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Klima und Wandel

Doch keine Mondlandung: Der Entwurf der EU-Kommission für ein Klimagesetz ist raus

Alexandra Endres
Journalistin
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Alexandra EndresMittwoch, 04.03.2020

Das EU-Klimagesetz soll das Kernstück des "Green Deals" sein, also jenes Programms, mit dem die EU-Kommission den Kontinent bis zum Jahr 2050 klimafreundlich machen will. Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte das Vorhaben einst mit der Mondlandung verglichen. Sie meinte damit, dass ihr "Green Deal" ähnlich ambitioniert werden solle.

Jetzt hat von der Leyens Kommission ihren Entwurf für das Klimagesetz vorgestellt. Die taz liefert im hier gepiqten Text einen klaren, knackigen Überblick des Inhalts. Der Entwurf bleibe "weit hinter den Erwartungen zurück", schreiben die Kollegen.

Und das steht drin:

  • Die EU als Ganzes soll bis 2050 weniger Treibhausgase ausstoßen, als sie kompensieren kann. Das Ziel ist nicht neu, es wird hier noch einmal bekräftigt. Ziele für die einzelnen Mitgliedsstaaten gibt es aber nicht. Das räumt beispielsweise Ländern wie Polen – und auch Deutschland, das zuletzt ja Schwierigkeiten hatte, seine eigenen Klimaziele zu erreichen – mehr Spielraum ein.
  • Das EU-weite Klimaziel für das Jahr 2030 soll verschärft werden, aber erst "ab September 2020". Derzeit besagt es, dass Europa bis 2030 seine Treibhausgasemissionen um 40 Prozent reduziert. Diskutiert wird jetzt über ein Ziel von minus 50 oder 55 Prozent. 

Formal sei dagegen wenig einzuwenden, schreibt die taz.

Politisch geht davon jedoch ein Signal der Zögerlichkeit aus. Das Europaparlament hat bereits gefordert, das Zwischenziel einer CO2-Reduzierung um 40 Prozent auf 50 bis 55 Prozent anzuheben. Frankreich, Italien, Spanien sowie neun weitere EU-Staaten verlangen zudem mehr Tempo. Ein Vorschlag für das 2030-Ziel solle spätestens im Juni kommen, heißt es in einem Schreiben an Klimakommissar Frans Timmermans.

Der Grund dafür: Im November findet der nächste UN-Klimagipfel statt, auf dem die Unterzeichnerstaaten des Pariser Abkommens ihre neuen, schärferen Klimaziele vorlegen sollen. Bislang haben das aber nur drei Staaten getan. Die UN-Klimaziele beziehen sich auf das Jahr 2030. Und weil die Klimaverhandlungen im Rahmen der UN derzeit kaum vorwärts kommen, wäre es wichtig, dass die EU sich dort eindeutig positioniert. Mit einem schärferen Klimaziel. Wenn Europa aber erst "ab September 2020" anfängt, darüber nachzudenken, könnte die Zeit für den Gipfel zu knapp werden.

Auch Umweltverbände würden sich wünschen, dass es schneller ginge. Für sie müsste die EU schon 2040 klimaneutral sein.

Die taz kritisiert außerdem:

Konkrete Maßnahmen (um das 2050er Ziel zu erreichen, Anm. AE) fehlen völlig. Die EU-Kommission setzt auf Folgeabschätzungen, Experten-Berichte und Reviews, mit denen europäische und nationale Gesetze auf ihre Klimaverträglichkeit abgeklopft werden sollen.

Ein Lesetipp für alle, die mehr über die gebotene Eile vor dem UN-Klimagipfel wissen wollen und darüber, warum die EU sich hinsichtlich des 2030er Ziels so langsam bewegt, ist dieser Text von Verena Kern bei den Klimareportern.

Kern weist in ihm auch auf ein interessantes Detail hin:

Um in Zukunft zügiger zu Ergebnissen zu kommen, will sich die EU-Kommission laut Klimagesetzentwurf das Recht einräumen lassen, die Klimaziele ab 2023 alle fünf Jahre anzuheben, ohne sich von den EU-Regierungen oder dem Europaparlament viel hineinreden zu lassen.

(...)

Nach Einschätzung von Oliver Geden von der Stiftung Wissenschaft und Politik geht es bei dem Klimagesetzentwurf "weniger um neue Ziele als um neue Entscheidungsverfahren". Der Entwurf ziele auf eine Machtverschiebung von den Mitgliedsstaaten in Richtung des Europaparlaments und vor allem der EU-Kommission, meint Geden.

Jetzt geht der Gesetzentwurf der Kommission aber erst einmal ins EU-Parlament. Voraussichtlich in der kommenden Woche soll dort die Debatte über das Klimagesetz beginnen. Auch die Regierungen der Mitgliedsstaaten müssen noch zustimmen. Bis das Gesetz kommt, wird es wohl noch ein paar Monate dauern.

Doch keine Mondlandung: Der Entwurf der EU-Kommission für ein Klimagesetz ist raus

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Kommentare 10
  1. Dominik Lenné
    Dominik Lenné · vor 4 Jahren

    Interessant, dass die 12 hier voranpreschen. Warum wundere ich mich nicht, dass Deutschland nicht unter ihnen ist? Sarkasmus beiseite. Die Mondlandungs-Metapher ist immer noch gut. Von der Leyen hat nun einmal bei weitem nicht die Macht eines US-Präsidenten. Oder irgendeines anderen Staatschefs, wo wir dabei sind.
    Der Stammtischpolitiker in mir sagt: Hätten wir ein umfassendes, einheitliches Cap in unserem Cap&Trade (ETS), könnten wir über eine einheitlichen Emissionsminderungspfad diskutieren und beschließen und würden uns nicht in Zielen für 2030 verlieren, und auch nicht in der Aufteilung der Emissionen auf die verschiedenen Länder.
    Aber einen Punkt von Greta Thunberg finde ich bemerkenswert: Minderungsziele jährlich festzuschreiben und nicht 20-jährlich.

    1. Alexandra Endres
      Alexandra Endres · vor 4 Jahren

      Ja, da ist was dran, an der Mondlandungs-Metapher und der mangelnden Macht. Kommende Woche stellt die Kommission übrigens ihre Industriepolitikpläne vor, auch die sollen sich in den Green Deal fügen, mal sehen wie das alles in der Gesamtheit dann aussieht.

      Und jährliche Minderungsziele wären besser als Ziele im 20-Jahre-Rhythmus, keine Frage. Am besten wäre dann aber wohl gar kein Ziel, sondern ein Emissionsbudget, das eingehalten werden muss, bis wir zu netto null gelangen. Nur: Politisch ist das vermutlich illusorisch.

    2. Dominik Lenné
      Dominik Lenné · vor 4 Jahren · bearbeitet vor 4 Jahren

      @Alexandra Endres Emissionsbudget ist haarig. Weil man dann Farbe bekennen muss. Greta Thunberg macht das ja netterweise für uns - sie hat Recht, wenn sie das EU - Ziel als Kapitulation bezeichnet. Aber noch aus einem anderen Grund: Das globale Emissionsbudget ist bekannt. Aber die Aufteilung auf die Länder bzw. Ländergruppen ist nicht selbstverständlich. Und auch ein Emissionsbudget muss ja operationalisiert werden, d.h. in jährliche Emissionen runtergebrochen. Im Moment ist die Linie eher: "Na, wir haben uns in Paris an der Rettung der Welt per 1,7°-Ziel besoffen, nun sind wir wieder nüchtern und lassen es etwas ruhiger angehen. Ein Bischen über 2 wird wohl auch noch gehen." Wobei die Frage ist, wie Bischen ist das Bischen? Und heuer werden 500 Mio. US$ an Hungerhilfe für's südliche Afrika fällig. Das wird nicht das letzte Mal bleiben, schätze ich.

    3. Alexandra Endres
      Alexandra Endres · vor 4 Jahren

      @Dominik Lenné Ja, das stimmt alles. Das Problem mit den Zielen ist halt immer, dass man sie auf unterschiedliche Art erreichen kann. Entweder, man senkt die Emissionen von Anfang an mit Blick aufs Ziel, quasi linear. Oder, man macht erstmal weiter wie bisher, weil man sich einredet, auch kurz vor Zielerreichung noch ausreichend handeln zu können. Selbst wenn das klappen würde (was es ja nicht tut), haben wir dann am Ende insgesamt mehr Emissionen, als wenn wir von Anfang an gleichmäßig senken würden. Das ließe sich durch ein Emissionsbudget vermeiden.

      Mir ist schon klar, dass das im Moment eine eher akademische Debatte ist. Jährliche Ziele wären dazumindest ein Fortschritt...

  2. Andreas P.
    Andreas P. · vor 4 Jahren

    Klimaschutz als U-Boot um das Demokratiedefizit der EU zu verschärfen. Nigel Farage hätte sicher die richtigen Worte gefunden, wäre er noch im EU-Parlament.

    1. Alexandra Endres
      Alexandra Endres · vor 4 Jahren

      U-Boot? Nach allem, was ich höre, ist der Passus im Gesetz jetzt schon Gegenstand von offenen Debatten. Und Berichterstattung. Es handelt sich also mindestens um ein gut sichtbares Segelschiff ;). Was das Demokratiedefizit betrifft, würde ich erstmal abwarten. Parlament und Regierungen der Mitgliedsstaaten, beide demokratisch legitimiert, müssen ja noch zustimmen. Viele Grüße!

    2. Andreas P.
      Andreas P. · vor 4 Jahren

      @Alexandra Endres U-Boot heißt, das ein beliebiges prominentes Thema genutzt wird um die eigene Zuständigkeit zu erweitern.

    3. Alexandra Endres
      Alexandra Endres · vor 4 Jahren

      @Andreas P. Ja, aber ein U-Boot operiert ja im Verborgenen. Insofern passt das Bild hier nicht ganz, finde ich.

    4. Andreas P.
      Andreas P. · vor 4 Jahren

      @Alexandra Endres Gerne mach ich das Bild drastisch klar:
      Gretas "our house is on fire" entspricht dem Reichtagsbrand und das vorgeschlagene Klimagesetz entspricht der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat, sog. Reichtagsbrandverordnung.

      Damals wurden die Grundrechte und der Föderalismus außer Kraft gesetzt, jetzt wird das Demokratiedefizit verschärft. Der äußere Grund war bzw. ist in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit jeweils so überlagernd, dass man den eigentlichen Effekt der Schädigung der freiheitlich demokratischen Grundordnung hingenommen hat bzw. hinnehmen könnte. Jede Organisation hat die Grundtendenz ihre Zuständigkeit zu erweitern, dass stimmt für die EU genauso wie für die EZB, den Bund gegenüber den Ländern und die Nationalsozialisten. Ich sehe das grundsätzlich sehr kritisch.

    5. Alexandra Endres
      Alexandra Endres · vor 4 Jahren

      @Andreas P. Dass Sie das sehr kritisch sehen, ist schon klar geworden, danke!

      Ich persönlich finde weder den U-Boot-Vergleich zutreffend (schließlich operiert die Kommission hier nicht heimtückisch im Verborgenen), noch den Vergleich mit dem Reichstagsbrand. Niemand setzt hier Grundrechte außer Kraft. Und ob es unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung ernsthaft beschädigt, wenn die Kommission nun in der Klimapolitik ähnliche Rechte bekäme, wie sie in der Haushaltspolitik schon hat? Das scheint mir doch zu weit gegriffen. Nigel Farage finde ich im Übrigen nicht unbedingt einen vorbildlichen Politiker, aber auch da gehen unsere Ansichten offensichtlich auseinander.

      Eine demokratischere EU würde ich mir auch wünschen. Aus meiner Sicht spricht das aber nicht unbedingt gegen eine Verlagerung der Macht nach Brüssel – Sie werden mir da ganz offensichtlich widersprechen – , sondern viel eher für eine Wahl der Kommission durch die EU-Bürger*innen, oder zumindest für eine noch viel stärkere Kontrolle durch das von den Bürger*innen gewählte Parlament.

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