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Volk und Wirtschaft

Unter den Trümmern von Leave oder Remain

Frank Lübberding
Journalist und Autor
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Frank LübberdingMittwoch, 03.04.2019

Beim Brexit sind ökonomische Analysen längst Auftragsarbeiten zur Stützung einer politischen Position. Entsprechend werden sie in dieser Schlacht um die Zukunft Britanniens kaum noch ernst genommen. Eine interessante Ausnahme ist der konservative Unterhausabgeordnete Greg Hands. Den seit der gestrigen Rede von Theresa May wieder frisch aus der Konserve gezogenen Vorschlag einer Zollunion unterzieht er in diesem Artikel einer substantiellen Kritik. Sie findet sich prägnant zusammengefasst in diesem Zitat:

However, Labour’s policy appears to be now to allow others to negotiate these trade agreements with the US, but now the UK would have no influence at all at the table, and no access to EU papers (as a non-EU member state), even in a “secret reading room”!
Eine Zollunion macht aus dieser Perspektive keinen ökonomischen und politischen Sinn. Es ist trotzdem die Position von Labour. Warum soll aber deren Vorsitzender Jeremy Corbyn als möglicher Premierminister nur noch Brüsseler Beschlüsse ratifizieren wollen? Corbyn gilt bekanntlich als Brexiteer. Entsprechend werden wir in seinen heutigen Gesprächen mit Theresa May eine seltsame Konstellation erleben. Frau May müsste eine Zollunion gegen ihre Fraktion durchsetzen, wie Hands heute klarstellte. Corbyn im Gegenzug das bisher von ihm verdammte Übergangsabkommen akzeptieren. Entsprechend groß ist das Misstrauen. Beide suchen allerdings keine Lösung für den Brexit, sondern nach einer Lösung zur Eindämmung innerparteilicher Fliehkräfte. Einigkeit besteht zudem darin, die Teilnahme an der Europawahl auszuschließen. Beide haben sicher auch kein Interesse, das britische Parteiensystem unter den Trümmern von Leave oder Remain zu begraben. Hands sieht den Ausweg aus der parlamentarischen Selbstblockade in der zeitlichen Begrenzung des backstops für Nordirland. Damit wäre der Schwarze Peter wieder in Brüssel gelandet. Diese Aussicht könnte für ins Schlingern geratene Parteiführer durchaus eine gewisse Attraktivität haben.
Unter den Trümmern von Leave oder Remain

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Kommentare 6
  1. Silke Jäger
    Silke Jäger · vor fast 5 Jahre

    Hallo Frank, du schreibst: "Hands sieht den Ausweg aus der parlamentarischen Selbstblockade in der zeitlichen Begrenzung des backstops für Nordirland. Damit wäre der Schwarze Peter wieder in Brüssel gelandet. Diese Aussicht könnte für ins Schlingern geratene Parteiführer durchaus eine gewisse Attraktivität haben." Dieser Vorschlag kursiert ja schon eine Weile. Ich frage mich dabei immer, wie er zum Karfreitagsabkommen passen soll. Wie kann man die Versicherungsklausel zeitlich begrenzen, ohne die Bedingungen dafür im Vorfeld festzulegen und zu sagen, womit man es dann ersetzt?
    Dass es attraktiv für viele politische Kräfte in London ist, wenn der Schwarze Peter am Ende in Brüssel landet, ist klar. Aber kann man das mit Wünschen wie diesen wirklich erreichen, die ja letztendlich ein internationales Friedensabkommen beschädigen? Mir fällt es schwer, den Vorschlag ernstzunehmen (obwohl ich Ideen habe, warum Leute das vorschlagen). Aber vielleicht übersehe ich ja was?

    1. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor fast 5 Jahre

      ich wollte tatsächlich ziemlich genau das auch fragen...

    2. Frank Lübberding
      Frank Lübberding · vor fast 5 Jahre

      Worauf beruht eigentlich diese Idee von der Bedeutung des Karlfreitagsabkommens? Am Ende auf der Vorstellung, dass nach einem Brexit einige durchgeknallte Terroristen der IRA wieder mit dem Bürgerkrieg anfangen. Nun ist das zwar nicht auszuschließen, aber auch nicht gerade eine sinnvolle Form politischen Handelns. Gibt es in Nordirland wirklich noch diese Unterstützung für einen solchen Bürgerkrieg? Natürlich werden sich Briten und Iren über die Zukunft Nordirlands verständigen müssen. Niemand hat ein Interesse an den früheren Grenzposten. Der Verzicht auf den backstop, wie ihn Greg Hands fordert, bedeutet nur den Verzicht der EU auf die Fortschreibung des bisherigen Zustandes, wenn die zukünftigen Verhandlungen kein Ergebnis haben. Ein späteres Freihandelsabkommen der EU mit UK wäre eine vernünftige Lösung. Man kann sich auch bilaterale Abkommen zwischen Irland und Großbritannien über die persönliche Freizügigkeit vorstellen. Damit hat aber die EU ein Problem. Sie hat offenbar die Sorge, dass anschließend auch andere EU-Staaten irgendwelche Sonderregelungen für sich in Anspruch nehmen könnten. Es geht also nicht unbedingt nur um Nordirland, sondern auch um die innere Verfasstheit der EU. Das ist wenigstens mein Eindruck.

    3. Silke Jäger
      Silke Jäger · vor fast 5 Jahre

      @Frank Lübberding Ich denke, der Eindruck täuscht nicht. Das ist aber aus mehreren Gründen nicht verwunderlich:
      - CapX ist das "Presseorgan" des Think Tanks Open Europe https://de.wikipedia.o...
      - Open Europe sieht Deregulierung und Freihandel als Lösung für wirtschaftliche Schwierigkeiten, die mit der Globalisierung zusammenhängen.
      - Greg Hands pflegt Kontakte zu anderen Think Tanks, die eine ähnliche Agenda haben, zB zum Legatum Institute https://theferret.scot....
      - Think Tanks wie Legatum sind bekannt dafür, vor allem die Hardliner der Brexit-Debatte mit Argumenten zu versorgen.
      - Die Finanzierungsquellen dieser Think Tanks sind zumindest intransparent https://www.theguardia...
      - Think Tanks wie das Legatum Institute, zu dem Hands Kontakt hat, entwerfen Vorschläge im Zusammenhang mit Brexit, die der Agenda der Deregulierung folgen https://www.theguardia...
      - Das Karfreitagsabkommen steht diesen Vorschlägen immer schon im Weg. Es gibt Vermutungen, dass die nordirische DUP Geld für Wahlkampagnen aus ähnlichen Quellen bekam, die auch diese Think Tanks finanzieren https://www.opendemocr...
      - Die DUP mag das Karfreitagsabkommen nicht besonders. Es gibt schon länger Bestrebungen, es zu "reformieren".
      - Dass Nordirland derzeit keine Regierung hat, sorgt dafür, dass ein wichtiger Anwalt für den Erhalt des Karfreitagsabkommen, fehlt.
      - Die Wut in Nordirland nimmt insgesamt zu. Das schließt Phänomene ein, die im Bürgerkrieg Hochkonjunktur hatten, wie zB das zerschießen der Kniekappen, um Leute gefügig zu machen https://www.piqd.de/eu.... Deshalb wäre die harte Grenze eher der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringen könnte, als die alleinige Ursache für Gewalt.

      Ich bin sehr skeptisch, dass Ideen, wie sie Hands vertritt, zur Lösung beitragen. Ich glaube eher, sie sind Teil des Problems.

    4. Frank Lübberding
      Frank Lübberding · vor fast 5 Jahre

      @Silke Jäger Politiker operieren selten im luftleeren Raum. Das gilt auch für Hands. Er war übrigens vor dem Referendum Remainer. Sicherlich nicht deshalb, weil er die EU als ein Bündnis gegen die Irrtümer des Neoliberalismus begriffen hat. Er passt somit gar nicht in dieses Brexit-Lager. Aber in dem Papier geht es erst einmal nur um Sinn oder Unsinn einer Zollunion. Welchen Nutzen sie aus britischer Sicht hat - und weshalb dann diese Zollunion eine sinnvolle Möglichkeit sein soll, die Briten an die EU anzubinden. Das kann man ja erst einmal ganz nüchtern betrachten. So auch hier: https://www.theguardia...

    5. Frank Lübberding
      Frank Lübberding · vor fast 5 Jahre

      @Silke Jäger Was Nordirland betrifft: Ich will gar keine Prognose über die Entwicklung in Nordirland anstellen. Aber die eigentliche Gefahr für die Brexiteers ist wohl eine Volksabstimmung über die Zukunft als Teil einer irischen Republik. Die demographische Zusammensetzung hat sich ja verändert und gleichzeitig ist in den vergangenen zwanzig Jahren eine neue Generation herangewachsen, die in Irland als Teil der EU einen größeren Nutzen sieht als in der alten Schlachtordnung der "irischen Frage". Aber ist natürlich Spekulation.

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