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Medien und Gesellschaft

FAZ kritisiert ÖRR: "Gendern widerspricht klar Neutralitätsgebot"

Dirk Liesemer
Autor und Journalist
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Dirk LiesemerMittwoch, 10.08.2022

Herrje, soll doch jeder Mensch schreiben und reden, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Klar, im Privaten kann jeder so plappern wie er will. Warum das im Falle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR) nicht gilt, erklärt knapp und präzise Heike Schmoll, die bei der Frankfurter Allgemeinen für die "Bildungswelten" zuständig ist und die Debatte seit Jahren beobachtet.

Ist das Thema relevant und aktuell? Die FAZ hat es heute als großen Leitartikel auf der Titelseite gedruckt und verweist auf den Protest vom mittlerweile mehr als 170 Wissenschaftlern. Schmoll beobachtet:

Eine kleine Minderheit nutzt jedoch den Einfluss der durch Zwangsrundfunkgebühren jedes Bürgers finanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehsender, um ihre Sprachauffassung durchzusetzen.

Problematisch wird das, wenn den Sendern deshalb der Zuspruch abhanden kommen sollte. Dass eine Zweidrittelmehrheit – übrigens auch der Grünen – Gender-Sprechweisen ablehnt, teilte Allensbach 2021 mit, siehe im verlinkten Dok auf Seite 5. Ich hatte darauf auch in diesen Piq von 2021 hingewiesen, in dem es etwas weiter unten heißt:

Um das Phänomen (Meinungsfreiheit, DL) fassbar zu machen, haben die Allensbach-Forscher unter anderem – wohlgemerkt: unter anderem – am Beispiel der sogenannten gendergerechten Sprache nachgehakt. Das bietet sich schon deshalb an, weil deren Sprachcodes mittlerweile recht laut in öffentlichen Debatten eingefordert werden. Ganz gleich wie die Befragten jedoch kategorisiert wurden (jung/alt, Mann/Frau oder nach Parteipräferenz): Immer lehnte eine Mehrheit der Befragten das konsequente Gendern ab – 65 Prozent der Frauen, 65 Prozent der Menschen unter 30 Jahren, sogar 65 Prozent der Grünen-Anhänger. (Es sind tatsächlich jeweils 65 Prozent.)

Ich selbst bin großer Fan des ÖRR und habe hier Dutzende Stücke des DLF und von Arte empfohlen. Wie geschrieben: Es geht nur um die Öffentlich-Rechtlichen, eigentlich auch um Behörden und Hochschulen, es geht nicht um taz, SZ, Spiegel, Piqd, Krautreporter. Zentral ist im Text von Heike Schmoll folgendes Argument:

Das (Gendern, DL) ist nicht nur zutiefst undemokratisch, sondern widerspricht auch dem Auftrag der öffentlich-rechtlichen Medien. Deren Aufgabe ist laut Medienstaatsvertrag, die „Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, der Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit ihrer Angebote zu berücksichtigen“. Doch das scheint die Sender wenig zu kümmern. Sprachliche Marotten einiger Redakteure wurden so zur allgemeingültigen Sprachnorm.

Warum sie das kritisch sieht, führt sie in ihrem Leitartikel aus. Heike Schmoll schreibt von "öffentlich-rechtlicher Umerziehung", das mag zugespitzt klingen, trifft aber einen Kern und dürfte bei manch einem zu innerer Distanzierung und zum Abschalten führen, was sicher nicht erwünscht sein kann. Schließlich sind die Sender auf breiten Zuspruch, sprich Legitimation angewiesen.

Natürlich darf man das alles für übertrieben halten, aber wer Schmolls Text liest, kennt die Argumente der Kritiker. Der Konflikt wird gewiss weitergehen.

FAZ kritisiert ÖRR: "Gendern widerspricht klar Neutralitätsgebot"

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Kommentare 4
  1. Ria Hinken
    Ria Hinken · vor mehr als ein Jahr

    Eine britische Wirtschaftswissenschaftlerin hat es auf einem Kongress in Zürich vor Jahren so formuliert: „Männer sind die Norm“. Das gilt wohl auch für die Sprache. Warum wählen wir nicht ganz einfach die weibliche Form? Darin ist die männliche enthalten. Aber das wäre ja noch schöner, höre ich die „Kritikerinnen“ lauthals rufen.
    Nennt man eine Frau Arzt, dann ist die Welt in Ordnung. Nennt man einen Mann Ärztin, fühlt der sich nicht angesprochen. Aber jetzt bitte keine Belehrungen von Linguist:innen.

    1. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als ein Jahr

      Eine Ärztin ist eine Ärztin, eine Arzt ist ein Arzt. Es geht aber hier nicht um den Singular, sondern um den Plural.

    2. Ria Hinken
      Ria Hinken · vor mehr als ein Jahr

      @Dirk Liesemer Wenn im Raum 2 Ärzte und 50 Ärztinnen sind, dann wollen die 2 Ärzte auch nicht als Ärztinnen angesprochen werden. Die 50 Frauen müssen hinnehmen, dass sie als Ärzte angesprochen werden. Super!

    3. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als ein Jahr · bearbeitet vor mehr als ein Jahr

      @Ria Hinken Ja, klar, da bin ich d'accord, bei Vorträgen und Kongressen halte ich es für eine Form der Höflichkeit, dass man sich eingangs an beide Geschlechter wendet. Ansonsten empfindet eine große Mehrheit konsequentes Gendern als überflüssig. Umfragen unter der Ärzteschaft sind mir nicht bekannt, da könnte ich nur Anekdotisches beitragen; bis auf eine Ärztin aus meinem Bekanntenkreis sind alle anderen von dem Thema genervt; und ich kenne einige, weil ich mit einer verheiratet bin. Aber, uns das ist mir wichtig, oben ging es auch nicht um berufliche Veranstaltungen, sondern um die Legitimation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Anyway, eine letzte Anmerkung -- und ich werde dann hier in diesem Thread auch bestimmt Ruhe geben, schon weil ich einen Piq für unsere Reihe "UnVergessene Frauen" schreiben will -- jedenfalls hatte ich kürzlich ein Interview mit einem Sprachhistoriker, der argumentierte, im Plural sei das Maskulinum ohnehin neutralisiert, weil es den vorangestellten weiblichen Artikel "die" gebe. Ich war erst etwas verdutzt, aber klar, schließlich heißt es im Plural nicht "der Ärzte", sondern "die Ärzte". Also, was will man mehr? Ist doch großartige ausgleichende Gerechtigkeit!

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