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Technologie und Gesellschaft

Social Media Babel

René Walter
Grafik-Designer, Blogger, Memetiker | goodinternet.substack.com

Irgendwas mit Medien seit 1996, Typograph, Grafiker, Blogger. Ask me anything.

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René WalterDienstag, 19.04.2022

Als ich damals™ im Jahr 2005 damit begann, ins Internet zu schreiben, begeisterte mich nicht so sehr die erleichterte Möglichkeit des Schreibens und Veröffentlichens. Ich komme aus der Welt des Publishing und arbeite seit den 90ern in den Medien. Mich begeisterte vor allem die Funktion des Teilens jeglicher Inhalte. Ich konnte Leuten nicht nur von diesem Song oder jenem Video berichten, ich konnte die Inhalte gleich mitschicken, das Netz gab mir die Möglichkeit, nonstop ein multimediales Feuerwerk abzufackeln, dessen einzelne Explosionen von jedem mit anderen geteilt werden konnten. 15 Jahre später benutzten Leute wie Steve Bannon meine geliebte Sharing-Funktion des Internets, um die "Zone" mit "Shit" zu "flooden" und die digitalen Feuerwerke haben die Welt abgefackelt.

Sozialpsychologe Jonathan Haidt schreibt im Atlantic über die Fragmentierung unserer Gesellschaft durch soziale Medien und schlägt drei Maßnahmen vor, um die mannigfaltigen Probleme einzudämmen, die durch demokratisierte, digital vernetzte Kommunikationsmedien entstehen.

Als Metapher dient Haidt in seinem Text die biblische Sage des Turmbaus zu Babel: Der Mensch baut einen Turm bis in das himmlische Reich Gottes, was diesen erzürnt, woraufhin sie die bis dahin homogene Kommunikation der Menschen zerstört und in tausend einzelne Sprachen zersplittert – eine mythische Warnung vor Hybris und Arroganz und eine passende Allegorie auf unsere heutigen Zeiten, in denen unterschiedliche Teile der Bevölkerung in vollkommen unterschiedlichen Realitäten basierend auf völlig unterschiedlichen Fakten leben.

Als Ursache sieht Haidt die außer Kontrolle geratene Tendenz menschlicher Gesellschaften zur Kooperation in immer größeren Maßstäben, deren moderner Kulminationspunkt im Arabischen Frühling 2011 auszumachen ist. Ich kenne Leute aus Berlin und Hessen, die damals ägyptischen Aktivisten bei der Einrichtung von Hotspots und vernetzten Fax-Geräten geholfen haben und denke daher, der Turmbau zu Babel ist indeed eine sehr passende Metapher für das, was nach diesem Höhepunkt der Netzkultur geschah. (Haidt erwähnt später im Text auch Martin Gurri, dessen 2014er Analyse des Arabischen Frühlings in "Revolt of the Public" zu denselben Schlüssen bezüglich sozialer Medien kommt.)

Facebook ermöglicht mehr als 4 Milliarden Menschen friktionsloses Sharing von jeglichen Informationen und gleichzeitig (was gerne von Experten vergessen wird) wurden die Produktionsmittel zur Erstellung digitaler Inhalte demokratisiert, die sich von professionell erstellten Medien nicht mehr unterscheiden lassen. Das Ergebnis ist die Welt, in der wir leben: Die von Mark Zuckerberg (und den Netz-Aktivisten der ersten und zweiten Generation) so glorifizierte "power to share" massively backfired.

Digitale soziale Medien haben laut Haidt die drei von Wissenschaftlern identifizierten Pfeiler erfolgreicher Demokratien zersetzt: Soziales Kapital (soziale Netzwerke, deren Teilnehmer sich vertrauen), starke Institutionen und gemeinsam erlebte, geteilte Geschichte und Mythos. 

Laut Haidt kann die Bewältigung der Probleme nur in einer Stärkung der Institutionen, der Einführung von Medienkompetenz-Fächern in Schulen und einem Konsens, der den Zugang von Kindern zu digitalen Medien einschränkt, und eine harte Regulierung der Plattformen, insbesondere der Sharing-Funktionen. Ich sage genau dies seit Jahren und unterstütze Haidts Forderungen.

Jonathain Haidts Text ist eine gelungene Zusammenfassung der Entwicklung der letzten 10 Jahre und bietet auch für Experten viele Details, die sich wie ein Puzzle zu einem stimmigen Gesamtbild formen.

Social Media Babel

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Kommentare 1
  1. Ria Hinken
    Ria Hinken · vor fast 2 Jahre

    Sie sprechen mir aus der Seele! Ich unterrichte z. Zt. Schüler:innen in Datenschutz, Datensicherheit und wie man Desinformationen erkennt. Es ist erschreckend, dass es in den Schulen so wenig Medien- und Digitalkompetenz gibt. Das gilt für die SuS und die Lehrkräfte.
    Ich bin keine Lehrerin! Ich mache das, weil es mir sehr, sehr wichtig ist.

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