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Medien und Gesellschaft

Wie Boulevardmedien Vorurteile und Rassismus befeuern

Simon Hurtz
Journalist, Dozent, SZ, Social Media Watchblog

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Simon HurtzSamstag, 20.02.2021

Ich beginne mit einer wichtigen Klarstellung: In Österreich leben rund 43.000 Menschen aus Afghanistan. In der Kriminalstatistik tauchen rund 14 Prozent als Tatverdächtige auf. (Tatsächlich liegt der Anteil wohl niedriger, weil Personen mehrfach für unterschiedliche Vergehen registriert werden können.)

Diese Zahlen sind aus mehreren Gründen nur eingeschränkt aussagekräftig. Verdächtige sind nicht automatisch Straftäter, Menschen mit Migrationshintergrund werden überdurchschnittlich häufig kontrolliert. Migrantïnnen und Geflüchtete leben häufig unter schwierigen Umständen. Der Anteil der jungen Männer liegt höher, diese Gruppe wird unabhängig von der Herkunft häufiger straffällig. Zudem können Deutsche keine ausländerrechtlichen Verstöße begehen.

Deshalb darf man die Daten nicht einfach mit der Gesamtbevölkerung vergleichen. Trotzdem stellt Benjamin Steiger klar, dass der Anteil (zu) hoch ist – das soll dieser piq auch nicht relativieren:

14,3 % (…) sind definitiv ein Wert, um den es einen Diskurs geben sollte. Allerdings rechtfertigt er keinesfalls die Anzahl und die Art der Berichterstattung im Boulevard über einzelne Vergehen.

Denn diese Berichterstattung hat wenig mit der Realität gemein. Steiger hat im Rahmen seines Journalismus-Masters an der FH-Wien ausgewertet, wie österreichische Medien über Afghanïnnen und Tschetschenïnnen berichten. Besonders verzerrend fallen die Artikel der Kronen Zeitung aus:

In 44,6 % der Ausgaben der Kronen Zeitung ist 2020 zumindest ein Negativ-Artikel über Afghan:innen erschienen, also an fast jedem zweiten Tag. Insgesamt sind es 247 Artikel über Mord, Körperverletzung, illegale Grenzüberschreitungen, Drogen- und Sexualdelikte von Afghan:innen, jeden davon haben über zwei Millionen Kronen-Zeitung-Leser:innen zu Gesicht bekommen.

Häufig nennt das Blatt die Herkunft der Tatverdächtigen bereits in der Überschrift oder im Teaser. Motive werden selten genannt, Afghanïnnen sind "laut", "aggressiv" oder drehen ohne ersichtlichen Grund "einfach durch".

Diese Art der Berichterstattung ist darauf ausgelegt, zu schockieren und die mutmaßliche Gewaltbereitschaft einer Bevölkerungsgruppe anhand einzelner Fälle darzustellen, ohne auf gesellschaftliche Hintergründe und Probleme einzugehen, die zu solchen Vorfällen führen.

Dem stehen nur wenige positiv gefärbte Artikel gegenüber, die sich meist darauf beschränken, dass Migrantïnnen und Geflüchte "gut integriert" sind. Leicht abgeschwächt gilt das auch für die Berichterstattung über Menschen aus Tschetschenien. Zwar taucht nur in jeder fünften Krone-Ausgabe ein negativer Text auf, doch neutrale oder positive Artikel sind die große Ausnahme.

Steiger analysiert auch Tonalität und Bildsprache, die teils "Pauschalverunglimpfungen von Personengruppen" enthält und damit gegen den österreichischen Pressekodex verstößt. Zum Glück gilt das nicht für alle Medien:

Anders die Darstellung in sogenannten Qualitätsmedien: Die Presse und Der Standard berichteten 2020 wesentlich seltener negativ über Afghan:innen. Die Presse in 9,4 % und Der Standard sogar nur in 5,3 % der Ausgaben. Auffallend ist, dass auch in der negativen Berichterstattung eher auf Hintergründe, Statistiken und Entwicklungen eingegangen wird als auf negative Einzelfälle. Durch die positiven und neutralen Berichte entsteht insgesamt jedenfalls ein wesentlich ausgeglicheneres Bild über den Alltag dieser Bevölkerungsgruppen in Österreich.

Ich weiß nicht, ob es eine ähnliche Auswertung für deutsche Medien gibt, bei der systematisch negativ gefärbte Artikel gezählt werden. Klar ist aber, dass auch hierzulande Medien ein verzerrtes Bild erzeugen, wie eine Studie des Journalismus-Forschers Thomas Hestermann 2019 zeigte:

Wird über Gewalttaten mit Messern berichtet, wird fast ausnahmslos die ausländische Herkunft benannt. Greifen deutsche Gewalttäter zum Messer, wird ihre Herkunft kaum erwähnt.

Vergangenes Jahr veröffentlichte derselbe Professor eine weitere Medienanalyse, die bestätigt, dass Journalismus häufig angstgetrieben ist und Vorurteile über Geflüchtete und Migrantïnnen reproduziert.

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