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Die Kinder von 5010

Jennifer Sutholt
psychologische Beraterin

Als psychologische Beraterin unterstütze ich alleinstehende Personen mit Kinderwunsch, baue ein Informationsportal für Co-Elternschaft auf und engagiere mich ehrenamtlich bei Solomütter Deutschland e.V.

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Jennifer SutholtDonnerstag, 30.09.2021
Alles, was es über 5010 zu wissen gibt, findet sich für seine Kinder auf einem 15-seitigen Fragebogen. Bei Amelia liegt er in einem blauen Ordner im Wohnzimmerregal, abgeheftet unter «New England Cryogenic Center». Irgendwann 1997 oder 1998 hat 5010 ihn ausgefüllt: Geboren 1970, braune Augen, glattes blondes Haar, 1,86 Meter gross, 77 Kilo schwer, Student der Geschichte auf Lehramt. Vater: Doktor, Professor und publizierter Autor. Mutter: Doktorin, Professorin und publizierte Autorin. Beide französischer Abstammung. Bruder und Schwester: Hochschulabschluss im Medienbereich.

5010 ist ein Samenspender. Eines Tages werden sich seine Kinder bei ihm melden. Bis dahin haben sich die Mütter der Geschwister gefunden. Die Kinder kennen sich teilweise, nennen sich Bruder und Schwester. Wie tief verwurzelt das Bedürfnis nach Kenntnis der eigenen Herkunft ist, zeigt dieser junge Mann:

Dass Anonymität im 21. Jahrhundert ohnehin nicht mehr zu gewährleisten ist, hat 2005 ein 15-Jähriger bewiesen, als er mit Hilfe einer DNA-Probe und einer genetischen Datenbank im Internet seinen Vater aufspürte. Der Junge hatte einen Abstrich aus seiner Mundhöhle an Family Tree DNA geschickt, eine private Registratur von 45 000 DNA-Proben, um herauszufinden, ob sein Y-Chromosom, das von Vater zu Sohn weitergegeben wird, mit einem Registrierten identisch sei. Er fand zwei Männer, deren Y-Chromosomen seinem sehr ähnlich waren. Der Teenager ging nun auf OmniTrace.com und gab Geburtsdatum und Geburtsort seines Samenspenders ein (die seine Mutter von der Samenbank erhalten hatte), um alle Namen zu kaufen, die an dem Tag an dem Ort geboren worden waren. Und siehe da: Ein Mann trug den gleichen Nachnamen wie einer der zwei aus dem DNA-Register. Bingo.

Die Wahl des richtigen Spenders ist also wichtig. Darf das Kind ihn kennenlernen oder nicht? Bei der Auswahl des Spenders hilft der Artikel von Katharina Horn, im Juli diesen Jahres schreibt sie:

Die meisten Klient*innen suchen sich einen Spender aus, der ihnen oder ihren Familienangehörigen ähnelt. Ethnie, Körpergröße, Statur, Haar- oder Augenfarbe – viele Möglichkeiten, eine Auswahl zu treffen. Kinder- oder Erwachsenenfotos lassen einen kleinen „Ausblick“ erahnen. Manchmal kannst DU nicht nur Fotos hinschicken, sondern selbst Fotos von Verwandten oder Prominenten zur Auswahl des Spenders an die Samenbank schicken. Und trotzdem ist Genetik immer noch Genetik. Bestimmte Merkmale können dominant oder rezessiv vererbt werden. Und manchmal schlummern noch Gene, die bisher rezessiv „verdeckt“ wurden.

Der Kinderwunsch setzt bei Frauen oft übermenschliche Kräfte frei, schreibt auch die NZZ. Auch, wenn nicht alle mit der Entscheidung glücklich sind:

«Für meine Eltern war die Entscheidung schlimm», sagt Dvori. Zwei Wochen lang gab es viele Tränen, die Brüder wurden geschickt, um Dvori von ihrem Plan abzubringen, alle möglichen Hebel in Bewegung gesetzt, um doch noch einen Ehemann für die Tochter aufzutreiben. Doch Dvori hatte sich entschieden, auch sie ist eine Single Mother by Choice. Und als sich acht Tage nach Avichais Geburt Freunde und Familie zu Brit Mila, der Beschneidung, versammelten und die Eltern sahen, wie glücklich Dvori war und dass ihre Freunde und Glaubensbrüder von der Synagoge sie keineswegs ablehnten, waren auch sie versöhnt.

Der NZZ Artikel zeigt Frauen in den USA und Israel. Sie haben die Möglichkeit, ihren Weg zu gehen. Den haben die Frauen in der Schweiz nicht. Wie Solomamas nach Samenspende dort behandelt werden, erzählt Marina Belobrovaja in ihrem Film "Menschenskind".

Aber seit ein paar Tagen gibt es in der Schweiz immerhin einen Durchbruch: die Ehe für alle. Eine Sensation. Und ein langer Prozess. Lesenswert dazu ist der Artikel „Erkämpfte Liebe“ auf Zeit Online. Hier wird die Geschichte der lesbischen Frauen in der Schweiz seit Anfang des letzten Jahrhunderts erzählt, deren Engagement maßgeblich zu dem Sinneswandel beigetragen hat. Einen Wermutstropfen gibt es aber doch:

Dass das Recht auf die Ehe kaum mehr angezweifelt wird, ist tatsächlich ein erstaunlicher Erfolg. Die verbliebene Gegnerschaft, allen voran aus evangelikalen Kreisen und der SVP, konzentriert sich auf die Bekämpfung des Zugangs zur Spermienspende für Frauenpaare. Sie sorgen sich ums "Kindswohl" und die "fehlenden Väter". Wobei auch eine Familie mit Vater und Mutter längst keine behütete Kindheit garantiert und aus vielen dieser lesbenfeindlichen Aussagen eine männliche Angst vor der eigenen Überflüssigkeit spricht.
Die Kinder von 5010

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Kommentare 4
  1. Daniela Becker
    Daniela Becker · vor mehr als 2 Jahre

    Auf TikTok gibt es jede Menge Kinder, die aus Samenspenden stammen, die von ihren Traumata erzählen, weil sie irgendwie spürten "das was nicht stimmt", ihnen aber nicht gesagt wurde, dass sie aus Samenspenden stammen. Das Verheimlichen wurde bis vor einigen Jahren auch von vielen Ärzten empfohlen, vermutlich weil das Thema stigmatisiert ist.

    1. Jennifer Sutholt
      Jennifer Sutholt · vor mehr als 2 Jahre

      Leider ist das so. Die Herangehensweise war in den letzten Jahrzehnten nicht auf das Kindeswohl ausgerichtet. Heutzutage werden Kinder aus einer Samenspende im Idealfall von Anfang an kindgerecht aufgeklärt. Wird ein Geheimnis aus der Spende gemacht, spüren die Kinder, dass etwas nicht stimmt und denken, dass mit ihnen etwas nicht stimmt. Die Wahrheit ist für Kinder immer die beste Option.

  2. Theresa Bäuerlein
    Theresa Bäuerlein · vor mehr als 2 Jahre

    Auch interessant in diesem Zusammenhang: das Phänomen, dass Menschen, die Eltern werden wollen, sich Samenspender auf Facebook suchen, in nicht- regulierten Gruppen https://www.piqd.de/us...

    1. Jennifer Sutholt
      Jennifer Sutholt · vor mehr als 2 Jahre · bearbeitet vor mehr als 2 Jahre

      Und das ist tatsächlich richtig gefährlich, denn die meisten Frauen sind sich nicht darüber bewusst, dass zumindest in Deutschland der Spender als biologischer Vater Rechte einklagen kann. Im Zweifel sogar Umgang. Ich hatte gerade den Fall, bei dem einer Singlefrau vom Samenspender und dessen bis dahin verschwiegener Ehefrau das Kind weggenommen werden soll. Quasi die alleinstehende Frau als günstige Leihmutter. Ganz krass.

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