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Technologie und Gesellschaft

Warum wir über Datenhalden und Privatsphäre anders nachdenken müssen

Felix Schwenzel
Internetadept

Ich schreibe seit 1995 gern ins Internet.

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Felix SchwenzelMontag, 17.06.2019

Maciej Cegłowski ist eigentlich der Betreiber des großartigen online Lesezeichenverwaltungsdienstes Pinboard, macht aber gelegentlich mit großartigen Blogtexten oder Vorträgen (auch auf der Republica) auf sich aufmerksam.

Anfang Mai sprach Cegłowski vor einem Komitee des amerikanischen Kongresses über Privatsphäre und Datensammlung im Zeitalter der digitalen Ökonomie. Ich bin sicher, dass er für diesen Kurzauftritt vor dem Kongress lange nachgedacht hat, um seine Aussagen auf den Punkt zu bringen. 

Der Punkt ist nicht neu: die Regulierung der Datensammelwut der großen Internetkonzerne ist völlig unzureichend und die Angaben der Plattformen, welche Daten sie sammeln und wie verwenden, sind intransparent und teils hinterlistig. Die Datenberge sind potenziell so gefährlich oder toxisch wie Atommüll, weil das Missbrauchspotential der gesammelten Daten so groß ist. In seinem Statement vor dem Kongress fürchtet Cegłowski, dass dieser unregulierte Vertrauensbruch die Dynamik und Innovationsfreude der Digitalisierung und Vernetzung bremsen könnte.

I worry about this because Silicon Valley has been a force of dynamism. It's one of the great success stories of American capitalism, and we're putting it at risk right now by not having sensible regulation in place that creates the conditions for innovation.  

Dann hat Cegłowski aber offenbar nochmal intensiver nachgedacht und seine Gedanken zu einem der wichtigsten Grundsatztexte über Regulierung, Privatsphäre und den Überwachungs-Kapitalismus geschärft.

Er schafft es in diesem Text ein aktuelles Paradoxon aufzulösen, indem er ein klaffendes Defizit in unserer Wahrnehmung sichtbar macht.  

Ein Grund, dass Internetkonzerne gleichzeitig beispiellos Daten mit Rasterfahndungsmethoden abgreifen, sich aber trotzdem gerade in den letzten Monaten auch als Datenschutzmusterschüler positionieren können, ist unser veralteter Begriff von Privatsphäre, der dem Zeitalter der Massenüberwachung nicht mehr gewachsen sei.

Derzeit regulieren und definieren wir Privatsphäre als Schutz vor Offenlegung bestimmter persönlicher Daten oder der Kommunikation zwischen Einzelnen. Das macht es den Internetkonzernen leicht sich als Schützer der von ihnen gehorteten Daten darzustellen. Kaum einer kann mit den hochskalierten Sicherheitsmaßnahmen und -Standards der großen Plattformen noch konkurrieren, kaum jemand kann so viel Geld und Ressourcen zur sicheren Verwahrung von Benutzerdaten aufwenden. Was im Übrigen auch erklärt, warum Facebook und Google (oder auch Apple) neuerdings immer lauter nach Regulierung und strengeren Datenschutzrichtlinien rufen: das hält die heranwachsende Konkurrenz auf Distanz und öffnet den Großen einen Wettbewerbsvorteil.

Aus der Regulierungsperspektive, zumindest nach dem althergebrachten Begriff der Privatsphäre, ist der Datenschutz der großen Konzerne grundsätzlich in Ordnung — sie schützen die Daten vor Fremdzugriffen und vor Offenlegung. Allerdings ist die grundsätzliche Frage, die wir stellen müssen, eben nicht ob die Daten sicher gelagert sind, sondern warum auf einmal überhaupt so unglaublich viele schützenswerte Daten da sind. 

Wäre Google ein Drache und Benutzerdaten Gold, sollte uns nicht vorrangig interessieren wie und ob der hortende Drache die Goldhalde schützt, sondern warum er so einen riesigen Appetit hat.

Um die Sammelwut und die ökonomischen Grundlagen des Überwachungs-Kapitalismus besser zu verstehen, schlägt Cegłowski einen Arbeitsbegriff vor: Umgebungsprivatsphäre (ambient privacy).

Umgebungsprivatsphäre beschreibt unsere alltäglichen Interaktionen miteinander, die kleinen Details unseres Alltags, die bisher einfach vergessen wurden, sich in Luft auflösten und eben nicht in jedem Detail aufgezeichnet wurden. Jetzt wo sich große Teile unseres analogen Fleischlebens digitalisieren, kleinste Interaktionen speicherbar werden — und hemmungslos und dauerhaft gespeichert werden — verändert sich die Lage. Autoritäre Staaten wie China oder Saudi-Arabien haben den Wert dieser Aufzeichnungen erkannt und nutzen sie zur sozialen Kontrolle, in der westlichen Welt werden sie genutzt um verkackte Werbung auszuspielen.

Entscheidend ist: die großen Internetunternehmen haben den Wert dieser Daten erkannt, wir als Gesellschaft und Einzelne hinken mit dem Verständnis der Reichweite, den Auswirkungen und den Missbrauchsmöglichkeiten dieser Datenhalden hoffnungslos hinterher.

Because our laws frame privacy as an individual right, we don’t have a mechanism for deciding whether we want to live in a surveillance society. Congress has remained silent on the matter, with both parties content to watch Silicon Valley make up its own rules. The large tech companies point to our willing use of their services as proof that people don’t really care about their privacy. But this is like arguing that inmates are happy to be in jail because they use the prison library. Confronted with the reality of a monitored world, people make the rational decision to make the best of it.

That is not consent.
Warum wir über Datenhalden und Privatsphäre anders nachdenken müssen

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