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Flucht und Einwanderung

Gestern und Heute: Was geschah in 70 Jahren Flüchtlingskonvention?

Achim Engelberg
Dr. phil.
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Achim EngelbergMittwoch, 28.07.2021

Die Delegierten einer UN-Sonderkonferenz in Genf verabschiedeten am 28. Juli 1951 die Flüchtlingskonvention. 

Nach den Statistiken des UN-Flüchtlingshilfswerks gab es damals im ersten Jahr der Messung 2,1 Millionen Flüchtlinge weltweit – und erst 1973 mehr als drei Millionen Flüchtlinge.

Doch seitdem ging es in Wellen, die besonders am Anfang des 21. Jahrhunderts wuchsen, steil nach oben. Im letzten Jahrzehnt verdoppelte sich die Zahl und trotz vielfach geschlossener Grenzen schwollen die Flüchtlingszahlen im vergangenen Jahr um 2,6 Millionen auf noch nie da gewesene 82,4 Millionen an.

Für Europa war besonders das Jahr 2015 wegweisend. Zygmunt Baumann analysierte die Lage und warnte vor Panikmache:

Der einzige Weg aus den aktuellen Unannehmlichkeiten wie auch den zukünftigen Leiden führt über die Ablehnung der trügerischen Versuchung, sich abzuschotten. Statt uns zu weigern, den Realitäten unserer Zeit, den mit dem Diktum „Ein Planet, eine Menschheit“ verbundenen Herausforderungen ins Auge zu blicken, statt unsere Hände in Unschuld zu waschen und die störenden Unterschiede, Ungleichheiten sowie die selbst auferlegte Entfremdung auszublenden, müssen wir nach Möglichkeiten suchen, in einen engen und immer engeren Kontakt mit den anderen zu gelangen, der hoffentlich zu einer Verschmelzung der Horizonte führt statt zu einer bewusst herbeigeführten und sich selbst verschärfenden Spaltung.

Der Beitrag basiert auf dem Band DIE ANGST VOR DEN ANDEREN.

Auf Grundlage meines aktuellen Buches AN DEN RÄNDERN EUROPAS durfte ich Überlegungen des 2017 verstorbenen Zygmunt Bauman an gleicher Stelle mit einem Essay fortsetzen und aktualisieren.

Man geht nicht ohne Not, man geht aber auch nicht ohne Hoffnung. Anders bei der Flucht, dem dunklen Bruder der Migration. Dabei geht der Fliehende oft dahin, wohin Landsleute zuvor emigrierten. Juristisch zwar unterschieden, sind Flucht und Migration insofern biographisch meist verbunden wie siamesische Zwillinge. Eine klare Trennlinie ist nicht zu ziehen. Flüchtlingsgeschichten ähneln den Botenberichten des klassischen Dramas: In ihnen verdichten sich planetarische Konflikte, gestern wie heute. Bereits Bertolt Brecht, der vom sowjetischen Wladiwostok im Juni 1941 den Pazifik überquert hatte und im kalifornischen Santa Monica angekommen war, sah „auf dem letzten Boot“ eine neue „Landschaft des Exils“, so der Titel seines Ankunftsgedichts, in dem er sich und seinesgleichen als „Boten des Unglücks“ bezeichnete.

Und diese "Boten des Unglücks" bringen zunehmend Nachrichten von der Klimakatastrophe. Das Beharren auf kleinen Notlösungen wird zunehmend problematisch.

Umgekehrt gilt aber auch für die Klimabewegten: Nur wenn diese ihr berechtigtes Anliegen als mit den mannigfachen Krisen untrennbar verbunden betrachten, die sich in Flucht und Migration manifestieren, werden sie angemessen darauf reagieren können. So zwingen etwa die Heuschreckenplagen in Ostafrika und Südasien – die auf die Erwärmung des Indischen Ozean durch den Klimawandel zurückgeführt werden – bereits heute tausende von Menschen zur Flucht vor Armut und Hunger. Doch so dramatisch die Lage ist, so erwächst gerade daraus eine Hoffnung. Bekanntlich bewegt sich Geschichte nicht freiwillig, sondern nur unter bedrängenden Umständen – in Zeiten, in denen sich vielfältige Krisen verbinden und sich dadurch Kräfte bündeln, die diese Krisen gemeinsam zu überwinden in der Lage sind. Daher sollte bei der Suche nach Lösungen für die Jahrhundertaufgabe nicht in sich ausschließenden Gegensätzen von „Realos“ und „Fundis“, „Pragmatikern“ und „Utopisten“ gedacht werden. Vielmehr kommt es darauf an, zwischen den Nah- und Fernzielen Verbindungen und Resonanzen herzustellen. Oft erwiesen sich die Versuche, mit allem Alten Tabula rasa zu machen – zum Beispiel Konkurrenz und Märkte abzuschaffen, um dem Kapitalismus den Garaus zu machen – in der Vergangenheit nicht als radikal, sondern bestenfalls als naiv. Mehrheiten wird man wahrscheinlich nicht zustande bringen, wenn man alles anders machen will. Wer etwas Neues schaffen will, muss das bewährte Alte bewahren. Nur so wird man die Einsicht, dass ein neues Zusammenleben erfunden werden kann und muss, auch bei denen wecken, die sich ihr heute noch verschließen. Denn selbst wenn eine unheilvolle Zukunft keineswegs unwahrscheinlich ist, kann das Licht am Ende des Tunnels nicht nur den entgegenkommenden Zug ankündigen, sondern eben auch den Weg ins Offene.

Gestern und Heute: Was geschah in 70 Jahren Flüchtlingskonvention?

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