Sich eine neue Identität zu beschaffen oder auch nur auszuleihen, kann einem das Leben retten. Dazu gehört auch das regelmäßige Wechseln oder Tauschen von SIM-Karten – etwas, das Behörden wie die NSA als kriminellen, proto-terroristischen Akt deuten. 

Derweil erlebt der "Identitätenhandel" eine leise Konjunktur. Wer etwa in Deutschland als Undokumentierter, Illegalisierter oder Papierloser unterwegs ist, mietet sich Dokumente, etwa um arbeiten zu können. Die Unsichtbaren werden auf rund 400.000 geschätzt. Für diese Klientel ist ein großer Markt entstanden.

Hier setzt sich niemand hin, macht sich den Kopf und artikuliert eine Forderung. Hier wird gehandelt. Sind das nun politische Subjekte oder nicht? Man kann Handlungen als Forderungen begreifen (hier wäre es die Forderung danach anerkannt zu werden, zu den eigenen Bedingungen) und man kann die Medienöffentlichkeit, die rund um diese Geschichten entsteht, als Beitrag zum politischen Diskurs begreifen, der von Unterstützern amplifiziert wird, Politikerohren erreicht und ggf. zu einem politischen Umschwung führt. Im rechtspopulistisch verseuchten Wahlkampfklima ist das schwer vorstellbar.

Die Vorstellung, dass Unterpriveligierte dennoch zu ihrem Recht kommen, wird derweil durch Security Research Labs stimuliert. Das von Hackern gegründete Unternehmen hat kürzlich demonstriert, dass es recht simpel ist, bereits bezahlte Flüge unerkannt umzubuchen und sich so die Tickets unwissender Reisender anzueignen.

Sollte nicht dieses Wissen via Aktivisten wie Anonymous in Form von kostenlosen Buchungscodes und entsprechenden Reisepapieren an die Heerscharen Flüchtender weitergeleitet werden, damit sie nicht länger in Schlauchbooten nach Europa kommen müssen? Wenn wir heute solchen Träumereien nachgehen, dann ist das auch ein Zeichen dafür, wie akut der Handlungsbedarf in der Politik inzwischen geworden ist.