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Nachruf auf Donald Rumsfeld: Mit Che Guevara am Kopierer

Lars Hauch
Researcher. Schwerpunkte: Mittlerer Osten, insbesondere Syrien.
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Lars HauchDonnerstag, 01.07.2021

Donald Rumsfeld faxte einst Ausschnitte der Biographie Che Guevaras zu US-Kommandeuren in den Mittleren Osten, um seinen Punkt zu untermauern, dass es sich beim irakischen Widerstand definitionsgemäß nicht um einen Aufstand handele. 

Ein wenig klingt das wie eine lustige Anekdote über einen knuffigen Opa, der etwas kauzig geworden ist. Donald Rumsfeld war allerdings zwischen 2001 und 2006 Verteidigungsminister der USA. Es war die Ära George W. Bushs, der nach den Anschlägen des 11. September den "Krieg gegen den Terror" ausrief. Heute, 20 Jahre später, ist der Begriff "Terrorismus" derartig ausgehöhlt und politisiert, dass seine schiere Daseinsberechtigung fraglich ist. Kein Wunder. Schließlich haben die USA vorgemacht, dass der Zweck alle Mittel heiligt, wenn er "Terrorbekämpfung" lautet. 

Rumsfeld sei der "schlechteste Verteidigungsminister in der Geschichte der USA" gewesen, untertitelt George Packer vom Atlantic seinen Nachruf. Packer war mehrfach als Reporter im Irak und wurde 2006 von Beamten der Bush-Regierung interviewt. Dabei ging es besonders auch um Rumsfelds Rolle im Irakkrieg, der sich immer desaströser entwickelte. Rumsfeld wurde später gefeuert.

Packers Nachruf ist lesenswert, weil er prägnant die Absurditäten einer so mächtigen Person aneinander reiht. 

Noch am 11. September habe Rumsfeld überlegt, ob die bisher verfügbaren Infos ausreichen würden, um einen Angriff auf Saddam Hussein zu rechtfertigen. Später soll er gesagt haben: "Go massive. Sweep it all up. Things related or not."

Rumsfelds analytische Fehltritte sind erschreckend. Er dachte, der US-Angriff auf Afghanistan würde das nachhaltige Ende der Taliban bedeuten. Er ging nicht davon aus, dass die neue afghanische Regierung umfangreiche Hilfe brauchen würde. Er begründete Entscheidungen auf Informationen, die durch Folter erlangt worden waren. Er nahm an, dass eine recht geringe Anzahl von US-Soldaten ausreichen würde, um den Irakkrieg zu gewinnen. Er hatte keine Pläne für die Zeit nach Saddam Hussein und stellte auf Durchzug, als das Land in einen Bürgerkrieg abrutschte. 

Aber waren es wirklich analytische Fehltritte? 

Es scheint absurd, dass eine "objektiv" so intelligente Person dermaßen wenig weitsichtig sein könnte. Insofern lässt sich Rumsfelds Handeln auch als Kalkül verstehen. Demnach waren ihm die Zukunft von Afghanistan und dem Irak schlicht völlig egal. Was für ihn zählte, war die Projektion von Macht. Kriege und dauerhafte Konflikte sind in diesem Zusammenhang kein bug, sondern ein feature.

Wer sie noch nicht gesehen hat: Arte hat eine dreiteilige Doku über den Irak seit 2003 veröffentlicht, die die Absurditäten besonders gut darstellt. Hierzu aus dem Review der FAZ: 

so erschütternd direkt wie in James Bluemels herausragender, ganz auf der Darstellung von gut ausgewählten Beteiligten – Soldaten wie Zivilisten – und auf wuchtigem, oftmals privatem Bildmaterial ruhender Dokumentarserie „Es war einmal im Irak“ wurde der Weg des altehrwürdigen Landes in die Anarchie noch nicht nachgezeichnet. Bereits auf dem vergangenen Film Festival Cologne überstrahlte dieser Beitrag alles andere, und Andrew Neil, der vielleicht einflussreichste politische Kommentator Großbritanniens, hält die Produktion „von globaler Signifikanz“ für „ganz einfach die beste Dokumentarserie, die die BBC je gemacht hat“.



Nachruf auf Donald Rumsfeld: Mit Che Guevara am Kopierer

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Kommentare 2
  1. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor fast 3 Jahre · bearbeitet vor fast 3 Jahre

    "Es scheint absurd, dass eine "objektiv" so intelligente Person dermaßen wenig weitsichtig sein könnte."
    Dieser Glaube, dass intelligente Menschen besonders rational denken und handeln, nicht von Leidenschaften getrieben sind, ist scheinbar unausrottbar. Eigentlich reicht ein Blick in die Geschichte, um zu erkennen, dass gerade "objektiv" intelligente Personen zu gewaltigen analytischen Fehlanalysen neigen. Natürlich auch zu durchaus richtigen Analysen. Um nur einige zu nennen - Marx, Lenin, Stalin, Mao, Chamberlain, Gorbatschow - und Putins Analysen werden letztendlich seinem Rußland nicht gut bekommen. Jedes menschliche Handeln läßt sich als Kalkül verstehen. Selbst das Verstehen als Kalkül kann man als Kalkül interpretieren. Geschichte aber ist m.E. nicht der Kampf zwischen rein rational und objektiv handelnden/kalkulierenden Personen, kein rational logischer Prozess. Es überkreuzen sich letztendlich immer mehr oder weniger rationale, mit Gefühlen und Leidenschaften aber auch Halbwissen geladene menschliche Handlungssträne/Strategien. Was in der Tat oft zu absurden Ergebnissen führt.

  2. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor fast 3 Jahre

    Ein aufschlussreicher Nachruf auf diesen Kriegsverbrecher.

    Ergänzend sei dieser Beitrag empfohlen: https://jacobinmag.com...?

    Gespannt bin ich auf die empfohlene Doku auf Arte.

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