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Literatur

Nightwalking David Wagner, pt. I

Andreas Merkel

Sachbuchautor über Romane in Berlin. Letzte Veröffentlichung: "Mein Leben als Tennisroman" (Blumenbar). Kolumne "Bad Reading" im Freitag (das meinungsmedium).

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Andreas MerkelMittwoch, 29.09.2021

An einem der letzten Sonntage hatte ich mich mit David Wagner – big thrill – nachts zum Spazieren verabredet. Nachts musste sein, weil das Portrait-Genre Autoren-Spaziergang inzwischen doch etwas sehr unter die Räder gekommen ist. Und David Wagner musste sein, weil er der internationale Spazier-Profi der deutschen Gegenwartsliteratur ist – aktuelle Veröffentlichungen: Verlaufen in Berlin im Verbrecher Verlag, Nachtwach Berlin (mit Schildkröte und Fotos von Ingo van Aaren!) im Distanz Verlag.

Nachtwach sollte auch unser Motto sein: als Action-Faktor für die Rahmenhandlung hatte ich zunächst als Treffpunkt Freitagnacht, 0 Uhr auf dem Alex vorgeschlagen („vor der Weltzeituhr!“). Mir hatte die Schilderung des nächtlichen Alex als zu gefährlich für Mädchen wie uns in Ruth Herzbergs aktuellem Beziehungskiller-Roman imponiert. In einer der vielen Absturz-Szenen trifft die Ich-Erzählerin in einer Bar auf einen frisch aus dem Puff gekommenen Bullen, der sie nachdrücklich vor den nächtlichen Verhältnissen auf dem Alexanderplatz warnt. Alte Autoren-Hoffnung: vielleicht würde uns ja wirklich etwas passieren!

Die zerschlug sich aber, weil David am Freitag kurzfristig seine dritte Impfung bekommen hatte. Also spontane Verlegung auf Sonntag, selbe Stelle, selbe Zeit. Auch das drohte jedoch zu kippen, weil der Sonntagstermin noch mal anders problematisch wurde: Ich war bereits nachmittags zwei Stunden spazieren gewesen (bis zum verdammten Humboldt-Forum) und hatte eigentlich die Schnauze voll, und David fühlte sich auch nur so mittel … Bis mir folgender Schummelvorschlag einfiel: Rahmenhandlung hin, Dangerseeking her – dann treffen wir uns eben einfach „menschenfreundlicher“ schon um 23 Uhr vor der Volksbühne. Perfekt, David war sofort einverstanden.

Und jetzt stehen wir vor also vor der Volksbühne bei Rene Pollesch‘ Zirkuswagen mit den Aufschriften LOVE und HATE und freuen uns kurz darüber, wie wir unsere eigene Sonntagsträgheit ausgetrickst haben. Einmal auf dem Schummel-Trip fällt mir dann natürlich gleich noch was Besseres ein: Wir faken einfach den gesamten Spaziergang und gehen jetzt lieber ins Prassnik, Herrndorfs alte Stammkneipe, und trinken was. Gesagt getan.

Im Prassnik ist um die Uhrzeit sogar noch einiges los, draußen darf wegen der Anwohner nicht mehr bedient werden, also gehen wir rein und finden noch einen Tisch. Große Apfelschorle für David, großes Bier für mich, absolute Ausnahme, normalerweise verbringe ich den Sonntag strikt muslimisch alkoholfrei (und noch eine Idee für unseren Spaziergang war eigentlich, sich zu betrinken und in Berlin zu verlaufen, aber das kann man laut David nur noch in Reinickendorf).

Das Bar-Ambiente erinnert uns an unser letztes Treffen vor anderthalb Jahren, kurz vor Pandemiebeginn, wo wir bereits nicht mehr ins offen rumstehende Salzgebäck griffen, lieber über unser Schreiben sprachen und noch keine Ahnung hatten, was auf uns zukommen würde (z.B. keine Indoor-Bars mehr). Zeit, David endlich mit dem entscheidenden Twist für mein Portrait über ihn zu konfrontieren:

Dass und wie ich Spazieren hasse.

Und zwar alles daran: das Gemächliche, Schlendernde, Rentnerhafte, Sonntägliche. Die subaerobe Belastung. Das Stehenbleiben und Rumgucken (man beobachtet als Autorin eh schon zu viel, leidet unter der eigenen Dauervigilanz). Den Begriff Flanieren. Alles also, was dem Schreiben sowieso schon zu sehr entspricht.

„Wenn ich rausgehe“, sage ich zu David, „dann will ich mich auspowern und vergessen, anschließend die Gnade der Erschöpfung spüren“.

Ich weiß nicht, ob ich wirklich „Gnade der Erschöpfung“ sagte, aber David lächelte auch so amüsiert und milde über meine Idee, dass er mich jetzt gewissermaßen vom Gegenteil überzeugen sollte. Er ist einer der klügsten, kultiviertesten Autoren, die ich kenne. Vor allem, ohne dies jemals raushängen zu lassen. Und so wußte er natürlich auch, dass alles Anti längst im Wesen dessen, gegen das es angeht, hängengeblieben ist (meine gleichzeitige Sehnsucht nach einem altersgerechteren Großstadt-Intellektuellen-Lifestyle mit Zeitungslesen im Halliflor, wie David ihn kultiviert und ich ihn nie richtig aushalte, ohne mich gleich der Pose zu bezichtigen). Er ging also nicht sofort direkt auf mich ein (und ich verzichtete dann auch erst mal darauf, ihn mit weiteren Routinen aus meinem Leben zu behelligen, um nicht noch ein mildes Lächeln zu ernten). Außerdem mag David keine Dialoge.

Lesen Sie morgen in Teil II dieses Spazier-Versuchs, was und wie es dann noch wirklich abging!

Nightwalking David Wagner, pt. I

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