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Pop und Kultur

Warum Peppa das bessere antiautoritäre Vorbild ist als Pippi

Christian Huberts
mächtiger™ Kulturwissenschaftler und Kulturjournalist
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Christian HubertsMontag, 22.03.2021

Vor ein paar Jahren habe ich mich mal ordentlich in die Social-Media-Nesseln gesetzt. Im Fernsehen lief gerade wieder eine der klassischen Pippi-Langstrumpf-Verfilmungen und ich wurde an das eher durchwachsene Verhältnis zu der Figur in meiner prekären Kindheit erinnert. Da ist ein superstarkes und selbstbewusstes Mädchen (so weit, so gut), das offenbar sowie aus äußerst fragwürdiger Quelle reich geerbt hat (na ja) und eben nicht nur den Mächtigen gerechtfertigt auf den Keks geht, sondern eher willkürlich auch mal den Kraftmensch vom Jahrmarkt vor versammeltem Publikum demütigt (urks). Entsprechenden Post abgesetzt, noch den Begriff »bildungsbürgerliche Anarchie-Fantasie« untergebracht und den Reaktionen nach zu urteilen damit wohl Blasphemie betrieben. Pippi Langstrumpf nimmt eine wichtige symbolische Funktion in manchen, sich irgendwann einmal als antiautoritär verstanden habenden Milieus ein.

Damals habe ich mich in die Schutzbehauptung des »war jetzt auch nicht so ernst gemeint« geflüchtet, weil dieser Gedankengang, dass Pippi vielleicht gar kein so gelungenes Vorbild ist, schlicht kaum ausgearbeitet war. Berit Glanz hat diese Arbeit für 54books jetzt vorbildlich erledigt und ich wünschte ich hätte bei meinem vergangenen »Fauxpas« diesen wunderbaren Text zur Machtkritik in Erzählungen für Kinder parat gehabt, um das flaue Gefühl mit der Figur zu untermauern:

Das anarchische Potenzial verpufft, wenn Pippi beispielsweise die Polizisten ebenso wie die Einbrecher mit ihrer körperlichen Dominanz und Respektlosigkeit auflaufen lässt. Die etablierte Ordnung wird zwar umgekehrt, aber in dieser Kippbewegung ist kein Platz für die Kritik subtiler Machtgeflechte. Der erzählte Konflikt in Tricksternarrativen ist nicht sozialkritisch, sondern nur ein kurzfristiges Aushebeln autoritärer Macht, die jedoch nicht an sich hinterfragt wird.

Wie Berit Glanz feststellt, ist Pippi Langstrumpf eine Trickster-Figur, die im politischen Sinne nichts wirklich will, außer Chaos zu stiften. Sie ist für frühere Generationen vielleicht das, was für heutige Millennials die Figur des Jokers ist. Die Identifikation mit ihr erlaubt es, sich von den »Normies« (etwa Annika und Tommy) abzuheben und jede Grenzüberschreitung zur antiautoritären Geste zu überhöhen, ohne tatsächliche Konsequenzen für die soziale Ordnung. Dem gegenüber stellt Glanz die Erzählwelt des aktuell überaus erfolgreichen Comic-Schweins Peppa Wutz, die sich weitaus feinfühliger mit den gesellschaftlichen Machtstrukturen auseinandersetzt.

Autorität wird bei Peppa Wutz nicht durch den Ordnungsbruch des Tricksters sichtbar gemacht, sondern ins Absurde überführt, während die Tierkinder fröhlich lachend daneben stehen. Die Indifferenz der Tricksternarrative wird von einer subtileren Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Machtstrukturen ersetzt. Der Unterschied liegt zwischen plumper erzählerischer Anarchie, in der Regeln zwar auf den Kopf gestellt, aber schlussendlich doch bestätigt werden und feiner Erzählarbeit, die der Macht differenziert ins Gesicht lacht.
Warum Peppa das bessere antiautoritäre Vorbild ist als Pippi

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Kommentare 1
  1. Gabriel Koraus
    Gabriel Koraus · vor 3 Jahren

    Geistreich und unterhaltsam, danke für Deinen Text! Allerdings sei mir noch kurz der Hinweis gestattet, dass Trickster-Figuren in der religions- und kulturwissenschaftlichen Forschung immer eine inhärente Ambivalenz attestiert wird: Sie verursachen Chaos UND Emanzipation

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