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Europa

Europas Demokratieproblem: Der Europäische Rat

Jürgen Klute
Theologe, Publizist und Politiker
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Jürgen KluteDonnerstag, 10.12.2020

Populisten und leider auch einige Medien werfen der Europäischen Union gerne Demokratiedefizite vor. Gerne wird dann darauf verweisen, dass die Präsidentin bzw. der Präsident der EU-Kommission nicht direkt gewählt wird, dass das Europäische Parlament kein direktes Initiativrecht hat oder dass das Prinzip „one man, one vote“ zugunsten einer Repräsentanz aller EU-Mitgliedsstaaten im Europäischen Parlament nicht in Reinkultur eingehalten wird. Letzteres hat selbst das Bundesverfassungsgericht moniert und als Anlass genommen, die 5-Prozent-Klausel bei der Europawahl zu kippen, da das EP aus dem genannten Grund kein vollwertiges Parlament sei.

Über all diese Punkte lässt sich diskutieren. Das eigentliche Demokratiedefizit der EU beschreiben sie jedoch nicht. Denn das liegt in der Intransparenz und in der Arbeitsstruktur des Europäischen Rates bzw. Ministerrates, in dem die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten vertreten sind. Gerade sie scheuen nichts mehr als Transparenz und eine öffentliche demokratische Rechenschaftspflicht und gefährden somit nicht nur die Akzeptanz und Legitimität der EU, sondern die der Demokratie insgesamt.

Es ist dem Projekt „investigate Europe“ zu verdanken, dass dies langsam transparent gemacht wird. In dem hier empfohlenen und exzellent recherchierten Artikel aus „Der Tagesspiegel“ zeichnen Harald Schumann und Sigrid Melchior im Detail nach, wie der EU-Rat arbeitet.

Sie zeichnen u. a. das Country-by-Country-Reporting. Darin geht es darum, dass Unternehmen verpflichtet werden, ihre Steuerzahlungen, die sie in jedem Land tätigen, zu veröffentlichen. Erreicht werden soll damit, dass Steuervermeidungspraktiken unterbunden werden. EU-Kommission, EU-Parlament und eine Mehrheit der EU-Bürger*innen wollen eine solche Gesetzgebung. Der EU-Rat blockt diese Gesetzgebung bis zum heutigen Tage ab. An der Spitze die Berliner Bundesregierung.

Das ist aber nur ein Beispiel von mehreren in dem Artikel.

Harald Schumann und Sigrid Melchior beschreiben in ihrem Artikel sehr gut nachvollziehbar, wie eine solche Blockade funktioniert und wie die Regierungen der EU-Mitgliedsländer versuchen, diese Blockadepolitik möglichst nicht öffentlich werden zu lassen.

Schumann und Melchior verweisen auf mehrere Initiativen, die versucht haben, die Intransparenz des EU-Rates, der im Widerspruch zum EU-Recht steht, aufzubrechen. In mehreren Klagen aus den letzten Jahren hat der EuGH bestätigt, das die Praxis der Geheimverhandlungen des Rates gegen EU-Recht verstößt. Die Demokratie-Verächterinnen im EU-Rat hat das bisher nicht beeindruckt:

Umso erstaunlicher ist, dass dieses und weitere Urteile bisher an der Praxis bei Europas mächtigstem Gesetzgeber nichts geändert haben. "Die Institution verhält sich wie ein trotziges Kind", spottet Brouwer und folge "absolut nicht" der Rechtsprechung. Die Antwort könne daher nur sein, "weiter vor Gericht zu ziehen", um die Verantwortlichen "beim Namen zu nennen und zu beschämen." Am Ende, so prophezeit er, "werden die Richter die Geduld verlieren".

So die beiden Autorinnen.

Dies ist einer der spannendsten, kenntnisreichsten und detailliertesten Berichte über das demokratiefeindliche und demokratieaushöhlende Agieren des EU-Rates, also der Regierungen der EU-Mitgliedsländer, den ich bisher gelesen habe (wobei es bisher nur wenige dazu gibt). Was Harald Schumann und Sigrid Melchior hier beschreiben, deckt sich im Übrigen mit meinen eigenen Beobachtungen und Erfahrungen als ehemaliges Mitglied des Europäischen Parlaments.

Europas Demokratieproblem: Der Europäische Rat

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Kommentare 2
  1. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor mehr als 3 Jahre

    ja das EP ist gar nicht so undemokratisch. und die Berücksichtigung von Staaten auch unabhängig von ihrer Bevölkerungszahl ist auch demokratisch - machen wir in brd etwa mit dem bundesrat. Der eu-rat die mitgliedsländer wie Deutschland also agieren so auf eu-Ebene undemokratisch intransparent und schieben dann alles auf die ach so böse bürokratische EU

  2. Dominik Lenné
    Dominik Lenné · vor mehr als 3 Jahre

    Danke. Wir brauchen viel mehr Behandlung von EU-Themen, finde ich.

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