Kulturpessimismus steht mir nicht. Ich kann mit all den Morozovs, Spitzers und Konsorten nichts anfangen. Ich bin aber ein großer Fan von Kritik. Gute Kritik ist nah am Gegenstand, konkret in den Beispielen und weiß wovon sie redet. Sie ist kein nostalgisches Rumgejammer, sondern ein pointiertes Aufzeigen von Fehlentwicklungen, idealer Weise mit Vorschlägen, wie wir gegensteuern können.

Tristan Harris tut genau das. Er ist viel herumgekommen im Silicon Valley, war bei Google, Apple und einigen anderen Firmen und hat hautnah miterlebt, welche Macht in den Designs unserer Produkte steckt. Das hat ihn zu einer Art Aktivisten für "Ethisches Design" (oder Designethik) gemacht. 

In diesem sehr hörenswerten Podcast analysiert er messerscharf, wie die Unternehmen ihre Produkte darauf optimieren, unsere Interaktionsrate zu erhöhen. Hier tut sich ein Interessenkonflikt zwischen dem auf, was gut für den Kunden ist und was das Unternehmen will. Ein immer wiederkehrender Nutzer bedeutet heute meist nicht, dass er mit dem Angebot zufrieden ist, sondern dass er den Verführungen der gezielt gesetzten Dopaminkicks erlegen ist. Dopamin ist das Belohnungsbotenstoff unseres Nervensystems und ein Like, ein Kommentar oder eine Nachricht können im Internet Auslöser dafür sein. Für die Techfirmen ist die gezielte Dopaminausschüttung ein effektives Steuerungsinstrument, um unsere Aufmerksamkeit zu ernten.

Auf unseren Displays findet ein Krieg um unsere Aufmerksamkeit statt, der uns nicht bewusst ist. Nach diesem Podcast versteht man, wie er geführt wird.