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Medien und Gesellschaft

Worüber auch Haupstadtjournalist:innen ranten können

Christoph Zensen
Informationswissenschaft, Medieninformatik, Produktmanagement

#ViewFromSomewhere #MovementJournalism

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Christoph ZensenSonntag, 11.04.2021
Es gehört noch immer zur journalistischen Kultur in Deutschland, dass sich politische Journalist:innen, die noch was werden wollen, mit keiner Sache gemein machen sollten. Auch nicht mit einer guten Sache. Noch immer herrscht das Bild vor, dass Journalist:innen nur bloße Beobachter sein könnten und einen distanzierten und gleichgültigen Ton anschlagen sollten. Insbesondere gilt das für die Berichterstattung über deutsche Politiker:innen, Parteien, Fraktionen und Regierungen.


Es gibt jedoch eine Ausnahme.

Wenn es dabei nicht um politische Inhalte geht, sondern um die Wirkung der Akteure geht, dann ist viel mehr möglich. Über die Güte eines medialen Auftritts wird gerne mal gerantet. Auch die fehlende Harmonie in der Parteizentrale, ein kommunikativer Patzer oder eine ineffektive Wahlkampfstrategie wird mit Genuss zerstört.

Ein paar Beispiele

An solch eine Misere will sich das Publikum aber nicht gewöhnen, das ist nur noch peinlich. Die SPD erinnert an einen Fernsehstar in Formkrise. Mit einem Imagewechsel und modernem Umstyling könnte es vielleicht noch mal etwas werden. Menschen können sich durchaus für Comeback-Geschichten begeistern und für Underdogs sowieso. Wirkt der Fernsehstar allerdings zunehmend abgehalftert und geht dann noch in den TV-Promi-Container, wo er Aufmerksamkeit nur bekommt, weil er peinlich ist, wird es gefährlich. Allzu bequem sollte man es sich im Elend dann auch nicht machen. Sonst steht man nicht mehr auf. Lisa Caspari, Zeit Online


Inhaltlich mag Kramp-Karrenbauers Äußerung unbedenklich sein, politisch ist sie trotzdem ein Desaster. Viel ungeschickter kann man eine Wahlniederlage nicht kommentieren. Ihr müsste klar gewesen sein, dass sie sich mit ihren unbedachten Sätzen, obendrein unscharf und missverständlich vorgetragen, in sensible Sphären vorwagt. Und das ohne zwingenden Grund. Eine seltene Instinktlosigkeit, die man einem Profi wie ihr nicht zugetraut hätte. So wird Kramp-Karrenbauer, die gern die nächste Kanzlerkandidatin der CDU werden würde, zur Wackelkandidatin. Ferdinand Otto, Zeit Online


Wer hoch hinaus will, sinkt manchmal tief herab. Wer gedacht hat, das Erklären Nordrhein-Westfalens zum "Land der Küchenbauer" in Zusammenhang mit der Öffnung von Möbelhäusern sei der Tiefpunkt der Laschetschen Ausfälle, sah sich getäuscht. Mit seinem irrlichternden Auftritt bei "Anne Will" im Ersten bewies er: Tiefer geht immer. Schrill und zu laut im Tonfall, alles andere als faktenfest, ungeschickt in der Wortwahl - keine Glanzstunde, sondern eine bemerkenswerte Selbstdemontage. Franka Welz, ARD-Hauptstadtstudio


Es ist nicht das erste Mal, dass Laschet beim Thema Schule unsouverän wirkt. In der Sendung "Anne Will" vor einer Woche reagierte er patzig, als fehlende Hygienekonzepte angesprochen wurden, schob er die Verantwortung auf die Kommunen. Und er beklagte sich, dass Virologen ihre Meinungen änderten. Auch sonst wirkte er in der Sendung fahrig und gereizt, manche sagen sogar: überfordert. Kirsten Girschick, ARD-Hauptstadtstudio


Alles verdreht

Es scheint mir so als stünden die Verhältnisse hier auf dem Kopf. In der Analyse von Strategie, Taktik und Kommunikation steckt übermäßig viel Entrüstung. Wieso? Warum ärgern sich die Berichterstattenden darüber, wenn es bei einem Politiker oder einer Partei nicht rund läuft?

Auf der anderen Seite werden die Themen, bei denen es wirklich um etwas geht, oft stark unterkühlt abgehandelt. Es ist doch verrückt, dass das politische Versagen in der Pandemiebekämpfung und im Klimaschutz mit weniger Emphase berichtet wird als die zögerliche Klärung einer K-Frage.

Rezo hingegen steht nicht kopf. Er echauffiert sich über die Inhalte, nicht über die Optik. Über die Korruption in der CDU, nicht über die negative Wirkung der CDU-Maskenaffäre auf Wählerumfragen oder das Ansehen von unbescholtenen Parteibrüdern. Über die verheerenden Ideologien von Armin Laschet und die Auswirkungen auf seine Pandemie-Politik, nicht über die unsouveräne Kommunikation derselben.

Stefan Niggemeier sieht das in seinem Text "Dann lieber den wütenden Rezo als die eiernde Birgitta" auch so ähnlich wie ich. Und verdeutlicht den Unterschied am Beispiel eines Tagesthemen-Kommentar von SWR-Inlandsfernsehchefin Birgitta Webers. Das ist der Piq.

Worüber auch Haupstadtjournalist:innen ranten können

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Kommentare 7
  1. Gabriele Feile
    Gabriele Feile · vor 3 Jahren

    Danke für diesen piq. Übrigens: Der Artikel ist, anders als hier angezeigt, frei verfügbar. Klicken ist also sinnvoll.

    Was mir dazu einfällt: Wir, damit meine ich die Menschen, die irgendwann mal in einem "normalen" Job gearbeitet haben oder das immer noch tun, haben fast alle mal auf einem "Feedback-Geben-/Führungs-/Kommunikations-Seminar gelernt: Nie die Person kritisieren, immer die Sache. Denn alles andere führt nicht zu einer Verbesserung, sondern zu Verletztheit und Frust.

    Im Politikjournalismus ist das wohl genau andersherum?

    1. Christoph Zensen
      Christoph Zensen · vor 3 Jahren

      Oh, ich dachte, dass die neuen Texte immer hinter der Paywal wären. Danke für den Hinweis.

      Ich würde den Hauptstadtjournalisten schon zugestehen, dass sie hier auf einer Sachebene sind. Nur eben nicht auf der Naheliegenden.

      Es ist etwa so als würde die Stiftung Warentest bei ihren Produkttests ausschließlich die das Marketing, die Mitarbeiterführung im Unternehmen und die internen Abläufe in Betracht ziehen.

    2. Gabriele Feile
      Gabriele Feile · vor 3 Jahren

      @Christoph Zensen Verstehe. Ich bin ehrlich: Ich erwarte von Journalist:innen keine "Rants". Ich wünsche mir gut recherchierte und verständliche Beiträge, die mir helfen, die Themen zu ordnen. Gerne auch Enthüllungen und tiefes Nachbohren.

    3. Christoph Zensen
      Christoph Zensen · vor 3 Jahren

      @Gabriele Feile Die Aufhebung eines Tabus muss ja nicht gleich zur Erwartungshaltung werden.

      Ich wünsche mir eine journalistische Kultur, in der ein Rant über die Politik einer Partei nicht dazu führt, dass der Rantende als Aktivist gelabelt wird und ihm nebenbei die journalistische Kompetenz abgesprochen wird.

  2. Christoph Zensen
    Christoph Zensen · vor 3 Jahren

    Ich habe die vergangenen Tage wirklich viel Hauptstadtjournalismus gelesen. Das schlaucht und man ist hinterher auch kein bißchen schlauer als vorher.

    Lisa Caspari ist mir da irgendwie besonders aufgefallen. Aber das liegt möglicherweise an ihrer Zuordnung zur SPD.

    Liest hier jemand regelmäßig und freiwillig diese Art von Politikjournalismus?

    Wer haut dabei besonders auf die Pauke?

    1. Gabriele Feile
      Gabriele Feile · vor 3 Jahren

      Diesen Kommentar von Heinrich Wefing aus der ZEIT, hatte ich schon geteilt. Kommt er dem näher, was du dir vorstellst? https://www.zeit.de/20...

    2. Christoph Zensen
      Christoph Zensen · vor 3 Jahren

      @Gabriele Feile Das ist ein guter Kommentar. Es geht um die Sache, nicht um die Optik. So soll es sein 😌

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