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Medien und Gesellschaft

Haben Leitmedien einen Glaubwürdigkeits-Bias?

Christoph Zensen
Informationswissenschaft, Medieninformatik, Produktmanagement

#ViewFromSomewhere #MovementJournalism

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Christoph ZensenSonntag, 04.10.2020

Piqd ist ja auch so ein bisschen wie das schwarze Brett im Supermarkt, nur mit dem kleinen Unterschied, dass hier viel gefunden, aber kaum gezielt gesucht wird. Ich suche gerade gute Piqs zu einem Phänomen. Vielleicht kann mir ja jemand helfen.

In den letzten Wochen habe ich mich viel mit den Reflexionen von Chefredakteur:innen von Leitmedien beschäftigt. Die Zeit, Die Tagesschau, The New York Times usw. 

Und dabei ist mir aufgefallen, dass dort die allgemeine Glaubwürdigkeit als ein sehr hohes Gut gehandelt wird.

Der WDR erhebt z.B. den Grad der Glaubwürdigkeit bestimmter Medien in der Gesamtbevölkerung zweimal jährlich in einer Studie [WDR Glaubwürdigkeitsstudie]. Der BR macht eine ähnliche Studie und der Nachrichtendienst Reuters auch. Außerdem hängen wichtige Medienmacher die allgemeine Glaubwürdigkeit immer wieder ganz hoch.

Volker Herres aus den ARD-Leitlinien für 2017/18:

“Glaubwürdigkeit ist unser höchstes Gut. Tatsächlich ist das Vertrauen in unsere journalistische Arbeit bei den Menschen nach wie vor sehr hoch. Laut Umfrage von tns-Infratest liegt Das Erste mit 68 Prozent im Jahr 2015 bei dem Kriterium „Glaubwürdigkeit“ nach wie vor an der Spitze.” [ARD Leitlinien 17/18]

Lutz Marmor – damals NDR-Intendant – in einem Interview mit medienpolitik.net:

Glaubwürdigkeit ist unser höchstes Gut. Einer von uns in Auftrag gegebenen Infratest-Umfrage zufolge halten 70 Prozent der Menschen das Erste für glaubwürdig. Das ist ein hoher Wert, nahezu unverändert seit rund 10 Jahren. Aber umgekehrt gibt es offenbar auch 30 Prozent, die uns diese Eigenschaft nicht abnehmen. Diese Gruppe müssen wir für uns gewinnen, und daran werden wir weiter hart arbeiten. [Interview 2015]


Warum sollte das überhaupt irgendwie problematisch sein?

An dem Ziel der allgemeinen Glaubwürdigkeit ist erst einmal nichts auszusetzen. Es gibt viele Wege für ein Medium, um seine allgemeine Glaubwürdigkeit zu erhöhen, die ich ganz wichtig und gut finde: gründliche Recherche, Transparenz, Fehlerkultur, Selbstreflexion, diverse biografische Hintergründe, ...

Aber es gibt da eine Methode, mit der ich dann doch ein Problem habe. Und zwar können Nachrichten und Leitmedien auch viel einfacher allgemeine Glaubwürdigkeit erlangen. Nämlich indem sie sich einfach nicht allzu weit von dem gefühlten, gesellschaftlichen Konsens entfernen.

Den Zusammenhang sehe ich so: Wenn eine Redaktion sich über eine längere Zeit, in zu vielen Themen, zu weit von den Realitätskonstruktionen weiter Teile der Gesellschaft entfernt, dann verliert das Medium an allgemeiner Glaubwürdigkeit und somit auch an Einfluss auf die Narrative, die auf die Realitätskonstruktionen der Gesellschaft einwirken.

Der stellvertretende Chefredakteur der Zeit, Bernd Ulrich, beschreibt dieses Catch-22-Dilemma in seinem aktuellen Buch so:

Im Grunde besteht die Kunst im Journalismus darin, die Standardabweichung zu jener imaginären Mitte intuitiv zu ahnen, weit genug weg, um nicht langweilig zu sein, nah genug dran, um nicht marginalisiert zu werden. [Alles wird anders]

Der Chefredakteur der Deutschlandfunk-Nachrichten, Marco Bertolaso, sieht diesen Zusammenhang auch. Nur offenbar nicht als Problem, sondern als Aufgabenbeschreibung:

Neutralität und Objektivität sind immer schon Schimären gewesen. Doch das redliche Streben danach gehört nicht nur zur Würde des Nachrichtenberufs, es begründet auch die Glaubwürdigkeit. [deutschlandfunk.de 2018]


Haben Leitmedien einen Glaubwürdigkeits-Bias?

Es ist für mich sehr spannend, die ewige Debatte über Objektivität und Neutralität aus dieser Perspektive der allgemeinen Glaubwürdigkeit zu betrachten. So verstehe ich das Dilemma viel besser, in dem sich Nachrichten und Leitmedien befinden. Und ich kann besser nachvollziehen, warum die neutrale Objektivität sich in so vielen Redaktionen als journalistisches Ideal halten kann, obwohl die Idee intellektuell so vollkommen unattraktiv ist.

Es ist nachvollziehbar, aber trotzdem falsch. Wenn sich eine Redaktion zu viele Sorgen macht, wie die Berichterstattung auf die Glaubwürdigkeit des Mediums abfärbt, dann ist das auch eine Art von Schere im Kopf. Ein Bias in Richtung der aktuellen Normalität, der aktuell gefühlten Realität.

Möglicherweise sind Nachrichtenredaktionen genau deswegen so zögerlich, die Klimakrise als die Katastrophe darzustellen, die sie ist.

Ich suche weiterführende Literatur

Ich kann leider keinen – passenden – Piq zu diesem Thema anbieten. Wer kann mir helfen? Gibt etwas zu dieser Problematik?

Haben Leitmedien einen Glaubwürdigkeits-Bias?

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Kommentare 25
  1. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor mehr als 3 Jahre

    Das geht m.M.nicht nur dem Zeitungen so: das Problem haben wir natürlich alle... bin ich wirklich objektiv? Oder ist das nur für mich zu meiner Meinung passend?
    Dabei soll kann gerade das Medium Zeitung helfen... :)

  2. Andreas P.
    Andreas P. · vor mehr als 3 Jahre

    Könnte man Glaubwürdigkeit messen, müsste man sich folgende Fragen stellen:

    Wie konnte es Trump schaffen, den amerikanischen Leitmedien In wenigen Jahren so viel Glaubwürdigkeit zu nehmen?
    Rein faktisch hat Trump eine hohe Glaubwürdigkeit erreicht, unter ständiger Missachtung der Grundprinzipien, die Du darstellst. Woran liegt das?

    Und es muss noch einen anderen starken Mechanismus geben neben der Strategie des Trendfolgens der herrschenden Meinung. Ich würde ihn darin suchen: Glaubwürdigkeit korreliert wenig mit der Realität, sondern mehr mit der Wahrnehmung und Vorstellungswelten.

    Ich empfehle mal:
    Scott Adams, win bigly und Robert cialdini, pre-suation. Das erste Buch wir hart für Dich.

    1. Christoph Zensen
      Christoph Zensen · vor mehr als 3 Jahre

      "Glaubwürdigkeit korreliert wenig mit der Realität, sondern mehr mit der Wahrnehmung und Vorstellungswelten."

      Das ist doch genau mein Punkt. Und das ist auch der Grund, warum Trump bei einem Teil der US-Wählerschaft so hohes und bei einem anderen gar kein Vertrauen besitzt.

      Deswegen sage ich, dass die Fixierung auf Glaubwürdigkeit sich nicht gut mit journalistischer Rigorosität verträgt. Das unbedingte Streben nach Glaubwürdigkeit ist ein gefährlicher Bias.

    2. Hansi Trab
      Hansi Trab · vor mehr als 3 Jahre

      @Christoph Zensen Aber trägt Rigorosität nicht auch zur Glaubwürdigkeit bei? Keiner behauptet doch, dass das Streben nach Glaubwürdigkeit nur dadurch ausgedrückt wird, dass man dem Volk auf's Maul schaut. Es ist eine Facette und ja, eine Redaktion sollte sich hüten, diese zu sehr zu gewichten. Aber das ist doch nicht alles, was Glaubwürdigkeit ausmacht.

    3. Christoph Zensen
      Christoph Zensen · vor mehr als 3 Jahre

      @Hansi Trab Absolut. Ich schreibe in meinem Post:

      "An dem Ziel der allgemeinen Glaubwürdigkeit ist erst einmal nichts auszusetzen. Es gibt viele Wege für ein Medium, um seine allgemeine Glaubwürdigkeit zu erhöhen, die ich ganz wichtig und gut finde: gründliche Recherche, Transparenz, Fehlerkultur, Selbstreflexion, diverse biografische Hintergründe, ...

      Aber es gibt da eine Methode, mit der ich dann doch ein Problem habe. Und zwar können Nachrichten und Leitmedien auch viel einfacher allgemeine Glaubwürdigkeit erlangen. Nämlich indem sie sich einfach nicht allzu weit von dem gefühlten, gesellschaftlichen Konsens entfernen."

    4. Hansi Trab
      Hansi Trab · vor mehr als 3 Jahre

      @Christoph Zensen Aber dann ist doch eigentlich alles gut und der Befund Glaubwürdigkeitsbias beschreibt die Situation zutreffend. Oder befinden wir uns schon in der normativen Bewertung? Ich dachte es ging um Diskussion und Literatur um das besser herausarbeiten zu können.

    5. Christoph Zensen
      Christoph Zensen · vor mehr als 3 Jahre

      @Hansi Trab Ich würde gerne noch mehr über dieses Phänomen lesen. Aber ich wollte auch erst einmal diese Beobachtung runterschreiben und zur Diskussion stellen.

      Ich sehe es – wie du ja offenbar auch – sehr kritisch (also ja, normative Bewertung), wenn Redaktionen sich am vorhandenen Meinungsspektrum (Volk aufs Maul schauen) anlehnen. Ich fände es besser, wenn sie sich davon frei machen könnten, auch wenn das garantiert auf die Kosten der **allgemeinen** Glaubwürdigkeit geht.

    6. Andreas P.
      Andreas P. · vor mehr als 3 Jahre

      @Christoph Zensen Journalistische Rigorosität sollte jeder Journalist aus sich heraus haben, um schamfrei in den Spiegel schauen zu können.

      Wenn man Scott adams folgt, entsteht Glaubwürdigkeit maximal zu 10% aus journalistischer Rigorosität und zu 90% aus dem schwer beschreibbaren anderen. Der Hebel der journalistischen Rigorosität auf die Glaubwürdigkeit ist so gering, dass es wohl keinen Unterschied macht.

      Ich verstehe deinen Punkt noch immer nicht ganz. Was folgt für dich aus deiner Erkenntnis? Verzicht auf Rigorosität oder ein anderes Ziel/Zielgewichtung als Glaubwürdigkeit.

    7. Christoph Zensen
      Christoph Zensen · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

      @Andreas P. Ist ja auch mal schön, dass wir uns bei diesem Thema offenbar so einig sind.

      Ich glaube ebenfalls, dass man für die **allgemeine** Glaubwürdigkeit mit journalistischer Rigorosität nicht besonders weit kommt.

      Aber da ich nicht weiß, wie Scott Adams diese 90% beschreibt, kann ich dazu jetzt auch nichts sagen.

      Ich sehe es so, dass ein Medium eine hohe **allgemeine** Glaubwürdigkeit, d.h. aus allen Teilen der Gesellschaft – sozioökonomischen sowie demografischen Schichten und ideologischen Gruppen – nur erlangen kann, wenn sie nah an dem alles vereinenden Konsens bleiben. Um mit Daniel C. Hallin zu sprechen: Die Dinge, die in der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung Konsens sind, müssen auch vom Massenmedium als Konsens behandelt werden. Die Themen, die in der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung als kontrovers angesehen werden, müssen auch vom Massenmedium als Kontroverse angesehen werden. Und für die Sphäre der Devianz gilt dasselbe.

      Und ich sehe es so, dass diese Haltung – bei denen zumindest die 3 Sphären annähernd deckungsgleich in der Redaktion und in der Bevölkerung sind – die Idee der journalistischen Neutralität für mich am plausibelsten beschreibt.

      Und um auf deine Frage zu antworten. Ich würde mir wünschen, dass die Redaktionen von Massenmedien, Nachrichten, Leitmedien eine andere Zielgewichtung wählen würden, als die **allgemeine** Glaubwürdigkeit. Gleichwohl wissend, dass ein Massenmedium damit vermutlich den Status eines Massenmediums verlieren würde. Ich schreibe ja im Eingangstext: Das ist für die Nachrichten möglicherweise ein "Catch-22" Dilemma.

    8. Andreas P.
      Andreas P. · vor mehr als 3 Jahre

      @Christoph Zensen Das eigentliche Ziel ist doch viel profaner: Reichweite in der richtigen Zielgruppe und damit Werbung und noch möglichst viele zahlende Leser.
      Trendfolger des Mainstreams zu sein hält einen zunächst ungefähr da wo man ist und vermeidet den Absturz. Das kann man dann Glaubwürdigkeit nennen, dann ist es nicht so banal und besser moralisch aufgeladen.
      Ein Massenmedium das diesen Status freiwillig verliert. Das ist so wie brüllend in ein Maschinengewehrnest zu rennen, um einen Punkt zu machen.

    9. Manu J
      Manu J · vor mehr als 3 Jahre

      @Andreas P. Warum sollte ich Scott Adams glauben schenken? In deiner Zusammenfassung klingt die Theorie wenig glaubwürdig.

      Übrigens: ich meinte zu glauben, Glauben gehöre zu den kognitiven Fähigkeiten :)

      Ein kleiner Gedanke am Rande.

    10. Andreas P.
      Andreas P. · vor mehr als 3 Jahre

      @Manu J Ich bin mir auch nicht sicher wieviel von dem Scott Adams Buch bullshit ist. Aber am Grundprinzip und Konzept ist was dran. Trump ist das lebende Beispiel.

  3. Christoph Zensen
    Christoph Zensen · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

    Marco Bertolaso, der Nachrichten-Chef des DLF, reflektiert sich und die Rolle der Nachrichten ziemlich regelmäßig auf der Website des Deutschlandfunks. Dieses Jahr hat er sich auf Twitter noch einmal über den Zusammenhang von Haltung und Glaubwürdigkeit geäußert:
    “Wir haben aber (im Dienst) keine "Haltungen" zu einzelnen Fragen. Wir sind nicht für oder gegen AKW, Fleischkonsum etc. Kurz, wir sind keine Aktivist/innen im engeren Sinne. Wären wir es, verlören wir Glaubwürdigkeit bei und Zugang zu großen Teilen der Gesellschaft."

    Ich finde, hier wird es sehr deutlich. Der Beißreflex gegen Haltung und Aktivismus ist vor allem in der allgemeinen Glaubwürdigkeit und dem Zugang zur ganzen Gesellschaft begründet.

  4. Christoph Zensen
    Christoph Zensen · vor mehr als 3 Jahre

    Ich weiß nicht, wie es andere empfinden. Ich glaube, dass die TAZ oder The Intercept kein Leitmedium sein können. Nicht, weil sie schlechter arbeiten als die anderen. Einfach nur deswegen, weil sie ihre redaktionellen Schwerpunkte zu weit abseits des gesellschaftlichen Konsenses legen.

    Kann mir jemand mit Literatur zu diesem Phänomen weiterhelfen? Oder bin einfach nur auf dem Holzweg und finde deswegen kaum etwas zum Glaubwürdigkeits-Bias?

    1. Hansi Trab
      Hansi Trab · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

      Ich glaube, Du bist zumindest nicht zu weit weg. Im Grunde antizipieren die Leitmedien das Vorhandensein der Schweigespirale und und wollen dann selbst nicht mehr all zu weit von der Position abweichen, von der sie glauben, dass die Mehrheit der Bürger sie von ihnen erwartet. Ob das Ergebnis damit als Schere im Kopf oder als Self-fulfilling-prophecy, bzw. als Normen verstärkend bewertet wird, liegt im Auge des Betrachters. Jemand, der eine Diskursverschiebung (egal welche Richtung) begrüßt, sieht's wohl eher als Schere im Kopf, wer mit dem aktuellen Status zufrieden ist, wohl eher als gesellschaftsstärkend.

      Vor diesem Hintergrund ist Glaubwürdigkeit einerseits selbstverständlich die Währung der Medienbranche, weil sie einfach darüber entscheidet, wie viele Leser angezogen werden können, zum anderen ist sie aber auch der Motor für Meinungs- und Diskursverschiebungen, weil die erwartete Glaubwürdigkeit auch darüber entscheidet, wie stark sich Leitmedien gegenüber alternativen Medien oder neuen gesellschaftlichen Phänomenen öffnen. Denn öffnen sie sich, signalisieren sie auch der Öffentlichkeit, dass es in Ordnung ist, eine ähnliche Meinung zum Thema zu haben.

      Insofern ist Journalismus mit Haltung oder aktivistischer Journalismus ein zweischneidiges Schwert, wenn man ihn auf die Leitmedien angewendet sehen will. Denn dann müsste eine Öffnung nach allen Seiten her, was dann aber eben auch hieße, Glaubwürdigkeit mit der Gießkanne zu verteilen. Das will man aus verständlichen Gründen nicht immer unbedingt, weshalb es eigentlich ganz angenehm ist, dass die Leitmedien sich hier so träge bewegen, auch wenn man natürlich das ein oder andere Thema gerne schneller im Fokus der Öffentlichkeit hätte.

      Aktuelle Literatur bin ich ein wenig überfragt. Vielleicht mal die Klassiker nachschlagen, da steht einiges, was sich zu verdichten lohnt:

      McKroskey --> 5 Dimensionen der Glaubwürdigkeit
      Noelle-Neumann --> Isolationsfurcht, Konformitätsdruck
      Raven --> sozialer Einfluss und Macht
      Bandura --> soziale Konstruktion der Wirklichkeit und soziopolitischer Wandel

    2. Christoph Zensen
      Christoph Zensen · vor mehr als 3 Jahre

      @Hansi Trab Hallo Hansi,

      vielen Dank erst einmal für deinen Input und die Literaturtipps.

      Bei deinen ersten beiden Absätzen habe ich viel mit dem Kopf genickt. Beim dritten Absatz gehts dann auseinander :)

      "Denn dann müsste eine Öffnung nach allen Seiten her"

      --> Das würde ich erst einmal so nicht unterschreiben. Die "Seiten" sind ja auch wieder nur Rückkopplung zur aktuellen Normalität.

      "Glaubwürdigkeit mit der Gießkanne zu verteilen"

      --> Warum? Wenn sich eine Redaktion zu einzelnen Themen eine eigene Position auf bestem Wissen und Gewissen erarbeitet und begründet, dann kann sie auch so verfahren. (Wenn sich etwas hinterher als falsch oder schlecht durchdacht herausstellt, dann eben ein "Mea Culpa" und ein Positions-Update)

      "weshalb es eigentlich ganz angenehm ist, dass die Leitmedien sich hier so träge bewegen"

      --> Für die Klimakrise war und ist es fatal träge. Das ist das Gegenteil von angenehm.

    3. Hansi Trab
      Hansi Trab · vor mehr als 3 Jahre · bearbeitet vor mehr als 3 Jahre

      @Christoph Zensen Erstmal zum letzten Einwand. Ja, hier geht es viel zu langsam, da ist's unangenehm. Aber schau Dir mal Deinen Piq zu den tagesthemen an: da wünscht man sich doch gleich, sie würden noch länger brauchen und man sieht leider, wie erfolgreich es den neurechten Medien schon gelungen ist, die Wahrnehmung der Leitmedien über das, was die Medienkonsumenten wünschen, zu beeinflussen.

      Das mit der Öffnung nach allen Seiten und mit der Verteilung der Glaubwürdigkeit nach dem Gießkannenprinzip habe ich wohl zu sehr unter diesem Eindruck und im Hinblick auf politische Positionen formuliert. Grundsätzlich hast Du natürlich recht und es kommt auch auf die fachliche und und inhaltliche Kommunikation der Redaktion an, ob sie als glaubwürdig bewertet wird. McKroskey hebt ja auch darauf ab, dass neben der Vermutung über den Charakter v.a. die zugeschriebene Kompetenz darüber entscheidet, ob ein Medium als glaubwürdig wahrgenommen wird.

    4. Christoph Zensen
      Christoph Zensen · vor mehr als 3 Jahre

      @Hansi Trab Hallo Hansi,

      #tagesthemen-Kommentar
      Den aktuellen Vorstoß zur Multiperspektivität sehe ich auch wieder stark durch die Brille der Glaubwürdigkeit. Sie wollen ihre Glaubwürdigkeit erhöhen oder erhalten und versuchen sich noch mehr an die Meinungen, wie sie nun einmal aktuell existieren, anzulehnen. Die Hoffnung: Jeder sieht sich hin und wieder mal repräsentiert und das zahlt sich in Glaubwürdigkeit aus. (Ich halte diese Hoffnung auch für durchaus berechtigt).
      Das ist aber auch genau der Glaubwürdigkeits-Bias, den ich im Piq beschrieben habe. Es ist zu befürchten, dass man die Meinungen und die zur Begründung angeführten Fakten zu wenig auf Richtigkeit, Plausibilität usw. überprüft. Und auch die ethischen Aspekte keine Rolle spielen lässt. Alles egal, Hauptsache die Glaubwürdigkeit des Mediums ist gut.

      #McCroskey
      Ich recherchiere hier mal hinterher. Ich kenne ihn nicht.

      #Schweigespirale
      Ich habe von der Theorie bisher die Finger gelassen, weil ich das Gefühl hatte, dass dabei so ein Appell mitschwingt, dass die Leitmedien sich für alles öffnen sollen und nichts totgeschwiegen werden darf. Wie du ja weißt, bin ich da völlig anderer Ansicht und bin froh, dass viele Themen, wie Rassentheorie, Sklaverei, Homosexualität als Krankheit, uvm als abseitig betrachtet werden und in der Sphäre der Devianz vom Diskurs ausgeschlossen sind.
      Aber vielleicht habe ich diesen Appell da ja auch nur hineininterpretiert. Und auch wenn nicht: Die Theorie selbst kann ja trotzdem stimmen und etwas erklären.

    5. Hansi Trab
      Hansi Trab · vor mehr als 3 Jahre

      @Christoph Zensen #Schweigespirale
      Ich gehe davon aus, dass die Theorie ursprünglich wertfrei beschreibend angelegt war, bzw. der Tatsache, dass der beschriebene Effekt dem öffentlichen Bekenntnis zu extremen politischen Ansichten entgegenwirkt, eher positiv zugeneigt war/ist. Zumindest habe ich sie vor vielen Jahren als solches kennengelernt.

    6. Christoph Zensen
      Christoph Zensen · vor mehr als 3 Jahre

      @Hansi Trab
      #Schweigespirale
      Alleine der Name, ich bin da sehr skeptisch. 1969 erfindet Nixon die "schweigende Mehrheit" und direkt im Anschluss kommt Noelle-Neumann mit der Theorie der "Schweigespirale". Außerdem hat sie ja selbst ihre Theorie immer wieder für die Idee der "schweigenden Mehrheit" eingespannt, indem sie immer wieder kritisch darauf hingewiesen hat, dass das Verhältnis der politischen Ansichten von Journalist:innen in den Massenmedien sich von dem in der Bevölkerung unterscheidet. Mir gefällt dabei nicht, wie die aktuellen Meinungen in der Bevölkerung irgendwie heiliggesprochen werden. Die Meinungen sind doch sowieso immer auch so eine Soße aus den Einstellungen der Eltern und der Bildung und aus der Zeitung und aus Werbung und tausend anderen Dingen. Es ist doch eigentlich totaler Quatsch, dass sich die Redaktionen dahingehend aufstellen oder orientieren sollten. Das wäre eine sehr seltsame, zyklische Beziehung:
      Die Redaktionen der Massenmedien orientieren sich an Meinungen in der Bevölkerung; und die Leser/Hörer/Zuschauer schauen auf die Massenmedien.

    7. Hansi Trab
      Hansi Trab · vor mehr als 3 Jahre

      @Christoph Zensen "Es ist doch eigentlich totaler Quatsch, dass sich die Redaktionen dahingehend aufstellen oder orientieren sollten"

      Und warum denkst Du, werden dann die Glaubwürdigkeitsstudien durchgeführt?

      Ich denke, die Logik der Theorie ist alles andere als ein Zirkelschluss. Da ist ein definitiv ein wechselseitiges Aufeinanderschauen und Abtasten. Sonst wäre doch gar kein Prozess möglich.

    8. Christoph Zensen
      Christoph Zensen · vor mehr als 3 Jahre

      @Hansi Trab Ich meinte "Quatsch" hier aus einer rein journalistisch-ethischen Perspektive #rigoros #gründlich #kritisch #transparent #reflektiert.

      Die allgemeine Glaubwürdigkeit ist aber natürlich aus anderen Gründen sehr wertvoll: Reichweite, Einfluss auf die Meinungsbildung, früher: hohe Einnahmen aus dem Anzeigengeschäft, im ÖR: Legitimation für die Rundfunkgebühren.

    9. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 3 Jahre

      @Christoph Zensen Ehe eine Gesellschaft etwas als abseitig betrachten kann, muß sie es in allen Facetten diskutieren. Das Homosexualität keine Krankheit ist, Pädophilie aber schon, war ein Erkenntnisprozess. Und ein gesellschaftlicher Entwicklungsprozess, der geführt werden muß, auch in den Medien.

    10. Christoph Zensen
      Christoph Zensen · vor mehr als 3 Jahre

      @Thomas Wahl Ob das immer so rational läuft, würde ich mal infrage stellen.

      Aber grundsätzlich stimme ich zu.

    11. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 3 Jahre

      @Christoph Zensen Nein, rein rational entscheiden sich Menschen eh selten Das Verhältnis von Leidenschaften, Gefühlen und Vernunft ist ein schwieriges ....

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