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Medien und Gesellschaft

Mit Mitte 20 im ZDF-Fernsehrat: Ein ernüchternder Erfahrungsbericht

Simon Hurtz
Journalist, Dozent, SZ, Social Media Watchblog

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Simon HurtzFreitag, 15.07.2022

Der ZDF-Fernsehrat ist ein wichtiges Kontrollorgan des Senders. Das Gremium wählt die Intendantin oder den Intendanten und stellt Richtlinien für das Programm auf. Das Durchschnittsalter beträgt 57 Jahre, von 60 Mitgliedern sind zehn Personen 70 Jahre oder älter.

Man könnte sagen: Das ist konsequent, schließlich liegt auch der Altersdurchschnitt im Hauptprogramm des ZDF bei mehr als 60 Jahren. Die andere Sichtweise geht so: Der öffentliche-rechtliche Rundfunk erhält mehr als 8 Milliarden Euro pro Jahr und hat den Auftrag, sein Programm auch für Jüngere zu gestalten. Deshalb wäre es wichtig, den Fernsehrat entsprechend zu besetzen.

Mittlerweile gibt es dort niemanden mehr unter 35 – denn mit Bendix Lippe ist das mit Abstand jüngste Mitglied gerade ausgeschieden. Lippe ist 25 Jahre alt und gehörte dem Gremium zwei Jahre lang an. Seine Erfahrungen klingen wenig ermutigend. Ein paar Auszüge:

  • Über die omnipräsente Politik: "Hier sitzen 60 Menschen, breit gefächert aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, die teilweise gerne Politiker:in spielen. Das ist nicht ihre Aufgabe und funktioniert meistens nicht sonderlich gut. (…) Um beispielsweise den Vorsitz eines Ausschusses zu übernehmen, muss man in jedem Fall schon vier Jahre dabei sein, besser sogar acht oder mehr. Sonst wird man nicht gewählt."
  • Über die Feedback-Kultur: "Mir ist in zwei Jahren leider nur einmal begegnet, dass Programmverantwortliche auf mich zukommen und fragen, wie ein Beitrag für junge Menschen bei mir angekommen ist. (…) Stattdessen besteht zurzeit eine Art Bringschuld: Als Mitglied sollte man möglichst jedes Programm gesehen haben, zu allem eine Meinung haben – und am Ende nervt man eher damit, dass man Kritik übt oder Feedback gibt."
  • Über das mahnende Beispiel Großbritannien: "Dass eine übergriffige Politik für öffentlich-rechtliche Sender zum Problem werden kann, das kann man spätestens in Großbritannien gut beobachten: Die Redaktionen knicken unter dem Druck der (noch-)Regierung Johnson ein, die Sender reformieren sich regelrecht unter Zwang und den Maßgaben der Politiker:innen, über die sie eigentlich kritisch berichten müssen."
  • Über den Willen, auf Jüngere zu hören: "Die Staatskanzleien sehen dafür leider nicht alle Bedarf – in meinen Gesprächen habe ich öfter gehört, dass auch ältere Menschen neugierig seien und sich in die jungen Zielgruppen hineinversetzen könnten. Das deckt sich zwar leider nicht mit meinen praktischen Erfahrungen im Ausschuss, aber der gute Wille soll ja zählen."

Lippe sieht die Verantwortung weniger beim ZDF, sondern in erster Linie bei der Politik. Er hat auch einen konkreten Vorschlag:

Daran ist nicht der Sender schuld – die Politik müsste den ZDF-Staatsvertrag ändern und (mindestens!) einen dauerhaften Platz für junge Menschen schaffen. Statistisch würde das Sinn ergeben; während zum Beispiel die katholische Kirche mit 22 Millionen Mitgliedern zwei feste Plätze im Fernsehrat hat, werden junge Menschen (knapp 18 Millionen) in einem Viertelplatz zwischen Familie, Senioren und Frauen gequetscht.
Mit Mitte 20 im ZDF-Fernsehrat: Ein ernüchternder Erfahrungsbericht

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Kommentare 1
  1. Ruprecht Polenz
    Ruprecht Polenz · vor fast 2 Jahre

    Ein interessanter Erfahrungsbericht. Ich war von 2002 bis 2016 Vorsitzender des ZDF-Fernsehrats. Es liegt an den entsendeberechtigten gesellschaftlichen Gruppen (Gewerkschaften, Sozial- und Umweltverbände, Kirchen etc), die idR keine jüngeren Vertreter:innen in den Fernsehrat schicken, dass Jüngere fehlen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem ZDF-Urteil nur auf Geschlechterparität geachtet. Da das ZDF eine Länderanstalt ist, haben die Länder im ZDF-Staatsvertrag festgelegt, dass jedes von ihnen im Fernsehrat vertreten sein will. Das erklärt 16 der 20 Sitze, die dem Staat/der Politik zuzurechnen sind. Der Fernsehrat hat im wesentlichen drei Hauptaufgaben: Wahl des/der Intendent:in, Genehmigung des vom Verwaltungsrat festgestellten Haushalts, Überwachung der Einhaltung der Programmgrundsätze. Letzteres bedeutet, dass der Fernsehrat für alle Programmbeschwerden zuständig ist, die eine Verletzung dieser Grundsätze rügen. Außerdem wird der Fernsehrat über die strategischen Entscheidungen und die Grundsätze der Programmplanung so rechtzeitig informiert, dass er seine Position dazu einbringen kann, ehe die Entscheidungen endgültig getroffen werden. Der Fernsehrat ist nicht dazu gedacht, den durchschnittlichen Zuschauergeschmack zu repräsentieren. Die Programmverantwortung liegt letztlich beim Intendanten. Das vom Autor zu Recht gelobte Gremiensekretariat unterstützt die Arbeit aller Mitglieder. Jedem Mitglied darüber hinaus eine/n Mitarbeiter:in zur Verfügung zu stellen, wäre mE nicht gerechtfertigt.

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