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Medien und Gesellschaft

Was der DLF-Nachrichtenchef über Nachrichten denkt

Christoph Zensen
Informationswissenschaft, Medieninformatik, Produktmanagement

#ViewFromSomewhere #MovementJournalism

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Christoph ZensenDienstag, 01.12.2020

Es kommt nicht so oft vor, dass sich der Chefredakteur einer großen Nachrichtenredaktion zu den Themen Nachrichtenauswahl und Nachrichtenkriterien öffentlich äußert. Und wenn, dann ist es fast immer Marco Bertolaso, der Nachrichtenchef vom Deutschlandfunk.

Bertolaso schreibt auf den Seiten des Deutschlandfunks in der Rubrik “in eigener Sache” und reflektiert dort die eigene Arbeitsweise oder erklärt, warum die Redaktion Begriffe wie Lockdown, Belarus oder Gute-Kita-Gesetz benutzt oder eben nicht. Marco Bertolaso ist der kommunikativste Nachrichten-Chefredakteur in Deutschland.

Am vergangenen Freitag war er bei der Sendung Nach Redaktionsschluss zu Gast und stellte sich dort den Fragen des Hörers Benedikt Dahlmann, u.a. zu Diversität in der Redaktion, Nachrichtenwert und Transparenz. Die Einlassungen von Bertolaso möchte ich hier ein wenig analysieren.

Die erste interessante Äußerung ist seine Position zum Ereignis-Bias der Nachrichten:

Sie haben auch völlig recht, [...] dass es diese strukturellen Themen besonders schwer haben, die eben nicht eine Pressekonferenz, eine Parlamentsdebatte oder irgendein Event kennen, was heute stattgefunden hat. Da muss ich aber auch sagen, dass es Aufgabe von Nachrichtenmenschen ist, das eben zu wissen und dafür zu sorgen, dass die latenten Themen, ob das nun die Klimaentwicklung ist oder soziale Themen – Armut haben Sie angesprochen – dass die trotzdem es in die Nachrichten schaffen.

Das tut schon sehr gut zu hören, dass ein Nachrichtenchef sich dieser Problematik bewusst ist und aktiv gegensteuert. Mich hat es allerdings nicht überrascht, da sich Bertolaso in der Vergangenheit schon ähnlich geäußert hat.

Anschließend führt Marco Bertolaso aus, nach welchen Kriterien im Deutschlandfunk die Nachrichten gemacht werden:

Wir versuchen in den Deutschlandfunk-Nachrichten schon nach bestem Wissen und Gewissen zu schauen, was sind Dinge, die die Gesellschaft in Deutschland, das Europäische, aber auch das Internationale bestimmen können. Wo können Impulse von ausgehen? Wo gibt es Gefahren, die uns allen drohen? Und was sind Dinge, die wir eigentlich alle wissen müssten, heute an diesem Tag.

Ok, das ist vielleicht etwas schwammig und ich hätte mich gefreut, wenn der Hörer oder der Gastgeber der DLF-Medienredaktion hier noch einmal nachgehakt hätten. Aber immerhin: Hier wird noch einmal ganz deutlich gesagt, dass Nachrichten ein redaktionelles Produkt sind. Nichts ist von sich aus wichtig oder relevant. Die Redakteure entscheiden das. Was hält die Redaktion für wichtig, was für folgenreich, für gefährlich, was für wissenswert?

Cool, dachte ich an dieser Stelle. Endlich sind wir in der Debatte mal so weit. Endlich können wir darüber sprechen, welche strukturellen Entwicklungen bei der DLF-Nachrichtenredaktion Priorität haben. Transparency is the new objectivity. Los gehts, Leute.

Aber nein. Nachdem Bertolaso die Kritik in der ersten Hälfte umarmt und Verantwortung für die Nachrichtenauswahl und Themensetzung übernimmt, macht er in der zweiten Hälfte eine entscheidende Wende, die vielleicht auch erklärt, warum sich die DLF-Nachrichten dann eben doch kaum von der Tagesschau unterscheidet.

Das Einordnen ist aber auch eine ganz heikle Angelegenheit, denn wenn wir [...] die klassischen Regeln, die etwas abgegriffenen, vielleicht unter Zeitdruck genutzten Mechanismen des Nachrichtenhandwerks mal beiseiteschieben, und dann sagen: So jetzt kommen die Redakteurinnen und Redakteure mal und die setzen mal die wirklich wichtigen Themen, dann haben wir ein neues Problem. Dann haben wir nämlich das Problem einer, Relevanz-Selbstermächtigung von einer handvoll Menschen. Das ist auch sehr problematisch.

Ich kapier es nicht. Relevanz-Selbstermächtigung? Honestly?

Hier argumentiert Bertolaso eigentlich gegen sich selbst, nur eben einmal mit positiven Framing (nach bestem Wissen und Gewissen) und dann noch einmal mit negativem Framing (Relevanz-Selbstermächtigung). Was soll das?

😞

Ich glaube, dass sich die Nachrichten-Debatte nicht von der Stelle bewegt, bis Nachrichtenredaktionen endlich die vollumfängliche Verantwortung für ihre Nachrichtenauswahl übernehmen. Und zwar ohne solche Nebelkerzen wie Relevanz-Selbstermächtigung, die fraglos bei einem bestimmten Teil des Publikums gut ankommen. Die DLF-Nachrichten sind dafür offenbar fast bereit – die DLF-Redakteurin, Rita Vock,  hat auch schon formuliert, wie man es besser machen könnte – aber der entscheidende Schritt fehlt dann irgendwie doch noch.

Was der DLF-Nachrichtenchef über Nachrichten denkt

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