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Medien und Gesellschaft

"Superspreader": Die Schuldigen sind schnell gefunden – zu schnell

Simon Hurtz
Journalist, Dozent, SZ, Social Media Watchblog

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Simon HurtzSonntag, 20.09.2020

Seit einer Woche steht auf Bild.de über einem Video: "Potenzielle Killerin". Gemeint ist eine 26-jährige US-Amerikanerin, die nicht nur Boulevardmedien großflächig als "Superspreaderin" bezeichneten. Auch die Tagesschau, deren Faktencheck ich empfehle, berichtete über "Ermittlungen gegen Superspreaderin".

Die Schuldzuweisung stützte sich auf Angaben des Landratsamts, die auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann wiederholte und drastische Strafen forderte. Am Montag nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen des Verdachts auf fahrlässige Körperverletzung auf.

Andrej Reisin und Patrick Gensing sind den Vorwürfen nachgegangen – und auf viele Unstimmigkeiten gestoßen. Der Garmischer Landrat behauptet, die Frau habe "wissentlich die Quarantäne nicht eingehalten". Doch es ist unklar, ob ihr gesagt wurde, dass sie zu Hause bleiben muss, oder ob es ihr nur angeraten wurde. Weitere Details werfen die Frage auf, ob die Schuldzuweisung nicht vorschnell erfolgte:

Bekannt wurde außerdem, dass die Frau am Dienstagabend keineswegs auf "Kneipentour" war, wie Behörden, Politiker und Medien bis heute schreiben, sondern in einem Lokal. Zudem dürfen reine Bars, Kneipen und Betriebe des Nachtlebens in Bayern noch gar nicht öffnen. Streng genommen handelt es sich bei den Lokalitäten daher um Speiselokale. Einen anderen Betrieb besuchte die Frau vor ihrem Test – und damit auch vor einer möglichen Quarantäne.

Resin und Gensing folgern schließlich:

Somit ist bislang keine Infektion in Garmisch-Partenkirchen nachweislich auf die Frau zurückzuführen, die von Behörden, Politik und Medien seit Tagen "Superspreaderin" genannt wird. Fragwürdig erscheint in diesem Zusammenhang das Verhalten des Landrats und einiger Medien, die die Verantwortung für den Anstieg der Zahlen eines ganzen Landkreises ohne Beweise dem Verhalten einer jungen Frau anlasten.

Es ist leider nicht das erste Mal, dass Medien leichtfertig die Darstellung von Behörden und Politikerïnnen übernehmen. Als sich etwa Anfang Juni in Göttingen mehr als 200 Menschen infizierten, waren die vermeintlich Schuldigen schnell gefunden: "Mitglieder mehrerer Großfamilien" aus einem Hochhauskomplex, die sorglos das Zuckerfest gefeiert hätten. Schlagzeilen schürten Vorurteile, im Netz tobte der rassistische Mob.

Zwei Journalistïnnen der Zeit ("18 Stockwerke Stigma") recherchierten den Fall nach und deckten Widersprüche auf. Zwar gab es tatsächlich einen Quarantänebrecher, er war jedoch kein Mitglied der muslimischen Familien. Auch ein Reporterteam von Panorama fand vor Ort wenig Belege für die angeblich eindeutige Schuldfrage:

Wer wen wann und wo infiziert hat, wird sich vermutlich nie herausfinden lassen. Aber die unbelegte Geschichte von den feiernden Großfamilien lässt sich wohl nicht mehr einfangen. Sie hat ihr dankbares Publikum gefunden.

Leider kommen solche Erkenntnisse oft zu spät. Vielleicht erinnern sich Journalistïnnen beim nächsten Mal früher daran, wenn von angeblichen "Superspreadern" die Rede ist.

"Superspreader": Die Schuldigen sind schnell gefunden – zu schnell

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