Als ich 2014 Das Neue Spiel schrieb, wollte ich aufzeigen, wie das Internet die Spielregeln vor allem zwischen Institutionen und der Zivilgesellschaft verändert hat. Dass sie sich verändert haben, war offensichtlich, aber alle - und ich inklusive - waren noch auf der Suche, wie man diese Veränderung am besten beschreiben kann. 2014 — das war gerade mal drei Jahre nach dem arabischen Frühling und ich muss zugeben, dass ich zu diesem Zeitpunkt vieles noch nicht ganz durchdrungen habe.

Das wird mir jedenfalls klar, wenn ich diese Rezension von Zeynep Tufekcis neuem Buch „Twitter and Tear Gas" lese. Zwar war auch mir klar, dass das Internet vor allem die Organisationsfähigkeit steigerte und damit Adhoc-Proteste befeuerte, aber die analytischen Tiefen, in die Tufekci hier einsteigt, blieben mir verwehrt. Sie zeigt, dass in der Kraft der Organisation durch das Internet auch Schwachstellen lauern, die die neuen Bewegungen angreifbar machen. Sie verlieren Gripp in anderen Bereichen, wenn es zum Beispiel darum geht, Angriffe der Regierungen abzuwehren oder nachhaltige Veränderungen und politische Ziele durchzusetzen.

Vor allem zeigt Tufekci auf, wie die Regierungen selbst bereits die neuen Spielregeln für sich angenommen haben und mit neuen Strategien erfolgreich der neuen Organisationsmacht und dem Kontrollverlust begegnen. Dinge, die mir zum damaligen Zeitpunkt nicht dieser Art transparent waren.

In der Bewertung aber finden wir uns wieder vereint. Die neuen Bewegungen, so Tufekci, seien nicht schwächer, besser oder schlechter, sondern vor allem anders. Darüber würde ich noch hinausgehend sagen, dass wahrscheinlich auch ihr Schnappschuss nicht der letztgültige sein wird. Auf die neuen Strategien der Regierungen werden sich wieder neue Strategien der Proteste finden und so weiter.

Ein Wort noch zum Rezensenten. Bruce Schneier ist einer der renommiertesten Sicherheitsforscher im IT-Bereich. Seiner Leseempfehlung sollte man unbedingt folgen. Und das werde ich hier mit Sicherheit tun.