleiben?

    1. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor einem Jahr

      Mamphela Ramphele hat von Gas und Atomkraft gesprochen, also von den beiden auch innerhalb der EU strittigen Einstufungen als grüne Energieträger, nicht allein von Atomenergie. Hätte sie das gemacht, wäre deine Kritik zutreffend. Gut, dass Wachstumsbild ist in der Tat etwas schillernd. Offensichtlich hat sie es aber nur auf Tumore bezogen. Das Wachstum von Embryonen ist im Unterschied von wirtschaftlichem Wachstum ja klar begrenzt. Das Wachstum von Tumoren hingegen endet, wenn es nicht gestoppt wird, in der Regel tödlich.

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor einem Jahr · bearbeitet vor einem Jahr

      @Jürgen Klute Ja, sie hat von beidem gesprochen. Aber AKW führen weg vom Gasbedarf und verkürzen die Brücke die Gas bilden soll. Und bei wirtschaftlichem Wachstum gibt es eben auch verschiedene Qualitäten, verschiedene Quellen und Phasen. Das zu übersehen führt dann zu den Fehldeutungen des Club of Rome. Ich hab immer den Eindruck, solche unlogischen, schwammigen Vermischungen und Metaphern zeugen von schwammigen Denken. Gut gemeint ….

    3. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor einem Jahr

      @Thomas Wahl Als schwammig und ungenau würde ich die Schätzungen des Club of Rome nun nicht bezeichnen und auch nicht als Fehldeutungen. Und Atomenergie ist m.W. keineswegs sauberer und erst recht nicht günstiger als Gas. Infolge des russischen Ausfalls von Gas und Öl zur Überbrückung vorhandene AKWs zu nutzen und für die Abschaltung vorgesehene AKWs – sofern sicherheitstechnisch und rechtlich möglich – für eine kurze länger laufen zu lassen ist ohne Zweifel eine Option. Aber das ist eben kein Ersatz für eine Energiewende, die zu einer spürbaren Verlangsamung der Klimaerwärmung führen soll.

      Dass aus Sicht des globalen Südens das Wirtschaftsmodell des globalen Nordens anders betrachtet wird als im Norden, ist nicht neu und wohl auch gut nachvollziehbar und begründbar. Aber das Wachstum – bei aller Unklarheit des Begriffs – ein Problem darstellt, wenn es um den Verbrauch von endlichen Ressourcen und der wachsenden Emission von CO2 und anderen Schadstoffen in die Atmosphäre geht, hat sich ja auch im Norden rumgesprochen und wird ist ja auch im globalen Norden mittlerweile spürbar.

      Mamphela Rampheles Sprache mag etwas griffiger sein als die farb- und leblose akademische Ausdrucksweise in Deutschland. Mit ihrer Feststellung, dass wir andere, klima- und umweltvertrgäliche Lebens- und Wirtschaftsformen entwickeln müssen, um überleben zu können als Menschen (der Planet kann auch gut ohne Menschen auskommen), liegt sie m.E. richtig trotz aller Blumigkeit ihrer Sprache. Anderen Ausdrucksformen und Beschreibungen der Welt gegenüber offen zu sein, kann unter Umständen auch dazu führen, den eigenen Denkhorizont zu erweitern. ;-)

    4. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor einem Jahr · bearbeitet vor einem Jahr

      @Jürgen Klute Na ja, nach den frühen Berichten des Clubs hätten wir heute gar keine Rohstoffe mehr zum verbrauchen. Sie haben also die Findigkeit der Menschen und die Endlichkeit der Ressourcen massiv unterschätzt. Daran ändert auch eine blumige Sprache nichts. Die ist nicht griffig sondern einfach unscharf. Da stimmt es dann genauso, das korrekte Sprache den Denkhorizont erweitern könnte. So wie blumige Sprache vielleicht den Gefühlshorizont.

      Dass wir andere, klima- und umweltverträgliche Lebens- und Wirtschaftsformen entwickeln müssen, ist glaub ich unbestritten. Vor allem auch um Milliarden Menschen zu wachsendem Wohlstand zu verhelfen. Die Frage ist nur wie?
      Mein Weg wäre dieser ,- )

      https://www.piqd.de/us...

  2. Dirk Liesemer
    Dirk Liesemer · vor einem Jahr

    Also so richtig kann ich die Aussagen nicht nachvollziehen. Wenn Holländer und Franzosen jetzt vor der Küste des südlichen Afrikas nach Öl und Gas suchen, dann gibt das den Ländern dort die Möglichkeit, entsprechende Lizenzen an die Europäer viel teurer als bisher zu verkaufen. Niemand kann einfach Südafrika um Kohle "bitten" und sich in Namibia Wasserstoff "holen". Und ob sich deren Regierungen wirklich wie Knechte verhalten, glaube ich nicht. Auf dem Foto oben wirkt Habeck auch nicht gerade wie einer, der auf kolonialer Macker macht. Und wenn das hinter den Bühnen und in den Verträgen anders aussieht, wäre das eine sehr wichtige Geschichte, aber dafür bleibt das Interview zu polemisch und unkonkret.

    1. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor einem Jahr · bearbeitet vor einem Jahr

      Mamphela Ramphele begründet ihre Kritik an der EU ja damit, dass die EU Gas und Atomenergie als "grün" eingestuft. Diese Einstufung ist ja auch innerhalb der EU umstritten. Und dass mit dieser Einstufung zumindest die Suche nach Gas vor afrikanischen Küsten als klimaverträglich legitimiert wird (im Blick auf Öl würde ich ihr nicht zustimmen), ist doch nicht von der Hand zu weisen. Zudem hat Bundeskanzler Scholz sich im Mai 2022 um eine Energiezusammenarbeit mit dem Senegal bemüht, um von dort wegbrechende Gaslieferungen aus Russland zu kompensieren. Wie der Tagesspiegel am 26.11.2022 in einem Artikel schrieb (https://www.tagesspieg...), verstößt das gegen eine Selbstverpflichtungen Deutschland, nicht mehr in fossile Projekte im globalen Süden zu investieren und wurde daher scharf kritisiert, auch als Energie-Kolonialismus.

      Im Blick Wasserstoff wird immerhin ebenfalls kritisch angemerkt, dass Deutschland mit seinen Wasserstoffplänen auf hohe Importe aus sonnenreichen Ländern, z.B. Afrikas, angewiesen sei. Das ginge dann zumindest z.T. auch zulasten der Selbstversorgung jener Länder mit klimaverträglicher Energie. Ähnliche Kritik an Deutschland kommt ja auch z.B. aus Spanien – siehe dazu meinen piq "Schon wieder eine Blockade"(https://www.piqd.de/us...).

      Sicher hat das Interview mit Mamphela Ramphele auch einen polemischen Unterton. Aber in der Sache scheint es mir doch stimmig zu sein, wenn ich mir die breitere Debatte zu dem Thema anschaue.

    2. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor einem Jahr

      @Jürgen Klute Hallo Jürgen, danke für die Ergänzungen, die einiges klarer machen als das Interview. Ich finde, Mamphela Ramphele geht viel zu sanft mit ihrer eigenen Regierung ins Gericht.

    3. Jürgen Klute
      Jürgen Klute · vor einem Jahr

      @Dirk Liesemer Da stimme ich dir zu.

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