In Chile protestieren die Menschen seit Wochen für mehr Teilhabe, für menschenwürdige Renten, höhere Löhne, eine garantierte Bildung und Gesundheitsversorgung, jetzt auch für eine neue Verfassung. Erst am Dienstag gingen wieder viele auf die Straße oder folgten dem Aufruf zu einem Generalstreik.

Die Regierung verspricht halbherzig Reformen, reagiert aber vor allem mit Gewalt. Und eine grausame Taktik der Sicherheitskräfte fällt besonders auf: Menschenrechtler sagen, dass die Polizei gezielt auf die Augen von Demonstranten ziele, um die Proteste zu unterdrücken. Offenbar glaubt man, durch Verstümmelungen besonders effektiv Angst verbreiten zu können.

Anfang der Woche hatte das Nationale Institut für Menschenrechte (INDH) Chiles 197 Menschen mit Augenverletzungen registriert. Chiles Augenärzte sagen, die Zahl der Augenverletzungen sei höher als jemals sonst in der Geschichte – nicht nur Chiles, sondern weltweit. Mehr als 20 Menschen sind seit Beginn der Proteste in Chile gestorben, laut INDH wurden mindestens fünf davon durch Sicherheitskräfte umgebracht. Es gibt Berichte von sexualisierter Gewalt und anderen Misshandlungen in Polizeigewahrsam.

Die Kollegen von der New York Times haben im hier gepiqten Video mit Menschen gesprochen, die an den Augen verletzt wurden. Sie sind nicht die ersten, die darüber berichten, aber die Verletzten im Video zu sehen, macht noch einmal viel klarer, was da gerade passiert, finde ich. Achtung: Manche Bilder sind schwer zu ertragen.

Die Menschen aber gehen weiter auf die Straße. Einer der Verletzten sagt am Ende des Videos, während er sich zum Schutz ein T-Shirt über das Gesicht zieht:

Wenn wir etwas verändern, wird dieses (verletzte) Auge ein Triumph sein und kein Verlust.