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"representational drift": nichts bleibt, wie es war

Gabriel Koraus

•Ausbildung als Sinologe und Religionswissenschaftler
•Arbeit in der Outdoorbranche mit Fokus auf soziale Nachhaltigkeit und ökologische Verantwortung in globalen Lieferketten

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Gabriel KorausMittwoch, 04.08.2021

Das Gehirn besitzt sowohl flexible, als auch statische Funktionalität. Dies ist auch nötig, da sowohl neue Eindrücke verarbeitet, als auch Orientierungen und stabile Reaktionsmuster gewährleistet werden müssen (bzw. hat sich dies als effektive evolutionäre Adaption herausgestellt). 

Neue Eindrücke resultieren in neuen neuronalen Zuständen, sie werden "abgespeichert" und in einen mentalen Kontext (Akkomodation und Assimilation) eingefügt. Die aus diesem Vorgang resultierenden mentalen Repräsentationen sind gewissermaßen das interne Abbild der externen Realität, welche es dem Subjekt ermöglichen, sich zielgerichtet zu orientieren und effizient zu agieren. Sie selbst sind selbstverständlich nicht völlig statisch, sondern mal mehr und mal weniger stabil, da diskrepante Eindrücke ja mitunter Modifikationen oder sogar ein Überschreiben der mentalen Abbilder der Wirklichkeit nötig machen.

Und nun wird es spannend. 

Man möchte meinen, dass zumindest die Initiierung dieser mentalen Repräsentationen mit einem statischen Set an neuronalen Aktivitäten korreliert. Sprich: die assoziierten Sensoren, welche die konkreten äußeren Reize registrieren, die zum Abrufen der neuronalen Repräsentationen führen, sollten die selben bleiben. 

Wenn ich eine bestimmte Farbe sehe oder einen bestimmten Duft rieche oder ein bestimmtes Signalwort höre, dann sollte dieser Reiz theoretisch immer das selbe "Neuronenecho", also immer die selbe neuronale Aktivität auslösen. 

Dem scheint aber nicht so zu sein. 

"representational drift" heißt das Phänomen, welches so mehr oder weniger wohl schon seit mehreren Jahren bekannt ist, bisher aber einer konsistenten Erklärung harrt. Ganz konkret wird im gepiqden Artikel eine Studie vorgestellt, bei welcher an Mäusen beobachtet wurde, wie bei Zuführung ein und des selben Reizes zwar mentale Repräsentationen entstanden, es also zu einer Wiedererkennung und Habitualisierung bei Reizexposition kam, die jeweils involvierte Neuronenaktivität sich jedoch veränderte! 

Mit ein und dem selben Geruch konfrontiert, veränderten sich mit der Zeit die im Mäusehirn beteiligten "erkennenden" Neuronen. Und das, obwohl der Lern- und Wiedererkennungseffekt offensichtlich statt fand und nicht jedes mal wieder auf's neue angelegt werden musste. 

"If the mice associated a smell with a mild electric shock, the neurons representing that scent would still completely change even though the mice continued to avoid it."

Stabile mentale Repräsentationen hängen also nicht unbedingt an konstanten neuronalen Zuständen.

Zwar scheint es diesbezüglich Unterschiede zwischen verschiedenen Sensorikbereichen zu geben. So werden optische Eindrücke wohl stabiler kodiert, völlig gewiss ist aber wie immer auch das nicht. Ein Grund dafür dürfte auch sein, dass die Verifikation solcher Beobachtungen mit einem hochgradig aufwendigen Set an Mess- und Bestätigungsverfahren zusammengeht, wie etwa operativen Spezialtechniken, welche die akribischen Platzierung von Mikroelektroden im Mäusehirn gewährleisten. 

Aber die Frage bleibt:

"How does the brain know what the nose is smelling or what the eyes are seeing, if the neural responses to smells and sights are continuously changing?"

Eine mögliche Antwort: das Gehirn, bzw. irgendeine Metainstanz in Ihm, interpretiert sich selbst und korrigiert so den Drift. Eine andere Möglichkeit ist, dass aus unterschiedlicher Neuronenaktivität auf eine höherem Level doch die selben Aktionspotentiale entstehen und die selbe mentale Repräsentation aktiviert wird. 

Ich persönlich habe mit dieser Art von neuronaler Forschung ein ganz grundsätzliches handwerkliches Problem, da empirische und narrative Elemente vermischt werden. Wir sprechen von neuronalen Zuständen, die ganz konkret empirisch messbar sind und setzen diese in einen kausalen Zusammenhang mit mentalen Repräsentationen, welche empirisch in keiner Weise registrierbar, sondern vielmehr ein narratives, epistemisches Konstrukt sind. Wenn dann noch Agency-basierte Denkfiguren wie ein sich selbst interpretierendes Gehirn hinzukommen, schlägt mein persönlicher Plausibilitätsalarm an. 

Dies ist aber ein Grundproblem sämtliche kognitiver und psychologischer Wissenschaften (ich habe der Versuchung widerstanden, "Wissenschaften" zu schreiben :)), wo auf Basis harter empirischer Beobachtungen gern unzulässige Aggregationstechniken eingesetzt werden und schnell von mentalen Modulen und Hierarchien usw. usf. die Rede ist. 

Nichts desto trotz eine spannende Entdeckung! 


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