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Demokratie unter Irrationalen

Marcus von Jordan
piqd cofounder
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Marcus von JordanMontag, 15.01.2018

Susan Greenfield: «Logik ist das Letzte, was das Gehirn tut.»

Habe den Originaltitel als Überschrift übernommen - da ist nichts besser zu machen.

Eine Warnung vorab: langer Text!

Und ein Versprechen: jede Sekunde wert und durchgängig unterhaltsam ... einfach mal anfangen.

Constantin Seibt ist Chefredakteur beim brandneuen www.republik.ch - hier schreibt er darüber, warum die Schweiz die SRF braucht, über das "Fürsorge-Klumpenrisiko" wegen dem die Linken immer die Wahl verlieren und darüber warum es wirklich Mist ist FlüchtLING zu sagen. Und darüber, wie unser Gehirn ständig unsere Logik aushebelt und wie das seit geraumer Zeit zur totalen Polarisierung führt.

Ein wahnsinnig wichtiger Text finde ich, weil mir scheint, dass "Heilung" nur in zurückgewonnener Demut liegen kann und diese wieder nur im Verständnis der eigenen Selbstmanipulation und Impulshaftigkeit (sprich: Blödheit).

"In einem Experiment benutzten Wissenschaftler ein Glücksrad. Dieses war so manipuliert, dass es entweder bei 11 oder bei 65 stehen blieb. Danach wurden Studenten gefragt, auf wie viel Prozent sie den Anteil der afrikanischen Staaten in der Uno schätzten: Die 11 gedreht hatten, schätzten im Schnitt 20 Prozent. Die 65 gedreht hatten, schätzten 40 Prozent."
"Die Aggression im Netz hat zwei Hauptgründe. Der erste ist dramaturgisch. Er besteht darin, dass das Netz die klassischen Medien als Türsteher ausgehebelt hat: Früher hatten nur Profis Zugang zu Kanzeln, heute predigt jeder Amateur. Nur: Gehört wird er nicht. Denn etwas zu sagen haben, hat immer einen doppelten Sinn: inhaltlich und im Machtsinn.
Nicht aufs Podium zu dürfen, war ärgerlich. Aber vom Podium zu reden, aber ohne Echo, ist eine Beleidigung. Kein Wunder, dreht der Amateur die Lautstärke auf: Auf geschrien Geschriebenes gibt es wenigstens eine Reaktion. Kein Wunder, müssen andere nachziehen und nach der Einleitung «Man muss doch einmal sagen dürfen ...» noch Extremeres behaupten."
"Kahan und sein Team testen mit 1000 politisch aktiven amerikanischen Studenten. Zunächst stellte er einige Standard-Logikaufgaben und wusste danach, wer mathematische Intelligenz besass und wer nicht.
Dann stellte er in der Struktur ähnliche Aufgaben, nur nun zu politischen Themen. Bei einer (fiktiven) Logikaufgabe, bei der das richtige Resultat war, dass Schusswaffenkontrolle die Verbrechensrate senkte, schnitten die intelligenten Demokraten brillant ab. Die weniger hellen waren ebenfalls gut.
Die weniger klugen Republikaner schnitten schlecht ab. Wer aber noch öfter die falsche Lösung ankreuzte, waren die mathematisch begabten Republikaner.
Bei einer anderen (fiktiven) Logikaufgabe, bei der die richtige Lösung war, dass der Klimawandel nicht menschengemacht war, zeigte sich das Spiegelbild: Die brillanten Republikaner waren hervorragend, die weniger brillanten gut, die mittelmässigen Demokraten schnitten schlecht ab und die brillanten unterirdisch."
Demokratie unter Irrationalen

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Kommentare 21
  1. Christoph Weigel
    Christoph Weigel · vor 6 Jahren

    wie gut, daß du diesen artikel gepiqd hast. es ist das spannenste, was ich im letzten halben jahr gelesen habe. und was auch für journalisten spannend ist: die resonanz der leser! ich würde mir wünschen, daß es so eine resonanz hier bei piqd auch geben könnte.

    1. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 6 Jahren

      wieso meinst du "könnte"? Geht ja an sich...sind halt noch nicht so viele hier leider...Danke für Lob aber - ich finde den Beitrag auch wirklich herausragend. Und die viele Kritik an der Länge irgendwie albern.

    2. Christoph Weigel
      Christoph Weigel · vor 6 Jahren

      @Marcus von Jordan nein, nicht albern sondern verständlich. ist es nicht so, daß die meisten von uns inzwischen auf tweets getrimmt sind? und alles, was über 140 zeichen hinausgeht – pardon, jetzt 280 zeichen – nicht mehr "paßt"? sprich, daß texte, die nicht unser schnell-hirn triggern und es dabei bewenden lassen, weg-geklickt werden (= tl;dr). constantins text ist da richtig hinterlistig: er gibt dem schnell-hirn futter durch funkelnde formulierungen und kann so locker die spannung halten, bis das langsam-hirn in schwung kommt. mein langsam-hirn wurde dann ausreichend gehaltvoll bedient, um nicht auf halber strecke zu ermüden. das ist handwerklich gekonntes storytelling. und ja, der inhalt war es wert.

    3. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 6 Jahren
  2. Fabian Goldmann
    Fabian Goldmann · vor mehr als 6 Jahre

    Liebling, Schmetterling, Riesling, Häuptling ... Den Rest vom Text habe ich noch nicht gelesen. :)

    1. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor mehr als 6 Jahre

      sitz ich auf der Leitung? ...ich kann nicht folgen jedenfalls....

    2. Fabian Goldmann
      Fabian Goldmann · vor mehr als 6 Jahre

      @Marcus von Jordan War auch etwas kryptisch. Warum es (nicht) schlecht ist FlüchtLING zu sagen. Wobei es für die Verwendung eines Begriffs wichtigere Argumente gibt als seine Endung. Am besten ich piqe mal etwas dazu.

    3. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor mehr als 6 Jahre

      @Fabian Goldmann :D jetzt! Danke! Bin froh, dass wir das geklärt haben, wollte schon fragen, ob ich auch was von dem Kraut abbekomme...

    4. Fabian Goldmann
      Fabian Goldmann · vor mehr als 6 Jahre

      @Marcus von Jordan Du sagst es, Kräuterlinge! Die mag doch jeder. :)

  3. Silke Jäger
    Silke Jäger · vor mehr als 6 Jahre

    Chapeau! Das ist ein Text, auf den sich sicher zukünftig viele beziehen werden, die über die Dynamiken von politischen Prozessen schreiben. Ich freue mich vor allem über die vielen Verknüpfungen, die Seibt herstellt. Und darüber, dass er seine Argumentation auf Studien stützt. Mir fehlt aber dringend noch eine Quellenliste.
    Ich habe mich beim Lesen gefragt, ob es noch andere Gruppen abgesehen von Journalisten gibt (Philosophen vielleicht?), die die Erkenntnisse aus unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen zusammentragen, bewerten und in Beziehung setzen könnten. Gibt es die?
    Außerdem erstaunlich: Seibts Quellen sind alle frei verfügbar. Es ist doch bemerkenswert, dass uns das Internet trotzdem kaum mal Texte schenkt, die so sind, wie dieser.
    Und jetzt stelle ich noch eine These auf: Anders als Seibt sagt, werden wir nicht nur die teilweise Rückabwicklung der Aufklärung erleben, sondern auch die Chance bekommen, uns mithilfe des freien Willens und vielleicht der Achtsamkeit, viel öfter für Langsamkeit beim Denken und Urteilen zu entscheiden. Zu erkennen, dass vieles eher irrational als rational ist, muss ja nicht das Ende der Welt sein. Es könnte ja auch ein Anfang sein .

    1. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor mehr als 6 Jahre

      Danke Silke - kann ich nur unterschreiben. Es ging mir mit den Quellen genauso und ich würde auch brennen zu erfahren aus welchen Richtungen da welche Bestätigung, Erweiterung oder auch Kritik käme.
      Und: die Rückabwicklung der Aufklärung ist mir auch zu pessimistisch. Ich glaube aber weniger daran, dass unserer freie Wille uns mehr Langsamkeit im Urteilen bringen wird, als viel mehr die Erkenntnis, dass wir uns besser nicht zu sehr selber vertrauen sollten. Das Verinnerlichen des Umstandes, dass unser freier Wille eben meist so frei nicht ist und ein daraus resultierend viel höhere und permanentere Lernbereitschaft.

    2. Silke Jäger
      Silke Jäger · vor mehr als 6 Jahre

      @Marcus von Jordan Naja, ich kann ja in dem Moment, in dem ich weiß, dass Wahrnehmung und Wahrheit zwei verschiedene Paar Schuhe sind, mich dafür entscheiden, meine Wahrnehmung und Annahmen zu überprüfen. Diese Willensfreiheit möchte ich aber schon gerne noch verteidigen.

      Die Fertigkeit, Wahrscheinlichkeiten und Risiken abschätzen zu können, halte ich in dem Zusammenhang für wichtig. Das kann man aber nicht bei allen Themen, sondern nur bei denen, mit denen man sich eingehend beschäftigt hat. Die Frage danach, mit welcher Wahrscheinlichkeit ich sicher sein kann, die richtige Antwort zu wissen, führt dann wohl zu einer Demut, die man auch von vielen Wissenschaftlern kennt, die ja auch wissen, dass sie nie fertig werden mit dem Dazulernen.

      Die Frage bleibt aber, wie man mit der angstbesetzten Unsicherheit umgeht, die viele Leute haben und die zuzunehmen scheint.

    3. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor mehr als 6 Jahre

      @Silke Jäger mein Lieblingstest im Text war der, in dem sie nachgewiesen haben, dass die Logik sogar verstärkt aussetzt, wenn besondere Kenntnisse vorliegen.
      das Gegenteil der "angstbesetzten Unsicherheit" ist ja dann vermutlich die "hoffnungsbesetzte Unsicherheit" - vermutlich kann man nur versuchen diese zu predigen und die zu entlarven, die die Angst anderer zu ihrer eigenen Entwicklung missbrauchen. Tatsächlich habe ich schon mehrfach die Erfahrung gemacht, dass Populisten unsicher reagieren, wenn man sie auf ihre Angst anspricht und darum bittet sie erklärt zu bekommen.

    4. Silke Jäger
      Silke Jäger · vor mehr als 6 Jahre

      @Marcus von Jordan Ach, Mist. Den Test hatte ich verdrängt ... ;) Ein Hoch aufs schnelle Denken ... äh ... Vergessen!

    5. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor mehr als 6 Jahre
  4. Daniel Schreiber
    Daniel Schreiber · vor mehr als 6 Jahre

    Wow, ein ganz großer Text! Danke für den Piq! Finde das sehr überzeugend - und diese Irrationalitätstheorie ist tatsächlich die beste Erklärung, die ich bisher über die politische Entwicklung der vergangenen Jahre gelesen habe. Auch das Fazit, dass man sich und seine eigene Voreingenommenheit nicht so wichtig nehmen dürfte, ist logisch - aber eben auch unrealistisch. Ich frage mich nach diesem Text, ob Oprah nicht doch als Präsidentschaftskandidatin gegen Trump antreten sollte - trotz aller richtigen Argumente, die dagegen sprechen - sie schafft es immerhin, an das Irrationale zu appellieren, also das, was linken Kandidaten so schwer wie nichts fällt ...

    1. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor mehr als 6 Jahre

      ..ist das wirklich unrealistisch? Bedeutet es nicht eigentlich eine enorme Freiheit, wenn man die eigene Unzulänglichkeit immer mitdenkt und in Relation setzt zu der der anderen? Ich glaube allerdings, dass das mitnichten eine "Verpisserposition" ist, wie man vielleicht erstmal denken könnte, sondern, dass das im Gegenteil viel Stärke braucht, weil man mit so viel Unsicherheit klarkommen muss. Und ich mache die Erfahrung, dass auch sehr kluge Gesprächspartner geradezu gewalttätig werden, wenn du versuchst, eine Debatte nicht aus einer fixen Position, sondern aus der Frage heraus zu führen. Demut musst du sozusagen dir nicht nur selber verordnen, sondern sie auch gegen andere durchsetzen - und dass das so ist, scheint schlüssig, wenn man liest, dass es nicht ums recht haben, sondern ums recht behalten geht.
      Also ich glaube daran, dass das ein mächtiger Schlüssel ist: sich selbst nicht vertrauen, unsolidarisch sogar mit sich selber zu sein.

    2. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor mehr als 6 Jahre

      und wegen Oprah...jetzt fragt man sich natürlich: heißt das, dass Linke auch populistischer werden müssen in der Logik des Textes? scheitern sie einfach nur, weil sie wider besseres wissen immer die Mündigkeit ihres Publikums erwarten und die anderen im Gegenteil fröhlich auf den Manipulationsknöpfen rumhauen? Wie könnte eine bessere, wärmere und nicht so angstfixierte Politikform aussehen, die trotzdem diesem neorechten Druck widerstehen kann?

    3. Daniel Schreiber
      Daniel Schreiber · vor 6 Jahren

      @Marcus von Jordan Ich würde mich deinem Optimismus - oder dem von Silke Jäger - gerne anschließen, aber nichts im Moment deutet, meinem Gefühl nach, darauf hin, dass es auch antipopulistisch gehen könnte. In gewisser Hinsicht waren ja auch Clinton, Schröder, Blair und Obama auf ihre Art Populisten - das heißt, die Mehrzahl der Leute hat sie nicht aufgrund ihrer vernünftigen politischen Pläne gewählt, sondern weil sie für eine erhebende Idee des Wandels standen. Vielleicht würde das Oprah gar nicht schlecht machen ...

  5. Dirk Liesemer
    Dirk Liesemer · vor mehr als 6 Jahre

    Und eine ganz schön rege Debatte, die da stattfindet...

    1. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor mehr als 6 Jahre

      ja richtig klasse!

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