War früher alles besser, als Musik noch "von Hand" gemacht wurde, und Haare wie Songs grundsätzlich länger waren? Wenn Sie das denken, könnte es sein, dass Sie unter Rockismus leiden und dringend eine Gabe Poptimismus brauchen könnten. Und die gibt es nirgendwo besser als bei Switched on Pop. Dort analysieren der Musikwissenschaftler Nate Sloan und der Musiker Charlie Harding regelmäßig (seit März sogar jede Woche unter dem Dach von Vox Media) die aktuelle Poplandschaft und tragen aktuelle Trends und hörenswerte Perlen zusammen.

Manchmal nur zu zweit, aber auch oft mit Gesprächspartnern, konfrontieren Harding und Sloan modernen Pop mit Musiktheorie und Musikgeschichte. Wer sich auf ein gewisses Nerdlevel einlässt, lernt, neu über den sonst leicht als Konsumgut abzukanzelnden Top-40-Pop nachzudenken. Das gilt für die Hörenden ebenso wie für die Interviewpartner. In der gepiqten Folge etwa gibt Songwriter Justin Tranter (der gerade mit Dua Lipa "Swan Song" in den Charts ist) faszinierende Einblicke in seinen Arbeitsprozess und hat auch nichts dagegen, seine Arbeit mit Haydns "Abschiedssinfonie" zu vergleichen, weil er subtile aktivistische Botschaften in seine Songs einwebt.

Eine der größten Stärken von Switched on Pop ist, dass es Trends einen Namen gibt. Von Sloan und Harding stammt zum Beispiel der "Pop Drop", demzufolge in vielen aktuellen Popsongs der Höhepunkt des Songs weniger der Refrain als der darauf folgende Drop (wie in der elektronischen Tanzmusik) ist. Genauso oft betreiben sie einfach gelungenes Close Reading. Vor allem aber sind sie immer wieder dabei, auch ihre eigene Skepsis zu überwinden, und selbst in scheinbar plattesten Entwicklungen Faszinierendes zu entdecken.