In seinen letzten Stunden habe sie ihm beim Schlafen zugesehen und eine Reise zurück in die Zeit gemacht, schreibt Patti Smith im letzten Abschnitt ihres Nachrufs auf Tom Verlaine, der heute im New Yorker erschienen ist. Der Frontman der legendären Band Television starb am Samstag im Alter von 73 Jahren. 

Im Laufe ihrer Leben hatten Smith und Verlaine immer wieder zusammen gearbeitet. Er spielte Gitarre auf Smiths Debütsingle "Hey Joe" aus dem Jahr 1974, und auch auf ihrem letzten Album "Banga" von 2012 war er zu hören. Ihre Verbindung und seine Bedeutung für ihr Leben, das macht Smith in ihrem Text klar, ging jedoch weit über die musikalische Zusammenarbeit hinaus. Smith sah sich in Verlaine gespiegelt. Als sie ihn das erste Mal spielen sah, dachte sie: Had I been a boy, I would’ve been him. 

Wie Smith knüpfte Verlaine schon in jungen Jahren ein Band, das die Rockmusik mit den Poeten und Künstlern des 19. und frühen 20. Jahrhunderts verband. Man wollte keine Hochkultur sein, aber nach den Wurzeln graben, Seelenverwandte zwischen Buchdeckeln finden und wenn man Glück hatte, auch in der New Yorker Nachbarschaft oder auf der Bühne des CBGB. 

Schon mit ihrer letzten Buchveröffentlichung, dem "Buch der Tage", hatte Smith einen Nachruf auf die Popkultur des 20. Jahrhunderts geschrieben, der noch einmal die Kunst, das Lesen, die Freundschaft und die Schönheit des Augenblicks zelebrierte. In dieser melancholischen Poesie gezählter Tage hat sie auch ihren Nachruf auf Verlaine verfasst. Sie schreibt über ihn, wie man nur über jemanden schreiben kann, den man sein Leben lang kennt, dessen Vermächtnis aber auch der Welt gehört. 

We liked holding hands and spending hours browsing the shelves of Flying Saucer News and going to Forty-eighth Street and looking at guitars that he could never afford and riding the Staten Island Ferry after three sets at CBGB and climbing six flights of stairs to the apartment on East Eleventh Street and lying together on a mattress gazing at the ceiling and listening to the rain and hearing something else.

Auch ihre Kinder, Jesse und Jackson, hätten ihn geliebt, schreibt Smith über ihren kinderlosen Freund. Smiths Tochter Jesse war es dann auch, die die Welt vom Tod Verlaines unterrichtete. Seitdem reißen die Beileidsbekundungen und Ehrbezeugungen nicht ab.