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Literatur

Fake Accounts

Andreas Merkel

Sachbuchautor über Romane in Berlin. Letzte Veröffentlichung: "Mein Leben als Tennisroman" (Blumenbar). Kolumne "Bad Reading" im Freitag (das meinungsmedium).

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Andreas MerkelDonnerstag, 26.08.2021

Die US-Autorin Lauren Oyler ist Anfang 30, auf Twitter 1,80 groß und 27K Follower schwer. Sie hat für Vice ziemlich amerikanische und ziemlich lustige Interviews mit Bros geführt (Ask A Bro), gerade für den New Yorker Jenny Erpenbeck portraitiert und im Guardian über Radfahren (beziehungsweise mit dem Rad verunglücken) in Berlin geschrieben. Einen Namen machte sie sich auch als Co-Autorin von Obamas Planungsstab-Leiterin Alyssa Mastromonaco (Who Thought This Was a Good Idea? And Other Questions You Should Have Answers to When You Work in the White House) und als Kritikerin von Jia Tolentino (Trick Mirror): Ha ha! Ha ha! heißt der Verriss in der London Review of Books betitelt, der 30.000(!) Zeichen lang ist und der etwas berühmteren Instagram-Feministin Tolentino hysterische Selbst-Zentriertheit vorwirft (was natürlich aber von Tolentino selbst problematisiert wird, sodass man nicht ganz kapiert, was das Problem ist). Außerdem hat sie, also wieder Lauren Oyler jetzt, gerade selbst einen "Internet-Roman" geschrieben, Fake Accounts (Catapult). Und der Grund, warum ich all das weiß, ist, dass ich ab und zu in der New York Times nachgucke, was dort gerade als der hot shit gehandelt wird.

Fake Accounts geht noch ganz gut los, und zwar in Berlin, wo Oyler ein paar Jahre lang gelebt hat. Eine amerikanische Ich-Erzählerin verliebt sich dort auf einem Pub Crawl in ihren ebenfalls amerikanischen Touristenführer Felix, der eigentlich Künstler aus LA ist. Sehr wordy und selbstironisch wird erklärt, wie es sich für Expats anfühlt, an einem peinlichen Pub Crawl nicht nur teilzunehmen (und was die Deutschen möglicherweise von einem denken mögen), sondern sich ebendort auch noch in jemanden zu verlieben. Die beiden kommen zusammen, Felix zieht nach New York, und als Trump Präsident wird, muss die Ich-Erzählerin feststellen, dass ihr Freund auf Social Media ein rechter Verschwörungstheoretiker ist. Sie nimmt am Women's March auf Washington teil und will ihn anschließend zur Rede stellen, aber da ist Felix schon mit dem Rad tödlich verunglückt. Die Ich-Erzählerin zieht dann nach Berlin zurück und datet auf Online-Plattformen Typen, indem sie selbst von sich absurde Profile (fake accounts, get it?) anlegt.

Das ist jetzt ziemlich knapp und gemein zusammengefasst, aber das Problem ist, dass Lauren Oyler wirklich sehr selbstreflektiert und intelligent schreiben kann, aber nie über Psychogramme, Plot- und Punchlines einer (wie gesagt durchaus gut geschriebenen) Kolumne über Liebe in Zeiten von Facebook, Twitter, Instagram hinauskommt. Beziehungsweise eben viel zu weit darüber hinauskommen will: Je detaillierter, deskriptiver, epischer, assoziativer (... Roman halt) sie wird, umso mehr vermisst man die strenge Zeilenvorgabe dieser Kolumne. Das vielleicht Nervigste an dieser Art zu schreiben ist die ständige supersmarte Selbstproblematisierung: Im Grunde alles zu durchschauen, aber nicht anders zu können (ein imaginärer Chor aus Ex-Boyfriends weist sie darüber hinaus auch noch immer wieder "augenrollend" darauf hin: "Get to the point!"). Was (alles wissen, aber nicht anders können) wiederum natürlich sehr zeitgemäß und genau das ist, was Oyler im Grunde Tolentino vorgeworfen hat.

Lieblingsstelle: Sie textet ausführlich mit ihrem Lover auf dem Nachhause-Weg vom Yoga und ...

... By this point I'd made it home and now you have no idea what the route from my yoga studio to my apartment looks like because I was staring at my phone for the entire walk.

Die New York Times empfiehlt den Roman als erkenntnisbringende Yes, but-Lektüre (s. u.). Yes, but ich muss zugeben, beim Lektüreabbruch (Seite 65, mit Vorblättern) eine gewisse Erleichterung empfunden zu haben, dass ein catchy Twitter-Feed eben doch nicht als Buch funktioniert. Literature strikes back!

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