Ich halte nicht viel von der These, dass „der Bürger“ sich von Social Bots manipulieren lässt. Es sind quasi ausschließlich Politiker und Medienmacher, die Themen, die ihnen vielgeteilt auf Twitter begegnen, für superwichtig halten. Sie machen sich keinerlei Gedanken darüber, ob sie gerade gegamed (wie zur Hölle schreibt man das?) werden. So werden Themen groß, die eigentlich keine sind. Der entscheidende Verstärker sind dann aber nicht die Bots, sondern die Polit-Influencer.

Daran musste ich auch denken, als die New York Times berichtete, die Brexit-„Putschisten“ innerhalb der Tories hätten die Unterstützung für ihr Vorhaben massiv überschätzt. Wer weiß, vielleicht lässt sich gar der ein oder andere Chefredakteur einer großen Boulevard-Zeitung seine Ideen von der Twitter-Blase nahelegen.

Wie lassen sich Bots und Menschen unterscheiden? Dieser Slate-Text argumentiert, dass das immer schwieriger wird. Menschen verhalten sich wie Bots, Bots wie Menschen.

Der Autor nennt Gründe für diese „Konvergenz von Mensch und Bot“. Dazu sieht er sich vor allem das Twitter-Profil von Cesar Sayoc an, der mutmaßlich Bomben an Trump-Gegner versendete:

1. Die Annahme, es gebe „typisch menschliche“ Verhaltensmuster in sozialen Medien, wird wackliger. Sayoc war in der Hinsicht ein Freak, wie es viele geben dürfte: Extrem nachtaktiv, schlief am Nachmittag. In anschaulichen Visualisierungen zeigt der Autor, wie ähnlich Menschen typischen Bot-Verhaltensmustern kommen können – und wie Bots so agieren können, dass sie sich scheinbar untypisch für Maschinen verhalten.

2. Auch Schnellfeuer-Tweets in rascher Abfolge sind kein sicherer Hinweis auf einen Bot. Denn Fanatiker wie Sayoc kommen der Postfrequenz eines Bots nahe.

3. Der semantische Faktor: Je mehr Menschen mit Likes, Retweets, Emojis, Hashtags kommunizieren, desto leichter wird es für Bots, diese Kommunikation zu imitieren. Die hohe Hürde, komplexe menschliche Grammatik komplett durchdringen zu müssen, fällt weg.