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"Wir sind gerade Goldstaub!" Ein Quereinsteiger will Erzieher werden

Charly Kowalczyk
Journalist

Ich bin in Singen am Hohentwiel geboren und lebe in Potsdam. Schreibe Radiofeature für den Deutschlandfunk und für die Sender der ARD. Bin Mitgründer des Bremer Hörkinos. Seit nun fast 19 Jahren stellen wir in Bremen ein Radiofeature der Öffentlichkeit vor.
www.bremer-hoerkino.de

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Charly KowalczykDonnerstag, 16.04.2020

"NDR Info" unterbricht halbstündlich Features oder Hörspiele, um über die Pandemie zu informieren. Fünf Minuten fehlen dann den Sendungen. Ein Beschluss der NDR-Sendeleitung. So, als gäbe es jede halbe Stunde neue, unverzichtbare Nachrichten. Doch heute Abend um 19.15 Uhr gibt es die Gewissheit, dass man das Feature im Deutschlandfunk „Helle wird Erzieher. Ein Quereinsteiger lernt seinen Traumberuf“ ohne Unterbrechung hören kann. Und das lohnt sich.

Das Feature von Rosemarie Mieder und Gislinde Schwarz wurde 2018 produziert, ist also eine Wiederholung. Es wird aber voraussichtlich noch in zehn Jahren aktuell sein. Leider. Gender-Zeiten hin oder her.

Helle ist ein Mann. Mit 50 will er Erzieher werden. Sein Traumberuf. Er will nachholen, was ihm verwehrt wurde. Es ging schon los in der Schule. Statt Abitur zu machen, wie Lehrerinnen und Lehrer es seinen Eltern vorschlugen, musste er nach der 9. Klasse die Schule mit dem Hauptschulabschluss verlassen. So entschied es sein Stiefvater und er verschaffte ihm sogleich eine Ausbildung als Matrose in Hamburg. Helle wechselte nach der Matrosen-Lehre ständig seinen Job. Im Grunde machte er nie das, was ihm liegt und worauf er am meisten Lust hatte.

„Ich war der Älteste. Ich kenne meine Mutter halt wie sie näht, strickt, kocht, sauber macht, dann hat sie halt ihre Schlager an und hat Spaß. Und ich war da mittendrin. Ich war derjenige, der aufgepasst hat. Und Kinderhüten gehörte dazu – ich war quasi die Kindergärtnerin für meine Geschwister. Meine Mutter hat mir früh gezeigt, wie man Windeln wechselt, weil, wenn sie in der Küche war oder hatte zu tun – gerade die Gardinen runter holen – und einer von denen hat eingemacht, dann hat sie gesagt: Du weißt ja wie's geht. Ich hatte überhaupt keine Probleme, dass mir was aufgebürdet wurde.“

Das hat Helle geprägt. Er wuchs mit seinem Stiefvater auf, der die Mutter und die Kinder schlug. Eine Horror-Kindheit. Und doch wird er selbst kein harter, gewalttätiger Mann. Aber er hatte Zugänge zu Menschen, die es nicht leicht im Leben hatten – wie er selbst. Eine Bereicherung. Weil er mit Menschen umgehen konnte, wo andere keinen Zugang finden konnten. Dann wollte er sein Leben noch einmal beruflich verändern: 

„Ich hab mich ja da arbeitssuchend gemeldet und die haben gefragt: Ja, wie lange wollen Sie das denn sein? Hab ich gesagt: Ich hab ja 'ne Idee, ich möchte gerne Erzieher werden, aber ich muss dazu noch den Mittleren Schulabschluss nachholen, und dann kann ich mich drum bemühen, das berufsbegleitend zu machen. Und die haben gesagt: Na, wollen sie denn nicht lieber Altenpfleger werden? Hab ich gesagt: Das ist nichts für mich, ich brauche ja nicht mehr so viele Jahre, bis ich selber so alt bin. Und das kann ich körperlich auch nicht. Und hab gesagt, ich würde mich darüber freuen, wenn ich gefördert werden könnte. Und dann hat die Dame zu mir – weeß noch, das war zu meinem Geburtstag – die hat gar nicht darauf geguckt, die hat einfach nur gesagt: Wir fördern Sie nicht! Wir stecken nichts mehr in Sie rein!

Ein Mann als Erzieher? Man mag es kaum glauben, noch 25 Jahre nach der Wende betrug der Anteil männlicher pädagogischer Fachkräfte in deutschen Kitas gerade einmal 2,4 Prozent, 2020 ist der Anteil kaum höher. Dass Familienministerium startete 2011 das Projekt „Mehr Männer in Kitas“, gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Familienministerium. Gut für Helle, dieses Programm hat ihm geholfen, sein Leben noch mal in seinem Sinne zu verändern.

Das Feature ist sehr gefühlvoll. Man lebt mit, wie Helle in der Kita im Märkischen Viertel in Berlin-Reinickendorf mit den Kindern umgeht. Wie Eltern und sein Kita-Team ihn begleiten. Wie er mit den Kindern musiziert und auch, wie sie ihn mögen. Jedenfalls ist es wundervoll, ihm zuzuhören. 

„Ich bin quasi weggefangen worden. Also ich hab ja erzählt, dass ich in den Prüfungen bin. Wenn man sich auch mit andern Leuten unterhält, was man macht –und Erzieher –dann kriegt man gleich Angebote. Wenn man jetzt wirklich Erzieher geworden ist, hat man jetzt so viel Möglichkeiten, wir sind gerade Goldstaub. Hat mal 'n Kollege zu mir gesagt. Denk dran, sagt er: Du kannst es dir gerade aussuchen.“

"Wir sind gerade Goldstaub!" Ein Quereinsteiger will Erzieher werden

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Kommentare 2
  1. aiaiaiaiai aiaiaiaiai
    aiaiaiaiai aiaiaiaiai · vor fast 3 Jahre

    wunderschön! Für echte Vielfalt, sehr informativ und authentisch

  2. Maximilian Rosch
    Maximilian Rosch · vor fast 4 Jahre

    Tolles Feature, danke für den piq!

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