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Zeit und Geschichte

Gestern & Heute: Was kommt nach der "zusammenbrechenden neoliberalen Welt" (Chomsky)?

Achim Engelberg
Dr. phil.
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Achim EngelbergMittwoch, 04.03.2020
Ein Zweikampf zwischen Joe Biden und Bernie Sanders um den demokratischen Präsidentschaftskandidaten wird die nächsten Monate ein zentrales Thema sein. In den Leitmedien wird das Phantasma einer Auseinandersetzung zwischen einem "Gemäßigten" und einem "Radikalen" beschworen werden.


Rückblende: Der Schriftsteller Gore Vidal (1925-2012) war einer der scharfzüngigen Kritiker des politischen Systems der USA. Im Gegensatz zu vielen Kommentatoren kam er aus einer Politikerfamilie mit Verbindungen zu den Kennedys, er schrieb mehrere vielübersetzte Romane über amerikanische Präsidenten und war berühmt für seine sarkastischen Kommentare:

Die USA haben eine Einheitspartei mit zwei Flügeln: Die Demokraten und die Republikaner. Beide dienen den Interessen der Konzerne und die eine (gemeint waren die Republikaner) ist etwas mehr für Krieg als die andere.

Nachdem sein Vetter Al Gore gegen George W. Bush den Kampf ums Weiße Haus verloren hatte, gab er 2001 der FAZ eines seiner scharfen Interviews, in dem er auch seinen Verwandten angreift:

Die Amerikaner haben sich weder für den einen, noch für den anderen Kandidaten interessiert. Denn beide hatten keine Themen. Das wichtigste Thema, über das sie hätten reden müssen, wurde nicht diskutiert: Die Umwandlung der amerikanischen Kriegswirtschaft in eine Friedenswirtschaft. Amerika ist seit fünfzig Jahren eine Garnison. Und obwohl das Pentagon schon 51 Prozent der Haushaltsmittel einkassiert, verlangen die Generäle immer mehr Geld. Sie geraten außer Kontrolle.

Kurz danach kam der 11. September 2001 und die Macht des Militärs wuchs weiter. Aufschlussreiches bringt er über die oligarchische Struktur der USA.

Im FREITAG gab es nun ein Spezial zum "Super Tuesday", in dem der weltberühmte Wissenschaftler und Publizist Noam Chomsky über die neoliberale Welt, die zusammenbricht, spricht und die gravierenden Verschiebungen aufzeigt.

Er zitiert einen amerikanischen Politiker:

Ich habe keine Verwendung für diejenigen – unabhängig davon, welcher Partei sie angehören –, die dem törichten Traum nachhängen, sie könnten die Uhr in jene Tage zurückdrehen, als die unorganisierte Arbeiterschaft eine nahezu hilflose Masse darstellte… Nur eine Handvoll unbelehrbarer Reaktionäre hegt den hässlichen Gedanken, die Gewerkschaften zu zerschlagen.

Da Bernie Sanders die Wiederherstellung der Gewerkschaftsmacht im Falle seiner Wahl angekündigt hat, glaubt man hier den "sozialistischen wilden Mann" sprechen zu hören. Aber Noam Chomsky erläutert, dass das Zitat vom konservativen Präsidenten Dwight Eisenhower (Amtszeit: 1953–61) stammt, und kommentiert:

Seine Bemerkungen sind ein gutes Beispiel dafür, wie weit die politische Klasse unter Clintons „New Democrats“ und den Reagan-Gingrich-Republikanern nach rechts gerückt ist. Letztere sind so weit abgedriftet, dass sie im internationalen Spektrum neben neofaschistischen Parteien und eindeutig rechts der „Konservativen“ einzuordnen sind.

Gleichzeitig gibt es eine Interpretation von Slavoj Žižek, der als in Jugoslawien geborener Philosoph eine Außensicht anbietet, die aufzeigt wie ver-rückt im Wortsinne die neue Weltordnung ist. Während Trump als unschuldig gilt und nicht angeklagt wird, steht Julian Assange, der Staatsverbrechen öffentlich gemacht hat, nach schlimmen Jahren vor Gericht.

Gestern sah Gore Vidal, genauer: vor rund 20 Jahren, eine Einheitspartei, so sieht heute Slavoj Žižek eine Aufsplitterung:

Der wahre Konflikt besteht nicht zwischen den zwei Parteien, die Konfliktlinie verläuft innerhalb der Parteien selbst. Die USA sind dabei, sich aus einem Zwei- in einen Vier-Parteien-Staat zu verwandeln. Eigentlich besetzen vier Parteien den politischen Raum: Establishment-Republikaner und Establishment-Demokraten, dann neurechte Alt-Right-Populisten und demokratische Sozialisten.

Was daraus entsteht, weiß er auch nicht. In einem aber ist Slavoj Žižek sich sicher:

Es gibt keinen Weg zurück; das politische Leben der USA muss sich radikal neu erfinden. Aber ist Sanders eine echte Alternative? Oder ist er – wie einige „radikale Linke“ behaupten – nur ein (relativ gemäßigter) Sozialdemokrat, der das System retten will? Das Dilemma ist keines. Die demokratischen Sozialisten haben eine Massenbewegung des radikalen Aufbruchs angestoßen. Der Ausgang solcher Bewegungen ist nicht vorgezeichnet.

Gestern & Heute: Was kommt nach der "zusammenbrechenden neoliberalen Welt" (Chomsky)?

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Kommentare 6
  1. Dominik Lenné
    Dominik Lenné · vor 4 Jahren

    Mal erfrischend. Das mit den 51 % für das Militär wusste ich nicht. Ist das wahr? "Jeder Präsident hat seine Frauengeschichten." Wirklich? Wenn es bald mal eine Präsidentin gibt, wird sie dann ihre Männergeschichten haben?
    Früher hieß das "der militärisch-industrielle Komplex", und man diskutierte immerhin darüber. (vor 30,40 Jahren?) Ist jetzt vergessen der Begriff, das Ding, das er bezeichnet, gibt es natürlich immer noch.
    Was fehlt, Mr. Vidal, ist das Klima. Das hätte man im Jahr 2000 auch schon sehen können und einige haben es auch, nur Sie nicht. Also eine etwas antiquierte Polemik.
    Wie auch immer , erfrischend.

    1. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor 4 Jahren

      Die 51 % sind wohl eine häufig anzutreffende polemische Zuspitzung von Gore Vidal.

      Wahrscheinlich aber, da findet man Vergleichbares bei anderen wie dem im piq verlinkten Noam Chomsky, sind die offiziellen US-Militärausgaben zwar die höchsten weltweit, aber werden dennoch zu niedrig angegeben.

      Der Soziologe Charles Wright Mills entwickelte das Konzept vom militärisch-industriellen Komplex; berühmt wurde es 1961 durch die Abschiedsrede des oben zitierten Präsidenten Dwight Eisenhower:

      "Wir in den Institutionen der Regierung müssen uns vor unbefugtem Einfluss – beabsichtigt oder unbeabsichtigt – durch den militärisch-industriellen Komplex schützen. Das Potenzial für die katastrophale Zunahme fehlgeleiteter Kräfte ist vorhanden und wird weiterhin bestehen. Wir dürfen es nie zulassen, dass die Macht dieser Kombination unsere Freiheiten oder unsere demokratischen Prozesse gefährdet. Wir sollten nichts als gegeben hinnehmen. Nur wachsame und informierte Bürger können das angemessene Vernetzen der gigantischen industriellen und militärischen Verteidigungsmaschinerie mit unseren friedlichen Methoden und Zielen erzwingen, so dass Sicherheit und Freiheit zusammen wachsen und gedeihen können."

  2. Ben Opp
    Ben Opp · vor 4 Jahren

    Bin etwas verwirrt. Die Überschrift erweckt den Eindruck, als sei der gepiqte Beitrag der mit dem Interview mit Chomsky.

    1. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor 4 Jahren

      In dem Format gibt es immer alte + neue Beiträge.

      Mit dem Link unter der Textzeile "neoliberale Welt, die zusammenbricht" geht es zum Chomsky-Interview.

  3. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor 4 Jahren

    Diese Verrückung kommt uns doch irgendwie bekannt vor oder?

    1. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor 4 Jahren

      In abgemilderten Formen schon.

      Eine solche Militarisierung ist bei uns nicht möglich oder noch nicht. Aber nach Weltkrieg 2 ist unsere Landesgeschichte in dieser Hinsicht die eines trockenen Alkoholikers.

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