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Kopf und Körper

Der geschätzte Anschein von Geschäftigkeit

Christian Gesellmann
Autor und Reporter

Geboren 1984 in Zwickau, Studium der Politikwissenschaft, Geschichte und Germanistik in Jena und Perugia. Volontariat bei der Tageszeitung Freie Presse, anschließend zweieinhalb Jahre als Redakteur in Zwickau. Lebt als freier Autor in Leipzig und Bukarest. Quoten-Ossi bei Krautreporter.

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Christian GesellmannMittwoch, 16.02.2022

Wie die Logik des Kapitalismus alle Bereiche unseres Lebens durchdringt, von der Arbeit bis zur Romantik, ist, finde zumindest ich, immer recht unersprießlich nachzulesen – schließlich ist man einer der Durchdrungenen, und der Zeitraum der präkapitalistischen Undurchdrungenheit scheint unwiderruflich abgeschlossen. Wie war das wohl damals? Vielleicht auch nicht immer nur schön, aber immerhin war ein Hobby noch ein Hobby. Kräftig kämpfte das Hobby, es wollte undurchdrungen bleiben, doch letztlich rissen wir es mit unserer verinnerlichten protestantischen Arbeitsethik mit in die Abgründe der permanenten kapitalistischen Selbstausbeutung. In welch ungnädigen Funktionen es uns nun unter der knöchernen Knute unserer leistungsgetrimmten geistigen Konstitution knechten muss, hat Julie Beck für The Atlantic in diesem Essay verhältnismäßig ersprießlich niedergeschrieben. 

“Hobbies take on this aura of being good, useful, appropriate, and socially sanctioned. Something you should—the word here is should—be doing,” Steven M. Gelber, a historian and the author of Hobbies: Leisure and the Culture of Work in America, told me. “And if you’re one of those slackers that doesn’t have a hobby, then you are suffering from some kind of a moral weakness or failing.”

Früher, bis zum späten 19. Jahrhundert, waren Hobbys einfach jede Art von Tätigkeit, die außerhalb der Arbeit ausgeübt wurde, und ihnen wurde kein moralischer Wert beigemessen. Doch mit der industriellen Revolution, spätestens als der 8-Stunden-Arbeitstag und die 5-Tage-Woche eingeführt wurden, kam die Idee der Freizeit auf – und mit ihr die Bedrohung, dass so viel freie Zeit nur zu Straffälligkeit und Linksradikalismus oder so führen könnte. Nun kommen Hobbys als tugendhafte Art der Freizeitgestaltung ins Spiel, als Aktivitäten, die "die Werte von Leistung, Produktivität, Fortschritt und harter Arbeit stärken, auch wenn sie eine Pause von der eigentlichen Arbeit bieten".

Interessanterweise stellt der Artikel fest, dass die Beschäftigung mit Hobbys immer dann zunimmt, wenn es eine Arbeitslosenkrise gibt – wie während des Finanzcrashs Anfang der 1930er-Jahre – oder Momente großer Panik und wirtschaftlicher Unsicherheit – wie im Zweiten Weltkrieg oder der aktuellen Pandemie. "Wo immer es ein Produktivitätsvakuum gibt, so scheint es, drängen Hobbys auf den Plan. Das wirft die Frage auf: Schätzt die Gesellschaft Hobbys wegen ihres tatsächlichen Nutzens oder weil wir den Anschein von Geschäftigkeit schätzen?"

Nicht zuletzt geht der Artikel auch auf die Rolle der sozialen Medien in der Hobby-Affäre ein. Insbesondere wird darauf hingewiesen, dass Hobbys leicht in soziales Kapital umgewandelt werden können – da wir unsere Aktivitäten ständig mit denen anderer vergleichen – und zu einem Instrument der persönlichen Markenbildung werden können. Und dabei entfernen sich Hobbys immer weiter von der Idee, etwas einfach deshalb zu tun, weil es Freude macht.

Der geschätzte Anschein von Geschäftigkeit

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Kommentare 1
  1. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor 2 Jahren

    Lebenslauf. Hobbes xyz

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