Es gibt, soweit ich weiß, keine verlässliche Untersuchung, ob in diesem Jahr wirklich mehr Musiker gestorben sind als in all den anderen Jahren zuvor. Aber gefühlt ist es natürlich so: Prince, David Bowie, Leonard Cohen, Phife Dawg, Achim Mentzel (!) ... und all die anderen. Jetzt ist einer gestorben, der in Deutschland kaum bekannt und als Musiker auch gar nicht so bedeutend war. Dafür aber als Entdecker, Kurator und Verbreiter obskurer Musik: Billy Miller. Nie gehört? Dann wäre das eine echte Lücke, die unbedingt aufzufüllen ist! Billy Miller hat in verschiedenen (nicht so wichtigen) Bands, wie zum Beispiel den A-Bones, gespielt, vor allem aber hat er von New York aus die Welt mit den spannenden und dem Mainstream weitgehend unbekannten Seiten des Rock'n'Roll und Rockabilly versorgt. Freunde dieser Genres, die über Elvis, Chuck Berry, Bill Haley, Little Richard, Fats Domino und Jerry Lee Lewis hinaus gehen wollen, wurden bei seinem Label Norton Records, das Miller mit seiner Frau Miriam Linna ins Leben gerufen hat, fündig. Ihm ging es dabei um möglichst gefährliche, ungezügelte Musik. Kommerz? Letztendlich unwichtig. Der Stellenwert eines Musikers, eines Albums, einer Musik bemaß sich nach der Meinung Millers nicht nach seiner Verkaufbarkeit, sondern nach dem Grad der Wildheit. Der größte Coup gelang Billy und Miriam (die früher auch mal bei The Cramps spielte) mit der Wiederentdeckung von Hasil Adkins, dem "Rock'n'Roll Wild Man", einer One-Man-Band mit der Energie eines ganzen Orchesters. Hasil Adkins wurde, wie es sich für einen richtigen Wild Man gehört, später in seinem eigenen Garten von einem Verbrecher auf der Flucht überfahren. Billy Miller starb jetzt im Alter von 62 Jahren an den Folgen von Krebs, Diabetes, Nierenversagen. William Grimes erzählt, warum der New Yorker zu den wichtigsten Wiederentdeckern und Kuratoren des Rockabilly gehört, wie er vergessen geglaubte Rock'n'Roll-, Rockabilly-, Surf-Instrumental- und R'n'B-Schätze wieder ans Tageslicht brachte.