Ich habe den Aufstieg und Fall der deutschen Piratenpartei live und sehr nah miterlebt. Ich war zwar selbst nicht in der Partei, aber viele Freunde von mir und so schwamm ich eine ganze Zeit lang in denselben sozialen Gewässern. Auch ideologisch war man sich nah. Auch ich war angetrieben von meiner technologischen Begeisterungsfähigkeit und auch meine Frage war, wie man damit die Gesellschaft verbessern kann. Unsere Wege trennten sich, als sich der Kern der Piraten politisch nicht mehr weiterentwickelte und diejenigen, die es taten, nach und nach rausekelten. Die Piraten kippen immer mehr ins ideologisch zementierte, tendenziell reaktionäre Lager. Gott sei dank verschwand damit auch ihre Relevanz.

In Italien ist etwas ähnliches passiert, nur später und mit erfolgreicherem Ausgang. Die Fünfsterne-Bewegung sitzt heute in der Regierung – zusammen mit einem klar faschistischen Koalitionspartner. Die Fünfsterne-Bewegung wurde sehr lange genauso wie die Piraten als politisch ambivalent eingeschätzt. Und wie ich es damals auch bei den Piraten miterlebte, bewegte sich auch diese ambivalente Bewegungen mittelfristig immer weiter nach rechts. 

Der Wesentliche Unterschied ist wohl, dass die Piraten damals wirklich ein Grass-Roots-Movement waren, ohne Ressourcen und mediale Verbindungen. Und dieser Unterschied macht die Fünfsterne-Bewegung so erfolgreich und gefährlich: Sie war von Anfang an ein Vehikel eines mächtigen Hintermannes. Nicht Beppo Grillo – die vermeintliche Frontfigur der Bewegung – sondern des kürzlich verstorbenen Gianroberto Casaleggio; ein früher Internetunternehmer, der seine Techno-utopischen Ideen verwirklicht sehen wollte. 

Dieser Wired-Text ist untypisch untechnologisch, sondern ein sehr ausführliches Porträt von Casaleggio und seines Fünfsterne-Movements. Eine beachtliche politische Berichterstattung statt Tech-Journalismus.

Bei der Wired scheint eine erfreuliche politische Selbstreflexion einzusetzen. Ziemlich unpiratig.