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Pop und Kultur

Rock'n'Roll und Groupies – eine Geschichte der Unterdrückung

Jan Paersch
Autor für taz, NDR, DLF, Jazz Thing und andere
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Jan PaerschDienstag, 06.06.2023
Wir müssen über Rammstein reden. Wir Kulturkritiker (mich eingeschlossen, vermutlich ist Gendern hier unnötig) waren immer fasziniert von diesen ach-so-teutonisch-ach-so-ironischen Ex-Punks.

Dass das Spiel der Band mit Nazi-Ästhetik nur das kleinere Problem sein könnte – darauf wäre bis vor Kurzem keiner gekommen. Eine Zusammenfassung der Vorwürfe, insbesondere gegen Sänger Lindemann, hier.

"Musikindustrie 2023, das ist noch immer Klassenfahrt im Elite-Jungs-Internat" stellte die SZ gestern fest. Um heute nachzulegen. "Die Geschichte der Groupies war immer eine Geschichte der Unterdrückung" schreibt Joachim Hentschel (Paywall).

Der Autor listet Anekdoten auf, in denen Frauen, die mit Stars anbändelten, vermeintlich Herrinnen des Geschehens waren, vor, während und nach den Begegnungen.

Es gehört zu den perfidesten Zügen der derzeitigen Debatte, dass es genau solche Anekdoten sind, die viele Apologeten nun gegen die Frauen ins Feld führen, die gegen die mutmaßliche Lindemann-Connection das Wort erheben. Der Vorwurf: Sie würden für sich nun eine Art Objektschutz einklagen, obwohl sie in diesem System in Wahrheit die Subjekte wären. Schließlich gebe es unendlich viele Berichte von Frauen, die sich in diesen Fällen selbst als die Verführerinnen definieren würden, nicht als überrumpelte Opfer. ...Backstage-Partys, das wisse seit den Sechzigern jeder, seien nun mal keine Teegesellschaften, und dem überproportionalen Großteil der Frauen wäre das auch vollkommen klar.

Für viele seien Uschi Obermaier & Co. Ikonen der weiblichen Selbstbestimmung, obwohl die Geschichten von damals stets auch von einem Mangel erzählten: "Wer als Frau am Rock’n’Roll-Leben teilhaben wollte, musste das in der Regel unter Einsatz des eigenen Körpers aushandeln."

Berichte über die Traumata und chauvinistische Willkür dieser Jahre seien erst mit großer Verspätung entstanden. Die professionellen Groupie-Castings bei Rammstein – sie offenbarten eine unfassbar rückschrittliche Anspruchshaltung.

Mehr Kluges zu der Debatte liefert die Satirikerin Sarah Bosetti, unten gepiqd. Bosetti fasst die Vorwürfe ab hier zusammen und meint (da war das ganze Ausmaß noch nicht bekannt): "Es scheint für viele unaushaltbar zu sein, einer Situation zu begegnen, ohne sie sofort zu bewerten."

Das Netz bzw. die Öffentlichkeit könne nicht ermitteln, die Schuldfrage gehöre nicht in die Öffentlichkeit. Und: die große Menge ungeahndeter Verbrechen sei ein sehr viel größeres Problem als die sehr geringe Menge von Falschbeschuldigungen.

Bosetti schlug der ziemlich stillen Band vor sechs Tagen ein Statement vor. So ein Solidaritätsversprechen hätte man gern von Rammstein gehört: "Wir sind erschüttert und werden alles dafür geben, den Sachverhalt aufzuklären. Unabhängig von den Vorwürfen möchten wir darauf hinweisen, dass sexuelle Gewalt ein untolerierbares Verbrechen ist."

Bemerkenswert nun, dass das neue Statement von Rammstein von Bosetti inspiriert zu sein scheint. Da sichern sie den Fans vor und hinter der Bühne Sicherheit zu:

Wir verurteilen jede Art von Übergriffigkeit und bitten euch: beteiligt euch nicht an öffentlichen Vorverurteilungen jeglicher Art.

Rock'n'Roll und Groupies – eine Geschichte der Unterdrückung

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Kommentare 6
  1. Lutz Müller
    Lutz Müller · vor 10 Monaten · bearbeitet vor 10 Monaten

    Bei ihren Konzerten im Berliner Olympiastadion Mitte Juli darf Rammstein keine Aftershowpartys veranstalten. Ein Konzertverbot ist allerdings nicht geplant.
    rbb-Abendschau heute: https://www.rbb-online... (7 min)

  2. Marcus von Jordan
    Marcus von Jordan · vor 10 Monaten · bearbeitet vor 10 Monaten

    Rezo mit den Fakten
    https://www.youtube.co...
    ..und mit ein paar "starken" Meinungen.

  3. Marcus von Jordan
    Marcus von Jordan · vor 10 Monaten

    ...bin nicht sicher, ob ich das Spiel mit der Nazi-Ästhetik das kleinere Problem finde. Habe mich zum ersten mal mit der Band befasst, weil sie mir musikalisch immer so völlig egal war, und finde das schon ziemlich schockierend und abgekotzt - so auftreten, diese Dämonen füttern und dann ab und an ein anti-rechtes Dementi raushauen. Kann man schon auch sehr ekelhaft finden.

    ...bin auch nicht sicher, ob ich finde, dass die wenigen Falschbeschuldigungen weniger wiegen als die Menge ungesühnter Taten. Das werden die Falschbeschuldigten anders sehen. Und es zwingt mich ja niemand schließlich, dass aneinander aufzurechnen. Geht beides nicht, ist beides unbedingt zu vermeiden.

  4. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor 10 Monaten

    Ergänzend empfehle ich diese Kritik von Uwe Schütte, der die Diskussion weit über die Arschlochkritik hebt: https://taz.de/Verharm...

  5. Jürgen S.
    Jürgen S. · vor 10 Monaten

    Und am „besten“ - Die Band streitet es gar nicht ab, sondern lässt die Situation erst einmal von einer Kanzlei bewerten. Wohl, um zu ergründen, wie sie da ohne rechtliche Konsequenzen herauskommen.
    Wie gut, dass ich Rammstein von Anfang an scheiße fand - wenn Feuerwerk halt die mangelnden musikalischen Fähigkeiten überdeckt.
    Wer sich wie ein asoziales Arschloch verhält, ist auch ein asoziales Arschloch. Einfache Lehre, oder?
    Aber, auch das sehen wir, es gibt immer wieder Ultras, die sich auch mit den größten Arschlöchern noch solidarisieren, sei es aus stummen Einverständnis oder dem Weigern, eigene Fehler einzugestehen.
    Der Mensch ist halt auch dumm.

    1. Jan Paersch
      Jan Paersch · vor 10 Monaten

      Bin gespannt, was da noch passieren wird. Denn Rammstein ist ja nicht nur Till Lindemann, die anderen wirken nicht so arschlochig auf mich. Die Band ist ohne ihn allerdings nicht vorstellbar.

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